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Neonazis randalieren in Leipzig-Connewitz

Von der Polizei festgesetzte Neonazis am 11. Januar 2016 in Leipzig-Connewitz.

Etwa 250 Neonazis und Hooligans haben am 11. Januar 2016 auf einem Straßen­zug im Leipziger Stadtteil Connewitz randaliert und Sachschaden in sechsstelliger Höhe verursacht. Mindestens drei Personen wurden angegriffen und leicht verletzt. Die vermummten Täter hatten sich am Rande des alternativen Szeneviertels gesammelt, zeitgleich zum Beginn der Versammlung von LEGIDA. In Seitenstraßen hatten sie ihre mehr als 70 Pkw abgestellt. Zu Fuß begaben sie sich dann zu einem Abschnitt der Wolfgang-Heinze-Straße. Auf ein Kommando begannen die Vermummten dort zu wüten: Im Spaziergangstempo bewegten sie sich unter „Hooligans“-Rufen in Richtung des Connewitzer Kreuzes, warfen Steine, beschädigten mehr als 20 Geschäfte und feuer­ten Signalmunition gegen Wohnhäuser. Ein Nebeltopf durchschlug eine geschlossene Scheibe und landete in einer Privatwohnung. Der größte Schaden wurde in einem Imbiss angerichtet, in dem rassis­tische Parolen gebrüllt, die Tageseinnahmen geraubt und ein pyrotechnischer Sprengsatz gezündet wurden. Augen­zeug_innen zufolge wurden auch Äxte mitgeführt.

Nach Antifa-Informationen war ursprünglich ein weit längerer Weg mit weiteren Angriffszielen geplant. Die Gruppe machte allerdings nach einigen Minuten wieder kehrt, als sich die Polizei aus Richtung Innenstadt näherte. Eine schmale Seitenstraße wurde den ortsunkundigen Rechten zum Verhängnis: Sie führte geradewegs zum örtlichen Polizeiposten, wo ihnen der Weg abgeschnitten wurde. Später erfolgte der Abtransport zur zentralen Wache. Mehr als eine Identitätsfeststellung erfolgte dort aber nicht. Bis zum nächsten Morgen waren alle Beteiligten wieder auf freiem Fuß. Ihre Autos wurden in der Zwischenzeit durch Einsatzkräfte bewacht, nicht aber durchsucht — obwohl mögliche Tatwerkzeuge gut sichtbar in Innenräumen lagen. Weder sicherte die Polizei das Transparent, das die Angreifer zunächst bei einer Lichterketten-Aktion gestohlen und dann verkehrt herum getragen hatten. Noch hoben sie weggeworfenes Equipment am Straßenrand auf, darunter mehrere Messer und mögliche Spurenträger wie Mundschutze. Schätzungen zufolge konnten ohnehin knapp drei dutzend Beteiligte in verschiedene Richtungen entwischen. Einige vagabundie­rende Neonazis wurden hinterher von Autos aufgelesen. Auch diese Chauffeurdienste wurden von der Polizei nicht behelligt.

Gegen 215 Neonazis wird nun wegen schweren Landfriedensbruchs ermittelt. Darunter befinden sich Anhänger aus mindestens sieben Fußball-Fanszenen — insbesondere Lokomotive Leipzig und Dynamo Dresden — sowie aus Kameradschaften und mehreren extrem rechten Parteien. Die meisten Tatverdächtigen stammen aus Sachsen (172), andere aus Thüringen (23), Berlin (9), Brandenburg und Sachsen-Anhalt (je 4) sowie aus Bayern (2) und Rheinland-Pfalz (1).

Im Namen der sachsen-anhaltischen „Brigade Halle“ waren zuvor ein „Sturm auf Leipzig“ und „Beulen“ angekündigt worden. Die „Freie Kameradschaft Dresden“ versprach eine „Überraschung“ und dass man „keine Gnade“ walten lasse. Unmittelbar nach dem Überfall vermeldete die lokale NPD per twitter, Connewitz sei „eben mit Kärcher gereinigt“ worden. Polizei und Verfassungsschutz beteuern jedoch, im Vorfeld nichts von der offensichtlich koordinierten Aktion erfahren zu haben.