VS-Spitzel & Neonazi Mirko Hesse: Business as usual
Exif RechercheDie Geschäfte eines ehemaligen "Hammerskins" und VS-Spitzels mit der (extremen) Rechten und lokalen Partnern.
Mirko Hesse aus der Sächsischen Schweiz war in den 1990er Jahren einer der Big Player der Neonazi-Szene. Er gründete 1993 die „Hammerskins Sachsen“, 1997 das Neonazi-Label „Hate Records“, war Mitorganisator bedeutender RechtsRock-Konzerte und mischte in der Produktion strafrechtlich relevanter CDs von Bands wie „Landser“ kräftig mit. Nachdem er 2001 u.a. wegen NS-verherrlichender und volksverhetzender CD-Produktionen, sowie Waffenbesitzes in Haft genommen wurde, kam zudem heraus, dass er mehrere Jahre für den Geheimdienst als Spitzel tätig war. Doch weder seine Spitzel-Tätigkeit, noch Betrugsvorwürfe in der Szene haben offenbar seinem Status innerhalb der extremen Rechten nachhaltig geschadet. Vielmehr fand er nach seiner Haft erneut Anschluss und unterstützte nicht nur einflussreiche Neonazi-Versände mit seinen Druckerzeugnissen, sondern auch den Online-Shop des neu-rechten „Ein Prozent e.V.“. Der Rechercheplattform "EXIF Recherche & Analyse" liegen Unterlagen vor, die einen Einblick in die Geschäftswelt Mirko Hesses der letzten Jahre gewähren.
Seit 2006 ist Hesse beruflich u.a. im Textildruck und in der Werbegestaltung tätig, vorrangig unter dem Namen „Druckwerk 247“. Daneben unterhält, bzw. unterhielt er unter den Namen „Hesse Textilien“, „Roughtex“, „Tatex“, „Druckbude“ und „Rise & Fall“ weitere Sub-Firmen. In den sozialen Netzwerken tritt „Druckwerk 247“ auch als „FrindPrint“ auf. Über diese Firmen wickelt er Materialbestellungen ab und bewegt seine Finanzen – vermutlich nicht immer ganz im Sinne des Steuerrechts. Laut Unterlagen ging etwa eine kommentarlose Überweisung von 3.050,- Euro von Hesses Privatkonto an die "Advanzia Bank S.A." in Luxemburg. Möglicherweise könnte hier der Wunsch nach einem in Deutschland schwer nachvollziehbaren Kreditkartengeschäft über eine ausländische Online-Direktbank ein realistisches Szenario sein.
Hellhörig macht jedoch nicht das teilweise dubiose Geschäftsmodell, sondern der KundInnen-Stamm Hesses, der über besagte Geschäftsunterlagen ersichtlich wird. Sein Top-Kunde war schließlich niemand Geringeres als Malte Redeker aus Schifferstadt (Rheinland-Pfalz), der in Szene-Kreisen als „European Secretary“ der „Hammerskin Nation“ (HSN) gilt.1 In einem Zeitraum von fast drei Jahren überwies dieser auf Hesses Geschäftskonto insgesamt 37.465,16 Euro - womit er 33 Prozent der ersichtlichen Gesamteinnahmen Hesses in dieser Zeit generierte. Zu den weiteren Kunden Hesses aus dem "Hammerskin"-Milieu zählen Hendrik Stiewe (Chapter „Westfalen“) und Robert Kiefer (Chapter „Sarregau“). Andere Überweisungen stammen u.a. von der „Muldentaler Textil UG“ und von Nils Budig, der insgesamt 3.000,- Euro auf Hesses Geschäftskonto einzahlte.
Während Kiefer für das Label „H8Bar Productions“ verantwortlich ist, war Stiewe lange Zeit Betreiber von „Wewelsburg Records“. Redeker hingegen hat das Label „Gjallarhorn Klangschmiede/Frontmusik“ ins Leben gerufen. Die „Muldentaler Textil UG“ ist wiederum der Nachfolger der „Falkenhainer Textil UG“, die bis circa 2017 für „Front Records“ verantwortlich war. Dort war Malte Redeker um 2015 auf 460 Euro-Basis angestellt und habe dort, laut eigener Aussage, zeitweise sogar Geschäftsführertätigkeiten übernommen. Nebenher habe er eine kleine Textildruckerei betrieben. Nils Budig - Angehöriger der Unterstützergruppe der HSN, der „Crew 38“ - ist mit seiner Firma „Küsten Textil UG“ heute offiziell verantwortlich für „Wewelsburg Records“ und „Gjallarhorn Klangschmiede/Frontmusik“ und übernahm im Jahr 2020 zudem „Front Records“. Die Quintessenz dessen ist, dass um die 42.000,- Euro - fast die Hälfte der nachvollziehbaren Einnahmen von Mirko Hesse in fast drei Jahren - aus ein und demselben Kreis stammen: den „Hammerskins“.
Mit Redeker unterhielt Hesse schon 2014 geschäftliche Beziehungen2 . Hesse soll nicht nur „HoGeSa“-T-Shirts („Hooligans gegen Salafisten“) und diverse Bekleidungsartikel für Redekers „Gjallarhorn Klangschmiede/Frontmusik“ bedruckt, sondern auch den ersten Merchandise des rechten Kampfsport-Formats „Kampf der Nibelungen“ (KdN) hergestellt haben. Damals habe Hesse auch den Vorschlag gemacht, die Kooperation mit Redeker unter dem Namen „FrontDruck“ zu bewerben.
Zu Hesses Top-Kunden zählte in den letzten Jahren auch Thomas Rackow aus Pirna. Rackow - ehemals Führungsperson u.a. der verbotenen „Skinheads Sächsische Schweiz“ (SSS) – ist heute eines der Gesichter des rechten Treffpunkts „Haus Montag“ in Pirna. Über die Adresse der Immobilie werden auch die Geschäfte des „Kryptonit Versand“, sowie des Webshops „Sachsen Shirts“ abgewickelt. Im Impressum beider Shops war noch bis vor kurzem Thomas Rackow selbst zu finden.
Höchstwahrscheinlich ist Hesse für den Druck von Artikeln der beiden Versände zuständig (gewesen). Schon für die Neonazi-Gruppierung „Peckerwood Brotherhood“, die sich auch im „Haus Montag“ trifft, druckte Hesse vor Jahren diverse Bekleidungsartikel. „Peckerwood“ ist ein US-amerikanischer Begriff, den sich „weiße, männliche Inhaftierte“ innerhalb des Gefängnis-Gangmilieus zu eigen machten. Auch die 1967 gegründete rassistische Gefängnis-Gang „Aryan Brotherhood“ (AB), bezeichnet sich als „Peckerwood“. Referenzen zur AB - die Jahreszahl, als auch deren Logo, ein Kleeblatt - finden sich auf T-Shirts der „Peckerwood Brotherhood“ aus Pirna wieder.
Thomas Rackow hat heute mit den beiden genannten Webshops offiziell nichts mehr zu tun. Stattdessen wurde der Neonazi Dennis Schiller ins Impressum der Shops eingetragen, mutmaßlich als eine Art Strohmann. Schiller gehört zum Stammklientel des „Haus Montag“ und nahm zuletzt an einer Kundgebung der NPD im Juni 2020 in Dresden teil. Ob Schiller auch für Hesses „Druckwerk 247“ arbeitete, kann abschließend nicht geklärt werden. Fest steht jedoch, dass ein „Dennis“ im Namen der Firma größere Mengen an Tassen – 200 Stück im Gesamtwert von fast 1.200,00 Euro – im März 2018 verkauft hatte. Auf den Tassen seien – laut Geschäftsunterlagen – Motive gedruckt gewesen, die sich etwa um die „Verteidigung Europas“ drehen oder die eine Art Tagesplan zeigen, auf der sich u.a. der Punkt „Deutschland retten“ befindet. Auch Tassen mit dem Schriftzug „Deutscher Ureinwohner“, wurden von einem „Dennis“ im Namen von „Druckwerk247“ verkauft.
Zumindest Motive der beiden letztgenannten Tassen wurden anschließend auch im „Ein Prozent – Versand“ des (extrem) rechten „Ein Prozent e.V.“ aus Dresden angeboten.
Hesse und „das größte patriotische Netzwerk Deutschlands“
Nicht nur über den Vergleich der Motive auf den bedruckten Tassen wird ersichtlich, dass Hesse punktuell wohl auch mit der „Neuen Rechten“ Geschäfte macht(e). Der „Ein Prozent e.V.“ - das angeblich „größte patriotische Netzwerk Deutschlands“ – war laut Unterlagen in einem Zeitraum vom knapp drei Jahren, Hesses zweitgrößter externer Kunde. Der Verein, 2015 von Götz Kubitschek, Philip Stein und Jürgen Elsässer gegründet, generierte dabei einen Umsatz von 10.204,25 Euro bei „Druckwerk 247“. Auch wenn sich der „Ein Prozent e.V.“ politisch gemäßigter gibt, ist er anderen KundenInnen von Hesse ideologisch nicht allzu fern. Philip Stein, der nicht nur ein Ansprechpartner des Vereins sondern auch Inhaber des „Jungeuropa“-Verlags ist, lud schließlich im August 2018 Olena Semenyaka zu einer Konferenz in Dresden ein. Semenyaka - internationale Vertreterin des „National Corps“ (Національний корпус), dem zivilen Arm des neofaschistischen Asov-Regiments (Полк «Азов») in der Ukraine – war zwischen 2018 und 2019 auf Europa-Tour, zur „informationellen Expansion der Asov-Bewegung“. Dabei traf sie nicht nur Philip Stein in Dresden, sondern auch Thomas Rackow im „Haus Montag“ im nahen Pirna. Rackow selbst ist einer der Initiatoren des Projekts „Kraftquell“. Mutmaßlich angelehnt an die nationalsozialistische Organisation „Kraft durch Freude“ (KdF), will „Kraftquell“ ukrainischen Kriegsveteranen und deren Familien einen Urlaub in Deutschland und Norwegen ermöglichen.
Hesse selbst dürfte der Kurs des „Ein Prozent e.V.“ durchaus gefallen. Denn sowohl er, als auch der Verein fühlten sich berufen, ab 2015 gegen Geflüchtete mobil zu machen: „Ein Prozent e.V“ u.a. in den Kreisen von PEGIDA und Hesse zuletzt im Februar 2017 bei Aufmärschen im ostsächsischen Neustadt.
Support your local...Neonazi
Nicht nur bundesweit einflussreiche Neonazis und "neu-rechte" Netzwerker machten mit Hesse im besagten Zeitraum Geschäfte. Auch Firmen und Vereine aus der Sächsischen Schweiz beauftragten ihn vielfach, darunter die Freiwillige Feuerwehr, eine Security-Firma, ein Jugendclub, diverse Gaststätten wie „Zum Schmuggler“ in Sebnitz und die "Tourismus-und Dienstleistungsgesellschaft Sebnitz mbH". Dazu kamen noch das rechte Tattoo-Studio „Blackskull Art“ in Heidenau, wie auch bekannte Neonazis, die sich in der Region etwa als Raumausstatter oder wie Lars U. im Bereich „Demontagen und Metallhandel“ niedergelassen haben. U. war schon 2002 Teil des Ermittlungskomplexes gegen die „Hammerskins Sachsen“ und soll heute in Pfaffendorf (Königstein) einen rechten Szenetreff betreiben.
Auch gegen Madeleine K. und ihren Ehemann, den ehemaligen „Hammerskin“ Marcel K., wurde 2002 wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt. Sie habe die Szene verlassen, gab sie damals in einer Vernehmung an. Doch noch 2018 gehörte sie zum KundInnen-Stamm Hesses, ließ sich insgesamt 80 Bekleidungsartikel von „Druckwerk 247“ veredeln.
Es drängt sich die Frage auf, was eigentlich fragwürdiger ist: „Bürgerliche“ NachbarInnen, die einen stadtbekannten Neonazi unterstützen oder bundesweite Akteure der (extremen) Rechten, die mit einem früheren Geheimdienst-Spitzel Geschäfte machen. „Bigot“ (dt. „scheinheilig“), ließ sich Hesse sogar auf den Hals tätowieren – wie passend.
Hesse selbst dürften ganz andere Fragen plagen. Denn 2020 verzog seine Ex-Partnerin in die USA und nahm seine zwei Söhne mit. Seitdem „kämpft“ er um seine Rechte als Erziehungsberechtigter und sammelte Spenden für Anwaltskosten. Dafür verkaufte er jüngst sogar alte Tonträger, wie etwa eine Kassette der Black Metal-Band „Moonblood“ des Neonazi-Musikers Tino Mothes aus dem Erzgebirge. Auch wenn er sich gern als liebevoller, aufopferungsbereiter Vater darstellt, bleibt er ein relevanter Player in der rechten Szene Ostsachsens. Erst im Februar 2022 veröffentlichte er ein Bild, dass ihn 1991 auf dem Winterstein im Elbsandsteingebirge zeigt: er im Tarnhemd, im Hintergrund die Flagge des Kaiserreichs. „Schöner 90er Jahre Charme….“, kommentierte er das Bild aus seiner frühen Jugend. Damals, als er laut eigener Aussage, „ein sehr aktives Mitglied“ der „Wiking Jugend“ gewesen sei - die 1994 verboten wurde und zum Zeitpunkt des Verbots als größte neo-nationalsozialistische Kinder- und Jugendorganisation galt.
Kein Ausschluss, keine Ächtung
Der heute fast fünfzig jährige Mirko Hesse genoss als Multiplikator der Szene großes Ansehen und Respekt. Grüße an Hesse finden sich vielfach in Booklets diverser CDs der späten 1990er Jahre, manchmal sogar Bilder, auf denen er zu sehen ist. Etwa bei der CD „Day Of Reckoning“ von „Dying Breed“ (heute „H8Machine“) aus den USA, wo Hesse in „Hammerskin“-Kluft und mit einem Gewehr abgebildet ist. Mit „Hate Records“ hatte er vor allem US-amerikanische „Hammerskin“-Bands nach Europa importiert und soll, laut polizeilichen Ermittlungen, insgesamt um die 21.000 CDs produziert haben. Damit finanzierte er nicht nur sich und die HSN, sondern konnte auch die Ideen der weltweit organisierten Bruderschaft verbreiten.
Sein „Standing“ rührte auch daher, dass er sich außerhalb des Geschäfts für seine „Kameraden“ einsetze, wie im Fall des Neonazi-Musikers und Mörders Hendrik Möbus aus Thüringen. So war es Hesse, der 2001 in die USA reiste, um diesen in seinem Asylgesuch zu unterstützen3 . Das Netzwerk von Hesse ermöglichte es ihm auch, sich an einer Produktion der Berliner Untergrund-RechtsRock-Band „Landser“ zu beteiligen. Die CD „Ran an den Feind“ wurde schließlich auch von Hesses „Brüdern“, den „Hammerskins Berlin“, finanziell unterstützt. Auch dass die CD dem im September 1998 verstorbenen „Hammerskin“ Erich Schmidt aus Minnesota (USA) gewidmet werden sollte, spricht für den Einfluss der "Hammerskin Nation" (HSN) auf die „Landser“-Produktion.
Als die Ermittler*innen vom Vertrieb der CD Wind bekamen, durchsuchten sie im Sommer 2001 auch Hesses Wohnräume und nahmen ihn in Untersuchungshaft. Denn neben strafrechtlich relevanten CD-Produktionen fanden sie bei ihm auch eine halbautomatische Pistole und Munition. In dem Zuge wurde nun gegen die „Hammerskins Sachsen“ ermittelt, wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Im 2002 folgten weitere Razzien gegen Hesse, Mitglieder des Chapter „Sachsen“ und deren engstes Unterstützernetzwerk. Erneut wurde Hesse die Produktion von volksverhetzenden CDs zur Last gelegt, im November 2002 wurde er u.a. dafür verurteilt. Im Laufe der Ermittlungen kam außerdem heraus, dass er – unautorisiert von der Band – rund 2.000 „Landser“-CDs hat nachpressen lassen. In der Szene entstand nun der Verdacht, dass er Gelder missbrauche und veruntreue. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bei diversen „Brüdern“ Schulden und kam Vereinbarungen zur Tilgung nicht nach, wie aus den Ermittlungen bekannt wurde.
Als im Sommer 2002 bekannt wurde, dass Hesse ein Spitzel des Inlandsgeheimdienstes war, von mindestens 1998 bis zu seiner „Abschaltung“ im Dezember 2001, rumorte es in der „Hammerskin Nation“. Bis zuletzt hatten ihm Personen wie Malte Redeker die Treue gehalten, mussten sich aber eingestehen, dass Hesse unter dem Decknamen „Strontium“ dem Staat zugearbeitet hatte. Nun schien sich die Szene auch erklären zu können, wie Hesse teils mehrfach im Jahr zu seinen „Brüdern“ in die USA reisen konnte und sich ein Leben auf großem Fuß hat leisten können.
Als Hesse im März 2004 aus der Haft entlassen wurde, schien er erst einmal von der Bildfläche verschwunden zu sein. Retrospektiv finden sich jedoch keine Anzeichen für einen Ausschluss Hesses aus der Bruderschaft im „Bad Standing“. Im Gegenteil: die gekreuzten Hämmer - das Logo der HSN - trägt er noch heute am Handgelenk als Tattoo, wenngleich er kein Mitglied mehr ist oder im Rahmen von Veranstaltungen der "Hammerskins" aufgefallen ist.
Auch der Rest der Szene schien ihn nicht ächten zu wollen. Nach der Haft nahm er etwa an einem Aufmarsch 2009 in Tschechien teil. Dort, wo er unweit von seinem Wohnort Anschluss an Personen um die NSBM-Band „Sekhmet“ fand, wie auch zum Freundeskreis um die bekannte tschechische Band „Ortel“. Noch Jahre später, im April 2017, nimmt Hesse an einem Konzert von „Ortel“ in Nový Bor“ teil.
Ab spätestens 2008 versuchte er zudem im ostsächsischen Sebnitz ein "Streetwear"-Geschäft zu etablieren, den „Crash & Burn Store“. Dort wurde auch die Marke „Hatecrime“ (dt. „Hassverbrechen“) verkauft, die Szene-Insidern zu Folge vor allem ein Produkt Hesses sei. Tatsächlich versuchte Hesses engster Mitstreiter, der ehemalige Hammerskin Stefan M., 2002 ein Patent für die Marke zu erlangen. Schon im Vorjahr fand sich die Marke im Angebot des „Hatesounds Versand“ aus Brandenburg, bis mindestens 2010 wurden Kleinstauflagen von „Hatecrime“ in Sebnitz verkauft, u.a. mit Aufdrucken wie „Aryan Psycho“. So richtig schien das Geschäft jedoch nicht zu fruchten und so verdingte sich Hesse mit dem Druck von Bekleidungsartikeln anderer Firmen, u.a. von „Imperator Wear“. Die Marke gibt an in Hamburg gegründet worden zu sein, offiziell unterhält sie ihren Geschäftssitz aber in Erfurt.
Auffällig ist, dass sich die Marke an eine ähnliche Zielgruppe richtet, wie das 2004 gegründete Label „Yakuza“. Beide Marken bedienen sich am „Mafia & Crime“-Image und tatsächlich gibt es einen nicht unwesentlichen Link zwischen Hesse und „Yakuza“-Mitbegründer Markus „Mick Mark“ Eisold. Beide kennen sich von früher aus der rechten Szene Ostsachsens, Eisold habe Hesse sogar 2002 in der JVA Dresden besucht. Auch ein "Hammerskin"-Tattoo für Hesse stammt aus der Nadel von Eisold. Als dies 2015 vom Antifaschistischen Infoblatt (AIB) publik gemacht wurde4 , spielte Eisold diesen Kontakt herunter und ließ mitteilen, dass er nach 2002 den Kontakt zu Hesse abgebrochen hätte.
Tatsächlich sind die beiden aber noch später über Social Media verbunden. Erst im Januar 2021 kommentierte Eisold ein von Hesse veröffentlichtes Bild. Es zeigt Hesse vermummt in Dresden, dazu der Kommentar „Wenn Vermummen quasi zur Pflicht wird…“, eine Anspielung auf die herrschende Maskenpflicht. „Wer hätte das gedacht vor jahren lach“ (sic) erwidert Eisold auf das Bild in der Kommentarspalte. Von Hesse bekam er als Antwort ein Zwinker-Smiley. Sowohl „Yakuza“ als auch „Imperator Wear“ erfreuen sich einer gewissen Beliebtheit in der rechten Szene. Thomas Gerlach – langjährig aktives Mitglied der „Hammerskins Sachsen“ – bezeichnete „Imperator Wear“ 2014 sogar als sein „favorisiertes Klamotten-Label“.
Es scheint so, als hätte Hesse mit seinen ehemaligen „Brüdern“ reinen Tisch gemacht und ihnen seine Spitzeltätigkeit nachvollziehbar dargelegt. Ob nun im Nachgang, oder sogar im Zeitraum der Tätigkeit selbst: solange sich die Szene sicher ist, dass nur irrelevante Informationen - oftmals sogar in Absprache - an den Geheimdienst gehen, haben Spitzel nichts zu befürchten. Obendrein gibt es schließlich auch Geld für die Informationen, steuerfrei versteht sich, die in die Bewegung fließen. Auch Hesses Informationen an die Behörde dürften vermutlich nicht von Gehalt gewesen sein. Anders ließe sich nicht erklären, dass er bis heute mit dem harten Kern der Neonazi-Szene verbunden ist.