Wissen schützt vor Terror nicht?
Acht Monate nach dem Bekanntwerden des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU)1 bleibt festzustellen, dass sowohl die HaupttäterInnen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe wie auch ihr UnterstützerInnenumfeld bekannte Neonazis aus organisierten Strukturen waren. Böhnhard, Mundlos und Zschäpe waren Mitglieder der Sektion Jena des Thüringer Heimatschutzes (THS)2 .
- 1Am 4. November 2011 verstarben nach einem Banküberfall die beiden Neonazis Mundlos und Böhnhardt in einem brennenden Wohnwagen an Schußverletzungen. Sie gehörten zusammen mit Zschäpe zur Neonazi-Terror-Gruppe NSU, welche für mindestens zehn Morde verantwortlich ist. Vgl. AIB Nr. 93
- 2Im Februar 1995 meldete Zschäpe eine Demonstration des THS in Jena an.
Die meisten von ihnen waren im Laufe ihrer neonazistischen Aktivitäten mit Straftaten aufgefallen und standen somit auch unter (zeitweiliger) Beobachtung der Geheimdienste. Das konnte die Morde des »Nationalsozialistischen Untergrundes« (NSU) jedoch weder behindern noch stoppen. An dieser Stelle sollen einige Informationen über die UnterstützerInnen des NSU zusammengetragen werden, die Journalist_innen recherchiert oder von Sicherheitskreisen an Medien weitergeleitet wurden. Ein Schwerpunkt liegt auf den Hinweisen, die Sicherheitsbehörden (bereits seit längerem) über diesen Personenkreis hatten. Auffällig bleibt: Irgendeine Geheimdienstquelle war fast immer in der Umgebung der abgetauchten Neonazis unterwegs. Wenn man davon ausgeht, dass einige der nun bekannt gewordenen Informationen gewollt lanciert wurden, um die Medien abzufüttern oder abzulenken, stellt sich die Frage nach dem tatsächlichen Ausmaß der Geheimdienstverstrickungen des NSU.
Die Flucht 1998 – viele Spuren ins nichts
Ende Januar 1998 wurden auf Anordnungen der Staatsanwaltschaft Gera Wohnungen und ein von Beate Zschäpe angemieteter Garagenkomplex in Jena von der Polizei durchsucht. Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Thüringen hatte offenbar schon Wochen vorher eine Observation durchgeführt und die Polizei von der Existenz der Garage1 in Kenntnis gesetzt. Hier fanden sich dann auch 1,4 Kilogramm Sprengstoff und vier fertiggestellte Rohrbomben. Warum die Drei sich dann quasi unter den Augen des Geheimdienstes und der Polizei ungehindert absetzen konnten, bleibt weiterhin suspekt. Nach Aussagen der Sicherheitskräfte wurden diverse Objekte von mehreren Polizeigruppen nacheinander durchsucht. Da bei der Garage von Böhnhardts Auto nichts Relevantes gefunden wurde, hätte er den Ort mit seinem PKW während der laufenden Maßnahmen einfach verlassen dürfen. Zur Öffnung eines Vorhängeschlosses an der Bombenwerkstatt-Garage hätte erst die Feuerwehr gerufen werden müssen. Nach den relevanten Funden sei der zuständige Staatsanwalt wegen einer Krankheit nicht erreichbar gewesen. Erst zwei Tage nach den Durchsuchungen wurde schließlich ein Haftbefehl gegen die Drei erlassen. Danach wurden scheinbar wenig koordiniert diverse Spuren von verschiedenen Sicherheitsbehörden verfolgt. Das LfV Thüringen versuchte erfolglos durch Observation der mutmaßlichen Kontaktpersonen Marko K. in Naumburg (Sachsen-Anhalt) und Juliane W.2 aus Jena auf die Spur der Flüchtigen zu kommen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) vermutete die Drei weiterhin in Jena. Das Landeskriminalamt (LKA) Thüringen soll aus Telefonüberwachungen Erkenntnisse gewonnen haben, denen zufolge sächsische Neonazis die Flüchtigen in die Region Chemnitz gebracht haben sollen. Auch andere Spuren führten offenbar nach Sachsen. So gab es geheimdienstliche Berichte, nach denen die Drei mit dem Auto des verhafteten NSU-Unterstützers Ralf Wohlleben3 in Sachsen unterwegs waren. Ein THS- Aktivist hätte das unfallbeschädigte Auto in der Region von Dresden abschleppen müssen. Das LfV Thüringen hatte sogar einen Hinweis erhalten, wonach Beate Zschäpe zeitweilig mit dem Dresdner »Blood & Honour« Aktivisten Thomas Starke4 liiert gewesen sein soll. Starke habe wiederum intensive Kontakte zu dem Leiter der Sektion Jena des THS, André Kapke, unterhalten. Maßnahmen folgten aus diesen Erkenntnissen scheinbar nicht. Später stellte sich heraus, dass die Flüchtigen tatsächlich Anfang 1998 in Sachsen in der Wohnung des Neonazis Max-Florian Burkhardt untergekommen sein sollen.5
André Kapke: Der Chef will helfen (1998)
André Kapke war nach der Flucht seiner KameradInnen laut Geheimdienstinformationen monatelang in Deutschland unterwegs, um die untergetauchten Mitglieder des THS zu unterstützen. Demnach versuchte er, über seine bundesweiten Kontakte Pässe und Unterschlupfadressen für sie zu organisieren. Eine Quelle des LfV Thüringen wusste zu berichten, dass er sich vermutlich deswegen am 12. Februar 1998 in Berlin mit Frank Schwerdt aus dem NPD-Bundesvorstand getroffen habe. Auch mit der Berlinerin Rita Bönisch6 vom neonazistischen Hoffmann von Fallersleben Bildungswerk (HvFB) führte er demnach ein Gespräch mit gleicher Zielsetzung. Schwerdt und Bönisch nutzten u.a. ein Haus in der Waldstraße in Berlin-Adlershof, in dem Bönisch den Wohnmobil-Verleih »Ritas Wohnmobilvertrieb« betrieb. Antifaschist_innen berichteten, dass in dem Haus zeitweilig auch ein Stützpunkt des bundesweiten Neonazi-Zeitungsprojektes »Berlin-Brandenburger Zeitung« (BBZ) aus den Strukturen des neonazistischen Vereins »Die Nationalen« angesiedelt gewesen sein soll.7 Ob Kapke hier bereits ein Wohnmobil für den späteren NSU besorgen wollte ist noch nicht geklärt. Bei einem solch zentralen Objekt der bundesweiten Neonazistruktur wäre dies jedoch wahrscheinlich unter den Augen diverser Sicherheitskräfte geschehen. Auch nicht sonderlich diskret – beim Kongress der neonazistischen Gesellschaft für freie Publizistik (GfP)8 im April 1998 – soll Kapke ein entsprechendes Gespräch mit dem in Südafrika lebenden Neonazi-Autoren Dr. Claus Nordbruch9 geführt haben. Von August bis September 1998 hielt er sich zusammen mit dem THS-Führungsaktivisten Mario B. auf Nordbruchs Farm in Südafrika auf. Laut Geheimdienstangaben waren jedoch nur ein »Arbeitseinsatz« bzw. eine Fallschirmspringer-Ausbildung die Gründe der langen Reise.
Am 24. Juli 1998 soll Kapke schließlich direkt mit einer »Quelle« des LfV Thüringen in Kontakt getreten sein, um Finanzmittel für die Flucht bzw für falsche Pässe des NSU Trios zu besorgen. Er habe den VS-Spitzel, THS-Kader und späteren NPD-Funktionär Tino Brandt (Deckname »Otto«)10 gefragt, ob er nicht einen »Kredit« von dem damaligen Verleger der (Neo-)Nazi-Zeitschrift »Nation & Europa«, Peter Dehoust11 , besorgen könne. Brandt war zeitweilig bei der »Nation Europa Verlags GmbH« angestellt gewesen. Der Wunsch wurde Kapke anscheinend erfüllt und er soll Anfang August 1998 in Coburg unter der Duldung des LfV Thüringen 1.500 DM von Peter Dehoust bekommen haben.12 Dem Thüringer VS lagen sogar Informationen vor, dass Kapke hohe Geldsummen benötigt habe, um Passfälscher für die flüchtigen Neonazis zu beauftragen. Hierfür wurde von Thüringer Neonazis ein Brettspiel namens »Pogromoly« (eine Art Monopoly für Neonazis) für 100 DM in der Szene verkauft. Besonders pikant: Das Spiel soll von den Flüchtigen selbst hergestellt und zum Verkauf an einen Personenkreis um Kapke weitergegeben worden sein, von wo auch das Geld an die Flüchtigen zurückgehen sollte. Diese Informationen über einen direkten Kontakt lag laut Geheimdienstinformationen auch dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) vor. Dieser hatte André Kapke und den VS-Spitzel Tino Brandt als Händler für das Spiel ausgemacht. Was aus dem Geld wurde, ist angeblich nicht bekannt. Gerüchte über eine Unterschlagung und Zweckentfremdung des Geldes durch Kapke machten die Runde. Im Herbst 1998 soll er aber noch immer Kenntnis über den Aufenthaltsort seiner untergetauchten KameradInnen gehabt haben. Das LfV Thüringen hatte Erkenntnisse, nach denen Kapke Anfang Oktober 1998 berichtet habe, dass das Trio an sicherer Stelle sei, aber nun wegen fehlender Jobs und ausbleibenden Geldes in finanzielle Schwierigkeiten gerate. Kapke soll den politisch unbekannten und unverdächtigen Jürgen Helbig als Verbindungsmann zwischen den Gesuchten und ihren Kontaktpersonen gewonnen haben, um die Kommunikation zu gewährleisten. Helbig hätte gar ein »Zwischendepot« zur Verfügung gestellt. Von ihm führt die Spur zu dem früheren Thüringer NPD-Funktionär Ralf Wohlleben: Beide kennen sich aus der gemeinsamen Zeit in einem Kinderheim. Auf einem bei Wohlleben sichergestellten Computer sollen sich Unterlagen befunden haben, nach denen Jürgen Helbigs Name auf einer "Beitragsliste NPD Jena 2006" stand.
Ralf Wohlleben: Ein Kader sucht Unterstützer (1999)
Der seit dem 29. November 2011 inhaftierte NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben galt bis zu den Unterschlagungsvorwürfen gegen Kapke als dessen rechte Hand. Er hielt den Kontakt zum NSU-Verbindungsmann Jürgen Helbig. Doch auch an dieser »geheimen« NSU-Verbindung hingen diverse Sicherheitsbehörden. Das LKA Thüringen hörte im März und April 1998 Telefonate ab, in denen Chemnitzer Neonazis von öffentlichen Telefonzellen bzw. in der Schweiz 13 aus Anweisungen für Treffen und Geldbesorgungen an Helbig, im Auftrag Bönhardts, durchgaben. Die Zielfahnder des LKA Sachsen ordneten im September 1998 die Anrufe Jan Werner von »Blood & Honour« Sachsen zu, ohne dass dies größere Maßnahmen ausgelöst hätte. Bekannt wurde, dass der VS Thüringen im August 1998 – angeblich erfolglos – versuchte, Helbig als Spitzel anzuwerben. In Folgedessen führte er offenbar noch weitere Gespräche mit dem LKA Thüringen und dem MAD. Beiden Behörden habe er seine Kuriertätigkeiten für die Untergetauchten bestätigt. Dem MAD berichtete er sogar ganz direkt und offen: »Die drei Bombenbastler hätten sich schon auf der Stufe von Rechtsterroristen bewegt, die mit einer gewissen Zielsetzung eine Veränderung dieses Staates herbeiführen wollten«.14 Somit gab es zwar eine direkte Spur zu den flüchtigen Neonazis, die aber offenbar nicht zu einer Verhaftung genutzt wurde. Der Hinweis auf Rechtsterrorismus wurde scheinbar einfach überhört. Spätestens im Oktober 1999 begannen die Banküberfälle des NSU. Anfang 1999 bekam der VS Thüringen eine Art Hilferuf Wohllebens mit, wonach die Flüchtigen auf finanzielle Unterstützung angewiesen seien. Dieser nahm zum Rechtsanwalt und damaligen stellvertretenden NPD-Bundesvorsitzenden Dr. Günter Eisenecker15 aus Goldenbow (Mecklenburg Vorpommern) Kontakt auf, um ihn als Anwalt für Beate Zschäpe zu gewinnen. Ihm wurde jedoch wegen »Gefährdung der Ermittlungen« eine Akteneinsicht verweigert und das Vorhaben scheiterte. Wohlleben suchte ebenfalls Unterstützung bei Tino Brandt und fragte ihn im Februar 1999 nach anrufbaren Telefonzellen in Coburg (Bayern). Er erhielt codierte Termine, an denen die Flüchtigen sich bei ihm melden konnten. Im März 1999 telefonierte Brandt mit dem NSU (wahrscheinlich mit Uwe Böhnhardt), um zu besprechen ob das damalige Anwesen des Neonazi-Funktionärs Thorsten Heise16 in Northeim (Niedersachsen) als Unterschlupf geeignet sei. Ein weiteres Telefonat Ende Februar 1999 wurde offenbar vom LfV Thüringen abgehört und mitgeschnitten. Von einem Münzfernsprecher in Chemnitz war eine der benannten Telefonzellen in Coburg angerufen worden. Der Thüringer VS identifizierte Uwe Böhnhardt als Anrufer. Die Identität des Gesprächspartners sowie der Inhalt sind in den Geheimakten des Thüringer VS verblieben. Ab etwa Frühjahr 1999 hält vor allem der inzwischen nicht mehr inhaftierte NSU-Unterstützer Carsten Schultze17 den Kontakt zum NSU. Dieser war damals ein Aktivist des THS Jena und später Landesvorsitzender der NPD-Jugendorganisation »Junge Nationaldemokraten«. Kapke galt wegen der Unterschlagungsgerüchte als »Kameradenschwein« und Wohhleben fühlte sich von Geheimdiensten beschattet. Damit lag er offenbar richtig. Der VS Thüringen ließ ihn im März 1999 durch seinen Spitzel Brandt sogar eine Spende über 500 DM an das flüchtige Trio weitergeben. Ihr Zweck bleibt ungeklärt. Im April 1999 trat Brandt an Heise heran, um ihn nach Unterbringungsmöglichkeiten für die Flüchtigen im Ausland zu fragen. Im Mai 1999 soll Wohlleben Tino Brandt und den im November 2011 verhafteten NSU-Unterstützer Holger Gerlach18 darüber informiert haben, dass Heise angeblich bereit sei, sie bei der Suche nach einem geeigneten Aufenthaltsort im Ausland für die Flüchtigen zu unterstützen. Holger Gerlach soll von Wohlleben beauftragt worden sein, sich darum zu kümmern und habe dies zugesagt. Am 12. Juni 1999 nahm er zusammen mit seinem Bruder Dirk G., Tino Brandt und weiteren THS-Angehörigen an der Hochzeitsfeier von Heise in Northeim teil. Der VS Thüringen bekam hier offenbar mit, dass eine Demo-CD der Jenaer RechtsRock Band »Vergeltung«19 von Gerlach an Heise weitergegeben wurde. Über möglicherweise ebenfalls gewonnene Erkenntnisse zur Planung der weiteren Flucht schweigt sich die Behörde aus. Da die Bemühungen bei Heise offenbar zu keinem brauchbaren Ergebnis führten, sollen die Flüchtigen im September 1999 ihre Kontaktperson Carsten Schultze beauftragt haben, zu prüfen ob nicht der frühere Rechtsterrorist Manfred Roeder20 für Auslandsverbindungen kontaktiert werden könnte.
Offenbar erst nachträglich konnten zwei weitere Kontaktpersonen Wohllebens ausgemacht werden. Ende Januar 2012 kam es im Zuge der Ermittlungen gegen den NSU im Thüringer Saale-Holzlandkreis zu Durchsuchungen gegen Frank Liebau21 und Andreas Schultz22 . Grund für die Razzien sind Überprüfungen, um zu klären wer Ende der 1990er Jahre dem Trio Waffen und Sprengstoff besorgt haben könnte bzw. über Informationen bezüglich der Waffenübergaben 23 Laut Medienberichten soll Carsten Schultze hier von Frank Liebau jene schallgedämpfte Ceska 83 gekauft haben, mit der die RechtsterroristInnen ihre Mordserie an mindestens neun Migranten begingen.24 Diese Verbindungen im NSU-Unterstützer-Milieu dürften die Ermittler eigentlich kaum überraschen. Nach Berichten aus Justizkreisen soll Frank Liebau 1996 unter anderem zusammen mit Uwe Böhnhardt, Holger Gerlach, Ralf Wohlleben und Andre Kapke Beschuldigter in einem Verfahren wegen Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten (Bombendrohung) gewesen sein.
Die »B&H« Sachsen Spur – im Geheimdienstgerangel versandet (1998–2000)
Anfang August 1998 beantragte die Zielfahndung des Thüringer LKA Abhör-Maßnahmen bei den Chemnitzer Neonazis Hendrik Lasch25 , Thomas Starke und Jan Werner. Sie waren verdächtig mit Jürgen Helbig wegen der Untergetauchten in Kontakt gestanden zu haben. Weiter wird ausgeführt: »So wurde aus dem Umfeld des Werner wie auch der A. (Angela A., Anm. der Redaktion) bekannt, dass drei rechte Personen (2 Männer und 1 Frau) im Bereich Chemnitz untergetaucht sind und in den nächsten Tagen in das Ausland gebracht werden sollen. Hierzu notwendige Ausweisdokumente seien noch in Arbeit.«26 Trotz der konkreten Erkenntnisse unterblieben offenbar Folgemaßnahmen, um dieser Spur weiter nachzugehen. Auch das LfV Thüringen hatte durch Abhörmaßnahmen gegen Wohlleben und Helbig im Sommer 1998 Hinweise auf einen möglichen Aufenthalt der Flüchtigen im Raum Chemnitz. Schon vorher waren hier gute persönliche Kontakte Kapkes in die Chemnitzer »Blood & Honour-Szene« bekannt geworden. Im September 1998 wurde es dann noch konkreter: Eine »Quelle« des LfV Brandenburg hatte berichtet, dass die neonazistische Skinheadorganisation »Blood & Honour« – Sektion Sachsen (»B&H« Sachsen) die Flüchtigen unterstützen würde. Deren Leiter Jan Werner27 (Spitzname »Dackel«) habe demnach persönliche Kontakte zu den Flüchtigen. Mit Geld aus dem Verkauf von RechtsRock CDs und von RechtsRock-Konzerten sollten der Quelle zufolge Waffen für das Trio besorgt werden. Mit diesen Waffen habe das Trio einen weiteren Überfall geplant, um Deutschland dann in Richtung Südafrika verlassen zu können. Der VS Brandenburg weigerte sich allerdings aus »Quellenschutz« dem LKA Thüringen einen schriftlichen Bericht zu verfassen, woraufhin keine weiteren polizeilichen Maßnahmen eingeleitet wurden.28 Die Zielfahnder des LKA Thüringen ließen im Oktober den sächsischen Neonazi Michael Probst überwachen, da er nach ihren Ermittlungen einen Kontakt zu Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe unterhalten würde. Eine intensivere Zusammenarbeit hätte hier nicht geschadet, da die Brandenburger VS-»Quelle« angab, Antje Probst29 von »B&H« Sachsen hätte berichtet, dass sich Böhnhardt, Zschäpe und Mundlos mit geliehenen Pässen nach Südafrika absetzen wollten, um dort neue Idenditäten anzunehmen. Sie selbst habe Zschäpe ihren Pass überlassen wollen. Außerdem hätte einer der Flüchtigen noch Artikel für das Neonazi-Skinfanzine »White Supremacy« verfasst. Hinter dieser Hauspostille von »Blood & Honour« Sachsen stand nach Recherchen antifaschistischer Gruppen Jan Werner. Die »Quelle« ist für fachkundige Journalist_innen unschwer als Carsten Szczepanski (Deckname Piato)30 zu identifizieren. Mit Werner dürfte kein neuer Name für die Geheimdienste und Landeskriminalämter gefallen sein. Es ist davon auszugehen, dass er im Rahmen von Ermittlungen im RechtsRock-Geschäft und zu »Blood & Honour« im Fokus diverser Ermittlungen stand. Zumindest im Fall der Berliner RechtsRock Band »Landser« 1998 ist dies belegbar. Dass ausgerechnet eine solch exponierte Person unbemerkt direkten Kontakt zum NSU unterhalten konnte, ist schwer vorstellbar. Nach dem bekannt gewordenen Telefonat aus Chemnitz Anfang 1999 und den diversen anderen Hinweisen, die das Trio in Chemnitz verorteten, wurden im März 1999 einige Tage lang die regionalen »Blood & Honour« AktivistInnen Jan Werner, Thomas Starke, Antje Probst und Ronald A. erfolglos observiert. Weitere Maßnahmen blieben aus. Einen Monat später soll Carsten Schultze dann »Spendengelder« für die Flüchtigen mit Banküberweisungen »nach Sachsen« transferiert haben. Auch diese Information blieb ohne Konsequenzen. Im November 1999 erfuhr eine »Quelle« des VS Thüringen von Thomas Starke, dass die Flüchtigen nun »jobben« würden und kein Geld mehr bräuchten. Ein Thüringer »Blood & Honour«-Funktionär habe Thomas Starke am Rande eines Konzertes in Schorba bei Jena eine Geldspende für die drei gesuchten Neonazis angeboten. Nur einen Monat vorher waren in Chemnitz zwei Banken von der NSU überfallen worden. Die Aussage eines Chemnitzer Neonazis, dass die Untergetauchten kein Geld mehr bräuchten, weil sie nun »jobben« würden, ist so offensichtlich mit diesen Banküberfällen in Verbindungen zu bringen, dass sie jede_r Tatort-Zuschauer_in sofort hätte verstehen müssen. Immerhin war bereits Monate vorher aus anderer Quelle berichtet worden, dass ein Chemnitzer Neonazi Waffen für einen Überfall des Trios suche. Auch Wohlleben soll im April 2001 eine Spende abgelehnt haben und gegenüber einer Quelle des Thüringer VS geäußert haben, dass die Flüchtigen kein Geld mehr benötigen würden, da sie in der Zwischenzeit »schon so viele Sachen/Aktionen gemacht hätten«. Ob der (Thüringer) VS hier versagt oder vertuscht hat, ist eine der offenen Fragen im NSU-Komplex.
2000 – alle Spuren führen nach Chemnitz
Ende Januar 2000 soll der Chemnitzer Andreas G.31 von der »Blood & Honour« Sektion Sachsen am Rande einer NPD-Schulungsveranstaltung in Thüringen geäußert haben, den drei flüchtigen Neonazis gehe es gut. Daraufhin observierte das LfV Sachsen im März und April 2000 für einige Tage die Chemnitzer Neonazis Jan Werner, Andreas G. und Kay R. ohne Erfolg. Im April 2000 wusste dann auf einmal auch das LKA Thüringen aus Telefonüberwachungen, dass Böhnhardt Kontakt zu Chemnitzer Neonazis aufgenommen habe. Als mögliche Unterstützer der Flüchtigen sollen auch hier Jan Werner, Andreas G. und Thomas Starke ausgemacht worden sein. Werner habe laut polizeilicher Erkenntnisse über diverse Telefonzellen Anrufe zu Kontakpersonen der Flüchtigen in Thüringen geführt. Die Organisation und die »logistische Abdeckung der Versorgungsfahrten für die Gesuchten« seien seine Aufgabe gewesen. Bei Thomas Starke hatte ein Nachbar seiner Chemnitzer Wohnung den gesuchten Uwe Mundlos als Besucher erkannt. Die Polizei fragte daraufhin einfach mal direkt nach. Starke räumte sogar ein, die Gesuchten zu kennen und von ihnen besucht worden zu sein.32 Warum bei so vielen Hinweisen dann am 7. Mai 2000 noch mittels der Fernsehsendung »Kripo Live« nach den Flüchtigen gefahndet wurde, bleibt schleierhaft. Der VS Sachsen sah sich in diesem Zusammenhang allerdings erstmals veranlasst, neben Jan Werner, Andreas G. und Thomas Starke auch Mandy Struck33 zu überwachen. Sie war auf Bildern einer Neonazi-Demonstration gegen die sog. Wehrmachtsausstellung im Januar 1998 in Dresden neben Zschäpe identifiziert worden. Allerdings hätte man sich die Mühe auch sparen können. Im Zuge einer Hausdurchsuchung im Jahr 2000 soll bei Starke eine Adressliste gefunden worden sein, die auch die Namen der gesuchten Zschäpe und Mundlos enthielt. Desweiteren tauchten wohl auch zahlreiche andere Namen und Adressen von heute verdächtigen NSU-UnterstützerInnen auf. Die Adressaufstellung wurde damals offenbar weitgehend ignoriert. Die sächsischen Behörden übermittelten sie an das Thüringer Landeskriminalamt – und hörten angeblich nie wieder davon.
2001 bis 2011 – Die Spur verliert sich zwischen Chemnitz, Zwickau und Südafrika
Auch im März 2001 gab es weitere Hinweise auf Chemnitz als Aufenthaltsort der Untergetauchten. Erst im April 2001 erhielt der Thüringer VS neue Informationen, denen zufolge Wohlleben davon ausging, dass Böhnhardt und Mundlos nun doch eine Unterbringungsmöglichkeit in Südafrika beziehen wollten. Zschäpe sei aber nicht für einen Auslandsaufenthalt bereit gewesen und hätte sich nach der Abreise den Behörden stellen wollen. Dann verloren sich angeblich alle Spuren. Dabei hätte man nur eine öffentliche Neonazi-Publikation aufmerksam lesen müssen: »Vielen Dank an den NSU, es hat Früchte getragen ;-) Der Kampf geht weiter…«. Dieser Satz steht – fett und deutlich hervorgehoben – mitten im Vorwort der Ausgabe 1/2002 (Nr. 18) des neonazistischen Fanzines »Der Weisse Wolf«.34
Der Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommern erfuhr Anfang April 2002 von einem V-Mann: »Bei der Zeitschrift ›Weißer Wolf‹ aus Neustrelitz soll eine anonyme Spende in Höhe von 2500 Euro eingegangen sein. Dieser Spende sei ein Brief gefolgt mit sinngemäß folgendem Wortlaut: ›Macht weiter so, das Geld ist bei Euch gut aufgehoben!‹«. Doch auch hier wurden scheinbar keine tiefergehenden Ermittlungen veranlasst. Einige Jahre zu spät, am 3. Mai 2012, durchsuchte das Bundeskriminalamt wegen der NSU-Spende diverse Objekte: Petereits Wohnung, das Rostocker NPD-Wahlkreisbüro, den Verlag Neutotonia (Grevesmühlen), die Räume des Versandes Levensboom / Presswerk Strelitz (Neustrelitz) und das Abgeordnetenbüro des NPD-Funktionärs David Petereit im Landtag (Schwerin). Bei Petereits Lebensgefährtin Janina B. in Papendorf soll trotz der Verspätung noch ein Exemplar eines NSU-Briefes gefunden worden sein, dessen Vorlage in der letzten NSU-Wohnung sichergestellt worden war. Unter dem NSU-Logo sei hier zu lesen: »Beachte: Beiliegende Unterstützungen ziehen keinerlei Verpflichtungen nach sich. (...) Der Empfänger des Schreibens (...) darf den Brief und die Spende einbehalten und für seine Zwecke nutzen.« 2003 wurden dann die Verfahren gegen die Drei wegen Verjährung eingestellt und die Zielfahndung beendet. Die entscheidende Frage, warum drei flüchtige BombenbastlerInnen, die aus der Neonazi-Szene mit Waffen versorgt werden sollten, trotz Verfahrenseinstellung weiter im Untergrund blieben, stellte sich bis 2011 offenbar niemand. In diesen Zeitraum dürften einige Waffendeals des NSU gefallen sein, den jetzt nachgegangen wird. Ende Januar 2012 durchsuchten Ermittler zwei weitere Wohungen von Personen in Sachsen, die verdächtigt werden, den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) in Kenntnis dessen terroristischer Ziele unterstützt zu haben. Sie sollen dem Terror-Trio 2002 und 2003 Schusswaffen besorgt haben, darunter eine der Pumpguns. In Ehrenfriedersdorf wurde aus diesem Grund der aus dem Saarland stammende Herrmann Schneider durchsucht. Der andere Verdächtige, Pierre Jahn35
, betreibt einen Videospiel-Handel mit Filialen in Annaberg-Buchholz, Chemnitz, Zwickau und Dresden. Hier war auch Herrmann Schneider zeitweilig tätig. Den Ermittlungen zufolge waren Mundlos und Zschäpe (als »Lisa Mohl«) unter falschem Namen als Kunden der Firma registriert. Mundlos soll in den Jahren 2002 und 2003 mehrmals dort aufgetaucht sein.
Nach dem wahrscheinlichen Aufenthalt in Chemnitz soll es den NSU nach Zwickau verschlagen haben. Hier soll ihnen der Neonazi Matthias Dienelt zwei Wohnungen als dauerhafte Unterkunft gemietet haben. Eine soll er im Mai 2001 besorgt haben, die nächste im März 2008. Um keinen Verdacht zu erwecken, soll Dienelt ab Juni 2003 mit Uwe Böhnhardt schriftliche Untermietverträge auf einen Tarnnamen (vermutlich den Namen von Max-Florian Burkhardt) geschlossen haben.36
Auf einen weiteren mutmaßlichen Unterstützer kamen die Ermittler erst nach dem Tod der NSU-Mitglieder Mundlos und Böhnhardt. Die aufgelöste Beate Zschäpe versuchte mehrfach André Eminger telefonisch zu erreichen, nachdem sie von dem Tod ihrer Kameraden erfahren und die gemeinsame Wohnung angezündet hatte. Hier fanden die Ermittler später eine Bahncard auf den Namen von Emingers mit einem Foto von Böhnhardt.37
Eine andere Bahncard für Beate Zschäpe trug den Namen seiner Ehefrau Susann Eminger. Kaum ausreichend untersucht wurden die weiteren Anrufversuche, die kurz nach dem Auffliegen der Terrorzelle bei Zschäpe eingingen. Die Behörden stießen auf vier Handynummern, die in Verbindung mit Zschäpes Anschluss standen. Darunter zwei, die auf das Polizeirevier Zwickau-West (Polizeidirektion Südwestsachsen) registriert sind, sowie eine Nummer, für die kein Anschlussinhaber registriert ist (»Nullauskunft«). Die große Überraschung: Im Protokoll zur Funkzellenabfrage stehen auch zwei Telefonnummern, die laut Providerauskunft dem Sächsischen Staatsministerium des Inneren gehören. Insgesamt 20 Mal wurde von dort Zschäpes Nummer angewählt.38
Hätten die Morde gestoppt werden können?
Sogar nach den wenigen bekannt gewordenen Informationen muss diese Frage mit Ja beantwortet werden. Im September 1999 hatte der NSU-Kontaktmann Jürgen Helbig die Sicherheitsbehörden direkt mit der Nase auf das Terror-Trio gestoßen. In einem Gespräch mit dem deutschen Bundeswehr-Geheimdienst MAD erklärte er, er gehe davon aus, dass sich die in der Illegalität lebenden aufgrund des zu erwartenden Strafmaßes nicht den Behörden stellen. Szenenintern werde von einem Strafmaß von zehn Jahren ausgegangen, weil man ein Exempel gegen Rechts statuieren wolle. Die drei BombenbastlerInnen hätten sich schon auf der Stufe von RechtsterroristInnen bewegt, die mit einer gewissen Zielsetzung eine Veränderung dieses Staates herbeiführen wollten. Dieser entscheidende Hinweis ging im Dezember 1999 an den Thüringer Verfassungsschutz und an das Bundesamt für Verfassungsschutz.39 Doch was nicht sein durfte, konnte offenbar nicht sein. Das Bundesamt für Verfassungsschutz gab in einem Analysepapier noch 2004 trotz aller gegenteiligen Informationen die Analyse zum Besten: »Derzeit sind in Deutschland keine rechtsterroristischen Organisationen und Strukturen erkennbar (…) Ungeachtet der Tatsache, dass es den ›Bombenbastlern von Jena‹ jahrelang gelungen war, sich ihrer Verhaftung zu entziehen, gibt es keine wirkungsvolle Unterstützerszene, um einen nachhaltigen Kampf aus dem Untergrund heraus führen zu können.« An V-Leuten und Quellen im Umfeld des NSU hat es in jedem Fall nicht gemangelt. Nach Informationen der Frankfurter Rundschau steuerten allein das Bundesamt für Verfassungsschutz, der Thüringer Verfassungsschutz und der MAD von 1997 bis 2003 im Rahmen einer Operation »Rennsteig« mindestens zehn V-Leute, um den »Thüringer Heimatschutz« auszuforschen. Die entscheidenden Akten dieser Geheimdienstoperation wurden allerdings 2011 vom BfV vernichtet.
Blinde Polizei
Die Sonderkommission der Polizei, welche die Mordserie des NSU an Migrant_innen untersuchte, hätte ebenfalls mehrfach auf die wirklichen Täter kommen müssen. Warum sie weiter im Milieu der Opfer suchte, ist wohl eher ein politischer als ein polizeilicher Skandal. Eine entsprechende Spur hatte ein Münchner Polizeiprofiler im Frühjahr 2006 gefunden. Offiziell hieß seine These »Einzeltätertheorie«. Sein Analyse ergab, dass der oder die Täter aus Fremdenhass zugeschlagen hätten und vor dem ersten Mord im Jahr 2000 in der rechten Szene unterwegs gewesen seien. Er ging allerdings von einem »Ankerpunkt« in Nürnberg aus und beschränkte die Suche auf diesen Großraum. Wolfgang Geier, der ehemalige Leiter der damals in Nürnberg angesiedelten Sonderkommission »BAO Bosporus«40 , welche die Ermittlungen zu den Morden führte, legte im April 2012 im Untersuchungsausschuss des Bundestages zum NSU einen handschriftlichen Vermerk vor: »Minister sieht Einzeltätertheorie als kritisch für die Öffentlichkeit«, notierte er demnach im Juni 2006 nach einem Telefonat mit dem bayerischen Staatsministerium des Inneren. An anderer Stelle ist in den Akten von einem »Zustimmungsvorbehalt der politischen Ebene« die Rede. Geier musste fast ein Dreivierteljahr warten, bis der bayerische Verfassungsschutz eine von ihm verlangte Liste mit Neonazis zuschickte. »Das fand ich nicht normal.« Erst im März 2007 habe er 682 Namen fränkischer Neonazis bekommen, von denen rund ein Viertel dann überprüft worden sei. Da diese Spur »zunächst zurückgestellt worden« war, wie es in einem Vermerk heißt, wurde offenbar eine entscheidende Verbindung zum NSU-Unterstützungskreis übersehen. Auf der Liste fand sich auch Mandy Struck, jene Frau, die dem NSU eines der ersten Verstecke organisiert hatte und die zeitweilig als Kontaktperson zum NSU überwacht wurde.41 Im Sommer 2007 legten Profiler der US-Bundespolizei FBI nach einem Besuch bei den bayerischen Kollegen eine kurze Einschätzung der Mordserie vor. Sie kamen zu dem Schluss, dass der Täter »missionsgeleitet« sei, einen tiefen Hass gegen Türken hege und Gegenden mit einer hohen Migrantenrate frequentiere, um nach Opfern Ausschau zu halten. Doch auch diese richtige Spur wurde ignoriert. Es würden sich »keine neuen Ermittlungsansätze« ergeben, befand die oberste Steuerungsgruppe der Soko »Bosporus«.
- 1Erst am Tag der Durchsuchung soll der Polizei in Jena aufgefallen sein, dass der Besitzer der Garage selbst ein Angehöriger ihrer Dienststelle ist.
- 2Juliane W. gehörte der Kameradschaft Jena an und war zeitweilig die Lebensgefährtin von Ralf Wohlleben.
- 3Wohlleben wird vorgeworfen, den NSU bei der Flucht unterstützt und ihm eine Waffe besorgt zu haben. Wohlleben gehörte der Kameradschaft Jena an. Er war Mitglied der THS-Sektion Jena und stellvertretender NPD Vorsitzender in Thüringen. Vgl. AIB Nr. 93
- 4Laut Medienberichten verdächtigen Ermittler ihn, dem Trio 1998 rund 1,4 Kilogramm TNT beschafft zu haben. Zusammen mit Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe marschierte er am 1. November 1996 in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald auf. Thomas Starke war im Führungszirkel von »Blood & Honour« Sachsen involviert und war an der Produktion einer CD der RechtsRock Band »Landser« beteiligt. Vgl. AIB Nr. 61.
- 5Die Unterbringung soll über seine damalige Lebensgefährtin Mandy Struck erfolgt sein. Max-Florian Burkhardt soll dem NSU seinen Reisepass überlassen haben. Die Daten von Max-Florian Burkhardt wurden vom NSU für eine EC-Karte, eine Bahncard 25 und zur Anmietung von zwei Wohnungen in Sachsen verwendet. Er soll am neonazistischen »Tag der Ehre« in Budapest (Ungarn) teilgenommen haben.
- 6Vgl. AIB Nr. 22, Nr. 29, Nr. 30
- 7Vgl. »Fight Back / Antifa Recherche Berlin« Mai 2003, Seite 10: »Die Nationalen & HvFB«.
- 8Vgl. AIB Nr. 76
- 9Nordbruch war Leutnant der Bundeswehr. 1986 wanderte er nach Südafrika aus und fungierte ab 1993 als Privatdozent an der Universität Pretoria. Er ist als neonazistischer Publizist und Referent auch in Deutschland tätig.
- 10Tino Brandt war Führer des Thüringer Heimatschutzes (THS). Im Sommer 2001 wurde seine Tätigkeit als Spitzel des VS Thüringen bekannt. Vgl. AIB Nr. 94, AIB Nr. 53.
- 11Peter Dehoust war Vorstandsmitglied im rechten »Hilfskomitee südliches Afrika« und im NPD-Landesvorstand von Bayern.
- 12Bereits vorher gab es Hinweise auf eine Verbindung zu Dehoust: Ab 1996 trafen sich Neonazis aus Jena und Saalfeld auf einem Gelände bei Kahla u.a. zu Schießübungen. Auf Lichtbildern identifizierten Zeugen später unter anderem Tino Brandt sowie »mit großer Sicherheit« André Kapke und Uwe Böhnhardt. Die Polizei Jena ging davon aus, dass das Gelände von Tino Brandt gepachtet worden sei. Der Besitzer des 2.180 Quadratmeter großen Geländes war Peter Dehoust. Vgl. MDR Thüringen Journal vom 28.4.2012.
- 13Der Schweizer Anruf wurde zu einer Telefonzelle in Concise im Kanton Waadt in der Schweiz zurückverfolgt und nicht wie später behauptet nach Orbe, das etwa 50 km entfernt ist. Am Tag des Anrufs fand in Concise ein Neonazi-Konzert statt, veranstaltet durch die „Mjölnir Diffusion“, hinter der sich der Hammerskin Oliver Kunz und dessen Lebensgefährtin Karolina verbergen. An dem Konzert nahmen laut Schweizer Staatsschutz 150-300 Personen teil, darunter auch Neonazis aus Deutschland.
- 14Gutachten von Dr. Gerhard Schäfer, Seite 171, 172.
- 15Günter Eisenecker war Landesvorsitzender der NPD Mecklenburg Vorpommern und von 1998 bis 2002 stellvertretender NPD Bundesvorsitzender. Er verstarb im November 2003.
- 16 Thorsten Heise war Chef der Kameradschaft Northeim und bundesweit für die Kameradschafts-Szene aktiv. 2002 zog er nach Fretterode (Thüringen). Von 2004 bis 2011 war er Beisitzer im NPD Bundesvorstand
- 17Carsten Schultze wurde Anfang Februar 2012 wegen der Unterstützung des NSU verhaftet. Er soll eine Schusswaffe und Munition für den NSU beschafft und an Wohlleben weitergegeben haben, der wiederum einen Kurier mit dem Transport zum NSU beauftragt haben soll. Schultze gehörte der Sektion Jena des THS an und war Landesvorsitzender der NPD-Jugendorganisation in Thüringen. 2003 zog er nach Düsseldorf und löste sich von der Neonazi-Szene.
- 18Gerlach wird u.a. verdächtigt, dem NSU Reisepass und Führerschein überlassen zu haben. Er war Mitglied der Kameradschaft Jena. Er stand 1997 zusammen mit Mundlos und Böhnhard im Verdacht, Briefbombenattrappen in Jena verschickt zu haben. Er war auch Aktivist des THS. 1997 zog er nach Hannover. Vgl. AIB Nr. 93.
- 19Nach Berichten von Szene-Insidern sollen dieser RechtsRock-Band u.a. die Neonazis Tom Turner und Ronny Eddel angehört haben.
- 20Vgl. AIB Nr. 42, AIB Nr. 45, Manfred Roeder wurde 1981 wegen Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung zu 13 Jahren Haft verurteilt.
- 21Frank Liebau war Inhaber des rechten Szene-Ladens »Madley« in Jena.
- 22Andreas Schultz war Anteilsinhaber des »Madley«-Ladens.
- 23Vgl. http://gamma.noblogs.org/archives/840#more-840
- 24Vgl. www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/BRENNPUNKT/NSU-Nazi-Boutique-als-Quelle-…
- 25Hendrik Lasch ist Betreiber des rechten Szeneladens »Backstreet Noise« in Chemnitz.
- 26Gutachten von Dr. Gerhard Schäfer, S. 97
- 27Jan Werner war Leiter der Sektion Sachsen von Blood & Honour. Er galt als Organisator diverser RechtsRock Konzerte und Mitherausgeber des Neonazi-Fanzines »Foier frei!«. Als weiterer Herausgeber galt Michael Probst, der Mann von Antje Probst. Er war an der Produktion einer CD der RechtsRock-Band »Landser« beteiligt. Eine Kopie der Vernehmung von Jan Werner im »Landser«-Verfahren vom Januar 2002 fand sich in der ausgebrannten NSU Wohnung in Zwickau. Vgl. AIB Nr. 55, AIB Nr. 61
- 28Das LKA Thüringen dürfte entsprechende Hinweis auf Waffen jedoch auch von selbst bei einer Abhör-Maßnahme bei Jan Werner im August 1998 erhalten haben. Bei der Überwachung seines Handys wurden entsprechende Nachrichten von und zu einem Handy festgestellt, das für das Ministerium des Inneren »eines anderen Bundeslandes registriert war und sich in Chemnitz befand«. Gutachten von Dr. Gerhard Schäfer, Seite 98.
- 29Das Ehepaar Michael und Antje Probst galt als Betreiber des rechten Szene Ladens »Sonnentanz« in Aue. Vgl. AIB Nr. 55.
- 30Carsten Szczepanski aus Königs Wusterhausen, wurde zwischen 1994 und Juli 2000 als V-Mann des brandenburgischen Verfassungsschutzes geführt. Er war 1995 wegen versuchten Mordes an einem Nigerianer zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Vgl. AIB Nr. 51
- 31Er soll zusammen mit Jan Werner ein Mitbetreiber von »Movement Records«, einem angesehenen Szenelabel für Neonazi-Bands gewesen sein.
- 32Thomas Starke machte auch im November 2000 umfangreiche Aussagen beim Landeskriminalamt zum Thema Unterstützerstruktur der Neonazi-Band »Landser« und fiel daurch bei seinen Kameraden in Ungnade. Damit er seine Aussage zurücknimmt, bekam er sodann einen »Hausbesuch« mit »zupackenden« Argumenten. Mit dabei waren u.a. Antje Probst und Jean-Rene B. aus erlin. Vgl. AIB Nr. 61.
- 33In der ausgebrannten letzten Wohnung des NSU in Zwickau wurden zwei Katzenpässe gefunden, die auf ihren Namen ausgestellt waren. Sie gab Beate Zschäpe ihre AOK-Versichertenkarte. Auch einen gefälschten Tennisklubausweis mit Strucks Namen und Zschäpes Foto fanden die Fahnder. Sie soll außerdem Anfang 1998 die Flüchtigen bei ihrem damaligen Freund Max-Florian Burkhardt untergebracht haben. Struck war Mitglied der neonazistischen Hilfsorganisation für politische Gefangene und deren Angehörige e.V. (HNG).
- 34Der heutige Abgeordnete der NPD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, David Petereit, war lange Jahre eine zentrale Figur des »Weissen Wolf«. Er trat um das Jahr 2000 als Anmelder der Internetseite der Publikation auf. Später wird als Verfasser und Hersteller David Petereit angegeben.
- 35Mittlerweile wurde bekannt, dass Zschäpe auch die Aliasnamen Beate und Beatrix Jahn benutzt haben soll.
- 36Matthias Dienelt wurde zwischenzeitlich als NSU-Unterstützer verhaftet. Er galt als Anhänger der »Weißen Bruderschaft Erzgebirge«. Vgl. AIB Nr. 93.
- 37André Eminger wurde am 24. November 2011 zwischenzeitlich als NSU Unterstützer verhaftet. Eminger soll Anhänger der »Weißen Bruderschaft Erzgebirge« gewesen sein. Vgl. AIB Nr. 93.
- 38Vgl. http://gamma.noblogs.org/archives/984#more-984
- 39Gutachten von Dr. Gerhard Schäfer, Seite 171, 172 und 232.
- 40Vgl. AIB Nr. 94
- 41Mandy Struck soll Kontakte zur Neonaziszene in Franken gehabt haben. So habe sie im Juli 2001 in Nürnberg rechte Flyer verteilt. Von 2002 bis 2003 war sie in Mittelfranken gemeldet und bewegte sich im Umfeld der »Fränkischen Aktionsfront«.