Neonazi-Terrorist Manfred Roeder aus Haft entlassen
Am 15. Februar 1990 wurde auf Veranlassung des Bundesgerichtshofs (BGH) der im Juni 1982 wegen Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung und versuchter Anstiftung zum Mord zu 13 Jahren Haft verurteilte Manfred Roeder auf Bewährung entlassen. Manfred Roeder ist nach der vorzeitigen Haftentlassung des Wehrsportgruppen-Chefs Karl-Heinz Hoffmann der zweite wichtige Neonazi, der in die Vergünstigung vorzeitiger Haftentlassung kommt. Er gehörte in den 1970er Jahren zu den führenden Personen der westdeutschen Neonazi-Szene.
Seine Neonazi-Karriere begann als CDU-Mitglied, nach seiner Übersiedlung von West-Berlin nach Bensheim im Jahre 1970. Dort gründete er eine „Bürgerinitiative gegen moralische und politische Anarchie e.V.“, die Ende 1971 in »Deutsche Bürgerinitiative e. V.« umbenannt wurde und vom Finanzamt in Darmstadt als gemeinnützig anerkannt wurde. 1975 gründete er eine "Freiheitsbewegung Deutsches Reich". Unter dem Beifall und mit Unterstützung beider christlicher Kirchen startete der Rechtsanwalt seinen Feldzug gegen „Sittenverfall, Pornographie und Dekadenz“. Dabei verknüpfte er seinen »Anti- Porno-Kampf« mit wilder antikommunistischer Hetze. Er versuchte z. B. mittels frei erfundener Zitate von Mao, Lenin u. a. den Eindruck zu erwecken, als ob die damalige »Sex- Welle« ein Trick der Kommunisten zur Eroberung der Macht sei. Neben seinen anfänglichen Überfällen auf »Sex-Messen« und ähnliche Aktionen im Rahmen seines damaligen »Kampfes« ging er auch gegen Kunstausstellungen, wie die Kasseler Documenta vor. Außerdem übersprühte er 1974 eine polnische Ausstellung über das KZ Auschwitz mit roter Farbe.
In den 1970er Jahren war Manfred Roeder zusammen mit dem Autor des Buches »Die Auschwitz-Lüge«, Thies Christophersen und Erwin Schönborn Drahtzieher der Zusammenarbeit der damals entstehenden NS-Gruppen. 1973 schrieb Roeder das Vorwort zu Thies Christophersens Buch "Die Auschwitz-Lüge".
Manfred Roeder war Wegbereiter intensiver Kontakte der Neonazis über die Grenzen hinweg. Im Herbst 1976 soll Roeder bei einer "World Nationalist Conference" in New Orlean/Louisiana gewesen sein. Veranstalter sollen u.a. James K. Warner und der "Grand Wizard" und der Ku Klux Klan, David Duke, gewesen sein.
Roeder hatte durch seine Reisetätigkeit gute Auslandskontakte, die er auch für seine Flucht Anfang 1978 nutzte. Er war 1978 in Flensburg wegen illegaler NS-Propaganda verhaftet worden und floh vor einer sechsmonatige Haftstrafe wegen Volksverhetzung ins Ausland. Sein Weg führte ihn laut Recherchen diverser AntifaschistInnen und JournalistInnen über die Schweiz, nach Österreich, Brasilien, Großbritannien, USA, Kanada, Südafrika, Damaskus, Beirut und Teheran. 1980 soll er schließlich im Iran politisches Asyl beantragt haben. In den USA soll er sich einen falschen Paß auf den Namen seines verstorbenen Freundes Rick Norton organisiert haben, um unter dessen Namen auftreten zu können. Er rühmte sich selber eine »verschworene Gemeinschaft« in 35 Ländern aufgebaut zu haben. Durch seine ausgedehnten Reisen, besonders nach Südamerika, zu Nazis und Kriegsverbrechern stellte er eine wichtige Verbindung zwischen alten und neuen Nazis dar. Im Juli 1980 soll er für mehrere Wochen den Amerikaner Tom Metzger vom "White Aryan Resistance" in Kalifornien besucht haben. Diese Kontakte pflegte er auch aus seiner Haft. Mit Hilfe seiner Frau Traudel Roeder, die weiterhin im „Haus Richberg“ genannt »Reichshof« im oberhessischen Schwarzenborn (Knüll, Schwalm-Eder-Kreis), der im Sommer 1975 mit Spendengeldern in Höhe von 170.000 DM gekauft worden war, residierte, brachte er monatlich Rundbriefe einer "Teutonic Unity" (New York/Buffalo) u.a. mit britischen Neonazis und dem Amerikaner Alexi Erlanger heraus. 1982 soll Traudel Roeder als Manfred Roeders "Vertreterin" von Richard Butler zum "World Congress" der amerikanischen "Aryan Nation" in Idaho eingeladen worden sein. In der Zeitschrift "Aryan Nations" von Butler ist Manfred Roeder immer wieder Thema. Er gilt hier u.a. als "der wirkliche große arische Führer des heutigen Europa".
Im Februar 1980 kam mit einem falschen Paß zurück in die BRD, um die "Deutschen Aktionsgruppen" zu gründen. Diese verübten im August 1980 insgesamt sieben Anschläge, darunter einen auf eine Schule, verübten. Bei diesen Terrorakten starben am 22. August 1980 zwei vietnamesische Flüchtlinge. Kurz darauf wurde Manfred Roeder verhaftet. Obwohl laut Bundesinnenministerium die Terrorgruppe "Deutsche Aktionsgruppen" 16 Mitglieder hatte, wurden von der BAW nur vier Leute angeklagt. Im Prozess wurde darauf verzichtet die Kontakte Roeders näher zu beleuchten und seine Geldgeber aufzudecken. Manfred Roeder wurde 1982 wegen Sprengstoffanschlägen, versuchter Anstiftung zum Mord und Rädelsführerschaft in der von ihm gegründeten rechtsterroristischen Vereinigung "Deutsche Aktionsgruppen"zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt. Die weiteren Angeklagten erhielten zum Teil lebenslange Freiheitsstrafen. Dazu gehörten die Radiologie-Assistentin Sibylle Vorderbrügge, der Arzt Heinz Colditz und der Werkarbeiter Raimund Hörnle.
Nach der jetzigen Haftentlassung ist mit weiteren Aktivitäten Roeders zu rechnen, da sogar die BGH zugeben mußte, daß Roeders politische Überzeugung von NS- Gedankengut durchsetzt ist. Ein erstes Treffen nach seiner Haftentlassung war für den 17./18. März 1990 bereits angesetzt. Als Gäste eingeladen seinen auch Neonazis aus »Mitteldeutschland«. Weitere "Freundschaftstreffen" auf seinem Anwesen in Schwarzenborn und internationale Reisen sollen bereits in Planung sein.