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RechtsRock im „Alten Gasthof“ in Staupitz

Exif-Recherche (Gastbeitrag)
Einleitung

Viel wurde in den letzten Monaten über die Neonazi-Location „Alter Gasthof“ im nordsächsischen Torgau OT Staupitz berichtet. Im Oktober 2022 gab es sogar erstmals eine Kundgebung antifaschistischer Gruppen im Ort. Im Februar 2023 wurde außerdem bekannt, dass dem Eigentümer von den Behörden das Gewerbe entzogen wurde, die Zukunft ist also ungewiss. Dieser Artikel möchte Hintergründe zu AkteurInnen und Netzwerken erläutern und Wissenslücken schließen. Eine längere Version dessen erschien zuerst bei „Exif Recherche“.

Flak Staupitz (Bild: Screenshot Facebook)
(Bild: Screenshot Facebook)

Das Konzert der Band „Flak“ (im Vordergund) in Staupitz zu Ostern 2018.

Als der frühere Gasthof Mitte der 2000er Jahre seinen Betrieb einstellte, befand sich die RechtsRock-Szene in einer Hochzeit. Sachsen bot eine Vielzahl von Neonazi-­Objekten und war eine Konzert-Hochburg. Ein Großteil dieser Locations musste aufgrund baubehördlicher Auflagen schließen. Ein günstiger Zeitpunkt für den „Alten Gasthof“. Rund 200 Neonazis sollen am 12. April 2008 nach Staupitz gereist sein. Es ist das erste bekannte Konzert im „Alten Gasthof“, bei dem u.a. „Hatelordz“ aus den USA spielten. Am 21. Juni 2008 wurde die Immobilie erneut zum Treffpunkt für bis zu 400 Neonazis, um u.a. „Saga“ (Schweden) und „Youngland“ (USA) zu sehen. Ein paar Events gingen noch über die Bühne, bis Mitte 2009 schlagartig Ruhe einkehrte. 2010 hieß es gar, das Gebäude sei baupoli­zeilich geschlossen worden. Die Szene störte dies zum Zeitpunkt kaum, denn sie hatte sich Locations wie die Gaststätte „Zur Deutschen Eiche“ im ostsächsischen Rothenburg, sowie den „Gasthof Zollwitz“ in Zschadraß erschlossen. Fast monatlich konnten damals Konzerte mit bis zu 300 Neonazis stattfinden.

Neustart

Im Januar 2011 öffnete der „Alte Gasthof“ seine Pforten wieder für Konzerte. Andreas B. soll die Immobilie von der Gemeinde erworben haben und erhielt eine Konzession zur Durchführung von Veranstaltungen, samt Ausschank und Verköstigung. Er setzte all das um, was die Behörden verlangt hatten. Andreas B. kümmert sich zudem um die Anmeldung der Konzerte bei der Stadt Torgau. Auch seine Partnerin Corina B. hilft bei der Vorbereitung und Umsetzung der Konzerte. Die Vermietung des Saals scheint die Haupteinnahmequelle von Andreas B. zu sein. Bis zu 55.000 Euro Umsatz können die Konzerte jährlich durch den Eintritt generieren. Hinzu kommen Einnahmen durch Getränke und Speisen.

Mitten im Dorf gelegen besitzt das zweistöckige Haupthaus eine Grundfläche von fast 600 qm. Der Konzertbereich dürfte davon rund zwei Drittel einnehmen. Nach außen dringt kaum ein Ton, die Polizei beobachtet meist aus einigen hundert Metern Entfernung. Ganze zwölf Beamte wolle man vor Ort einsetzen, heißt es im Vorfeld eines Konzertes im Februar 2023. Über die üblichen Verkehrskontrollen ging das Engagement an dem Abend jedoch nicht hinaus.

Menschenverachtung unter Auflagen

Konzerte dienen der Gemeinschaft und der Vernetzung“, heißt es in Bezug auf den „Alten Gasthof“ in den sozialen Netzwerken. Eine mittlerweile verschlossene Gemeinschaft, denn seit 2020 findet man öffentlich nur selten Ankündigungen. Waren es 2011 rund 1420 Neonazis jährlich die nach Staupitz reisten, besuchen seit 2014 durchschnittlich 2100 bis 2300 Neonazis jährlich den „Alten Gasthof“ - ausgenommen den Pandemie-Jahren 2020 und 2021. Zehn Konzerte im Jahr mit jeweils maximal 239 Personen. Das sind u.a. die Auflagen, die Andreas B. einzuhalten hat. Er arbeite „über das Maß“ mit den Behörden zusammen, so das Torgauer Ordnungsamtes gegenüber einer Lokalzeitung im Februar 2023.

Doch die Einhaltung der Auflagen scheint nicht immer zu „gelingen“. Mehrfach konnte eine deutlich höhere Auslastung beobachtet werden. Etwa zu Ostern 2016, als ein Konzert zum 35-Jährigen Bestehen der Bremer RechtsRock-Band „Endstufe“ in Staupitz statt fand. 333 Tickets habe man in den Vorverkauf gebracht, bis zu 400 Neonazis reisten schließlich an. Der sächsische Geheimdienst („Landesamt für Verfassungsschutz“) registrierte jedoch nur 240 Teilnehmende.

Bis in die jüngste Vergangenheit lassen sich etliche Konzerte aufzählen, wo die Grenze von 239 Personen deutlich überschritten wurde. Woher der Geheimdienst seine Zahlen her nimmt? Unklar. Vermutlich von „V-Personen“ oder dem „Erfahrungswert“ der anwesenden Polizist*innen.

Oft sind sich die Geheimdienste der Bundesländer nicht mal einig über die erfassten Zahlen. So „zählte“ die sächsische Behörde bei einem Konzert im August 2013 260 Neonazis, die Brandenburger Kollegen kamen auf 500. Zu einem Event im April 2015 nannten die Sachsen eine Zahl von 200-250, die Brandenburger veröffentlichten die Zahl 400 in ihrem Jahresbericht.

Richtig guter Auftritt und ordentliches Training für den rechten Arm“. So wird in einem internen Forum ein Konzert am 3. Februar 2018, u.a. mit „Squadron“ aus England beschrieben. Auch ein Foto von einem Konzert zu Ostern 2018 bestätigt, dass das Zeigen des Hitlergrußes vor Ort keine Seltenheit ist. Es zeigt die deutsche Band „Flak“ und das Publikum. Bei drei Personen aus der Menge erkennt man den strafbaren Gruß trotz Schwärzung. Selbst der brandenburgische Geheimdienst berichtet von solchen Handlungen. „Die Teilnehmer forderten die Band erfolgreich auf das Lied ‚Blut‘ zu spielen“ schreibt dieser zu einem Konzert am 5. April 2015. Mit „Blut“ ist der in der Szene weit bekannte Song „Blut muß fließen“ gemeint, wo es etwa heißt: „Wetz die langen Messer auf dem Bürgersteig! Lass die Messer flutschen in den Judenleib!“. „Vereinzelt wurde der Hitlergruß gezeigt“, merkt der Geheimdienst im selben Bericht zu einem Konzert am 8. August 2015 an.

Ins direkte Konzertgeschehen wurde nie eingegriffen. „Die Zeiten, in der die Polizei die politische Gesinnung der Bürger prüft, ist vorbei. Wenn keine Straftaten begangen werden, dürfen wir auch nicht eingreifen.“, teilte die Polizei in einem Zeitungsartikel 2011 mit. „Der Zutritt für Presse, TV und Polizei ohne vorherige Absprache ist nicht gestattet! Zuwiderhandlungen stellen einen straf­baren Hausfriedensbruch dar!“, heißt es auf einem Banner, der in Staupitz neben dem Einlass hängt. Dieser Annahme, dass die Konzerte unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, folgen auch die Behörden. Eine Absenz der Strafverfolgung ist die Konsequenz. Konzerte die – zumindest bis 2020 und heute eher selten - beworben werden und für die es einen Vorverkauf gibt, sind öffentlich. Würde dies anerkannt werden, könnte NS-Verherrlichung auch strafrechtlich verfolgt werden. Eines der Mittel, um Orte wie den „Alten Gasthof“ unattraktiv zu machen.

Tatsächlich wählten die Behörden im Februar 2023 aber einen anderen Weg. Sie entzogen Andreas B. das Gewerbe. Dagegen kann er nun Rechtsmittel einlegen, die Durchführung von Konzerten in der Zwischenzeit ist jedoch nicht ausgeschlossen.

Die Veranstalter aus der Region

Um einen reibungslosen Ablauf zu ermöglichen, braucht es mehr als unbeholfene Behörden, es braucht vor allem eingespielte VeranstalterInnen. In den Anfangsjahren waren es lokale Strukturen um den damaligen NPD-Stadtrat Kai Rzehaczek aus Eilenburg. Bis Anfang 2015 betrieb er gemeinsam mit seinem Sohn Paul Rzehaczek den extrem rechten „Nordsachsen Versand“. Der Link zwischen Staupitz und dem Versand entstand durch eine Telefonnummer, die sowohl im Impressum des Versands stand, als auch auf Flyern für Konzerte in Staupitz in 2011 genutzt wurde, um am Tag des Events die Anreise zu koordinieren.

Der RechtsRock-Mogul aus Cottbus

Schnell kamen in Staupitz auch Neonazis aus dem „großen“ RechtsRock-Geschäft hinzu. Einer der Ersten war Martin Seidel aus Cottbus, der seit Jahren mit seinem Label „Rebel Records“ weltweit aktiv ist. Eines der ersten Konzerte in Staupitz, das Seidel zugeschrieben wird, fand im August 2011 statt. Damals trat auch seine Band „Hausmannskost“ auf, die bis heute für über 15 Konzerte in Nordsachsen angekündigt wurde. Ab 2011 nutzte er für die Organisation von Konzerten vor allem den Namen „Kraft durch Musik“ (KdM) und war zudem zwischen 2012 und 2016 für eine Reihe von NS-Hardcore-Konzerten mitverantwortlich. Zuletzt war er im Oktober 2022 an einem zweitägigen Konzert unter dem Motto „Der Osten rockt gegen Kommunismus II“ beteiligt. Bis Ende 2022 wirkte er maßgeblich an rund 30 Konzerten in Staupitz mit. Auch für andere Gruppen gilt er für die Location als Ansprechpartner. So fand etwa im November 2019 ein Konzert aus dem NS-Black Metal-Bereich statt, hinter dem „Neuschwabenland Konzerte“ (NSL) steckte. Tickets konnten über Seidels „KDM/Rebel Records“ erworben werden, während NSL darauf hinwies, dass man nur „eine nicht personengebundene Bezeichnung für Menschen“ sei „die künstlerische Darbietungen unterstützen“.

Seinem Nahumfeld tut Seidel ebenfalls diesen Gefallen. Etwa im Januar 2012, wo u.a. „Blackout“ aus England in Staupitz spielten, intern jedoch zur Geburtstagsfeier von Christian K. geladen wurde. K. gehört seit den 2000er Jahren der „Hammerskin Nation“ (HSN) an, eine elitäre neonazistische Bruderschaft. Weitere Konzerte dieser Organisation fanden im März 2012, im März 2014 und im Dezember 2015 in Staupitz statt. Bei letzterem waren „Hammerskins“ aus den USA, Schweden, Ungarn und ganz Deutschland vor Ort, die sich dort selbstsicher mit ihren Abzeichen präsentierten. Mit Seidel hat die HSN einen langjährigen Unterstützer, der über „Rebel Records“ namhafte Bands aus ihrem Milieu produziert und selbst auf Events der „Bruderschaft“ zu Gast ist.

„...bis zum nächsten Holocaust 2018!“ - die MS 88

Als die „White Society“ im April 2015 ein Konzert u.a. mit „H8Machine“ (USA) ankündigte, wurde „Rebel Records“ als Vorverkaufsstelle genutzt. Die Fäden zog jedoch eine Kameradschaft aus der Region Oberhavel in Brandenburg: die 2011 gegründeten „Märkischen Skinheads 88“ (MS88) um Robert Wolinski und Robert We. Deren Zusammenarbeit mit Seidel und der Cottbuser Szene wurde bereits 2007 deutlich, als der 19-jährige Wolinski beim „Fest der Völker“ in Jena am Stand von „Rebel Records“ saß. Schon 2014 organisierten die MS88 Konzerte in Staupitz.

In Brandenburg kannte man die Gruppe u.a. von Konzerten wie im Juli 2013 in Finowfurt, zu dem über 700 Neonazis anreisten. Später, im Juni 2016, versuchten die MS88 unter der Firmierung „MVD“ gar ein Neonazi-Festival in Brandenburg umzusetzen. Headliner des letztlich verhinderten Events sollte „H8Machine“ (USA) sein, zu der - wie auch zu „Blue Eyed Devils“ (USA) und „Deutsch Stolz Treue“ aus Berlin - die MS88 eine enge Beziehung pflegen. Die Bands und die MS88 gelten als Unterstützer der „Hammerskin Nation“.

In Staupitz konnten sich die MS88 etablieren. Knapp 20 Konzerte wurden unter ihrer Regie bis 2020 durchgeführt. „Nette Leute inkl. super funktionierenden Saalschutz, also bis zum nächsten Holocaust 2018!“, lobt ein Teilnehmer ein Konzert der Gruppe im Februar 2018. Ein Verweis auf das Album „Holocaust 2000“ von „Blue Eyed Devils“, die an dem Abend in Staupitz gespielt hatten.

Yves Rahmel und „PC Records“

Neben „Rebel Records“ gehört „PC Records“ aus Chemnitz zu den weltweit agierenden RechtsRock-Labels. Dessen Aushängeschild Yves Rahmel – einst Geschäftsführer, heute „nur“ Angestellter im Unternehmen - stieg um 2013 ins Konzertgeschehen in Staupitz ein. Bis 2023 konnte er dort rund 40 Konzerte (mit-)veranstalten. Zunächst galt er als Drahtzieher der Solidaritäts-Konzerte für die Neonazi-­Aufmärsche in Dresden und Chemnitz. Zu einem jüngsten Konzert dieser Art im Februar 2023 kamen bis zu 230 Neonazis in Staupitz zusammen, um u.a. „Spree­geschwader“ aus Berlin live zu sehen.

Ab 2014 ging Rahmel dann mit der „This Is White Noise“-Reihe in die Vollen. Im September 2019 feierte die Reihe in Staupitz mit Bands wie „Noie Werte“ ihre zehnte Auflage. Im Sommer 2022 folgte ein zweitägiges „This Is White Noise-Fest“, auf dem u.a. Bands aus Finnland und Italien auftraten. Darüber hinaus war Rahmel 2016, 2018 und 2019 im „Alten Gasthof“ an der Organisation von Konzerten beteiligt, bei denen neofaschistische Bands aus Japan spielten. „Wer durch dumme Sprüche auffällt, fliegt raus!“ heißt es auf einem Flyer in diesem Rahmen bezüglich möglicher rassistischer Äußerungen. Seine weltweiten Kontakte pflegt Rahmel persönlich. Allein 2019 sind Reisen zu Konzerten nach Chile, Brasilien, in die Ukraine und nach Italien dokumentiert. 2017 hielt er sich in Japan auf.

Bei der Umsetzung der Konzerte in Staupitz erhielt er vor allen Unterstützung von seinem engen Weggefährten Holger M. aus Sachsen-Anhalt. Beide wurden schon vor rund zehn Jahren auf RechtsRock-Konzerten als Duo festgestellt, Holger M. explizit als Gehilfe des Chemnitzer Labels. Ähnlich verhält es sich es mit Steve Geburtig, dem heutigen Geschäftsführer von „PC Records“. Er, sowie der bekannte Chemnitzer Neonazi Tim K., sind in Staupitz ebenfalls eingebunden, wie auch der lokale NPD-Kader Stefan Trautmann. Dieser konnte dort u.a. als Park-Einweiser beobachtet werden.

Über „PC Records“ selbst werden Konzert-Shirts verkauft, wie auch Benefiz-­Klamotten für den „Alten Gasthof“. Um diesem in der Corona-Pandemie „etwas Gutes“ zu tun, heißt es im Web-Shop, denn man habe sich einen „kleinen Freiraum geschaffen, wo auch sonst so ‚unliebsame‘ Bands ihre Lieder trällern können ohne vorher bei Sittenwächtern und Gutmenschen Buße tun zu müssen“.

„Northsidecrew“ als „Saalschutz“

Keine Karte = Kein Einlass ! Handy müssen draußen bleiben“. Um die Durchsetzung dessen kümmert sich im „Alten Gasthof“ ein aus zehn bis fünfzehn Personen bestehender „Saalschutz“, der sich aus der Brandenburger Gruppierung „Northside­crew“ (NSC) rekrutiert.
Die Anfang der 2010er Jahre gegründete „Bruderschaft“ ist ein Zusammenschluss von Neonazis aus dem Kampf­sport-, Hooligan- und Security-Milieu und unterhält Ableger in Gröden und Lübben. Als „Team Greifvogel“ und „Preußen Gloria“ traten Akteure der NSC in den letzten Jahre regelmäßig bei extrem rechten Kampfsport-Events wie dem „Kampf der Nibelungen“ und dem „Tiwaz“ an. In Staupitz sind es die NSC-Mitglieder, die den BesucherInnen ihre Fremdgetränke abnehmen und Bodychecks durchführen. Im Konzert-Saal wird die Gruppe als Sicherheitsdienst eingesetzt.

Selbstbespaßung oder Organisationszweck?

Im „Alten Gasthof“ kommen Organisationen zusammen, die sonst die Öffentlichkeit scheuen. Akteure der „Hammerskin Nation“ treffen sich vorrangig bei Events von Martin Seidel und den MS88. Die Kreise des internationalen „Blood & Honour“-Netzwerkes (B&H) fand sich in Staupitz hingegen bei den Konzerten von Yves Rahmel und Co. ein. B&H ist in Deutschland seit 2000 verboten. Im März 2006 war Rahmel von den bundesweiten Durchsuchungen gegen die „Division 28“ betroffen, einer Nachfolgestruktur von B&H in Deutschland. Auch wenn das Verfahren bei ihm 2010 eingestellt wurde, weist er bis heute gewisse Bezüge zu dem internationalen Netzwerk auf. Ähnlich wie sein Mitstreiter in Staupitz, Holger M., der B&H bereits in den 1990ern Jahren angehörte und auch in die Folgestrukturen nach dem Verbot involviert war.

Die Konzerte in Staupitz, die Rahmel und seiner Konzert-Crew zugerechnet werden, deuten ebenfalls auf einen B&H-Hintergrund hin. So ist etwa die Band „Sokyra Peruna“, die 2017 und 2018 in Staupitz auftrat, das Aushängeschild von B&H in der Ukraine, ihr Sänger Arseniy „Bilodub“ Klimachev gilt als Kontaktperson der Organisation. Auch die deutschen Bands „Blitzkrieg“ und „White Resistance“, wie auch „Mistreat“ und „Sniper“ aus Finnland und „Brutal Attack“ aus England werden dem Netzwerk zugeordnet und spielten schon mehrfach in Staupitz. Die italienische Band „Gesta Bellica“ nutzt sogar ein Logo, das den lateinischen Schriftzug für „Blood & Honour“ zeigt. Gitarrist Alessandro Castorina gehört den „Veneto Fronte Skinheads“ an, die als Ableger von B&H in Italien gelten. Die Italiener waren schon oft in Staupitz zu Gast, teilten sich etwa im September 2019 die Bühne mit „Warlord“ aus England. Steve „Stigger“ Calladine, Sänger von „Warlord“, spielte bereits bei „Skrewdriver“ um B&H-Gründungsfigur Ian Stuart Donaldson. In Calladines Anhang befand sich 2019 in Staupitz auch Robert „Ginger Rob“ Talland aus England, Führungsfigur von B&H in Europa und Betreiber des Labels „Rampage Productions“. Er ist Anhänger der alten Netzwerke von B&H, ähnlich wie Yves Rahmel, die heute z.T. unter dem Decknamen „28 Europe“ auftreten. Diese Kreise sind nicht identisch mit „Blood & Honour – Combat 18“ oder dem Netzwerk, dass sich im Sommer 2022 in München wegen Wiederbetätigung von B&H verantworten musste.

Die Konzerte in Staupitz sind legale Treffpunkte dieser teils illegalen Netzwerke. Es sind Orte an denen Zukunftspläne besprochen werden können, die Gemeinschaft gestärkt wird und Gelder erwirtschaftet werden. Gelder, die in die „Sache“ fließen, wie es oft heißt. „Die Sache“, damit ist der Drang nach „weißer Vorherrschaft“ gemeint, in dessen Zuge es immer wieder zu schweren Gewalttaten kommt. Auf das Konto der „Hammerskin Nation“ gingen bislang etliche rassistische motivierte Morde und Anschläge. „Blood & Honour“ war in Thüringen und Sachsen vor allem als engste UnterstützerInnen-­Struktur im NSU-Komplex bekannt.

Darüber hinaus ist der „Alte Gasthof“ ein Ort des Zusammenkommens von Schlüsselfiguren aus dem weltweit agierenden RechtsRock-Geschäft. Ob Rzehaczek, Seidel, Wolinski oder Rahmel: gegen alle wurde bereits wegen der Verbreitung oder Produktion strafrechtlich relevanter CDs ermittelt. Teils folgten Strafen. Ob die genannten Personen dies auch auf den Konzerten in Staupitz aktiv verfolgten, ist nicht verifizierbar. Denn solange sich die Polizei auf Verkehrskontrollen fokussiert, gilt im „Alten Gasthof“: wo kein Kläger da kein Richter.

Andreas B. mache sich hingegen eher um „mögliche Überraschungsbesuche (…) aus Connewitz“ Gedanken. Schließlich war der „Alte Gasthof“ 2016 und 2017 Angriffsziel von Antifaschist*innen.