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„Der III. Weg“ bei den Kommunalwahlen in Brandenburg

Initiative „ausdemweg.net“ (Gastbeitrag)
Einleitung

Der Neonazi-Partei "Der III. Weg" ist es gelungen, sich durch die Eingliederung mehrerer altbekannter Neonazikader und einem Bündnis mit lokalen Neonazi-Strukturen im Norden Brandenburgs festzusetzen.

Mario Schulz Der III. Weg
(Foto: Pressefuchs)

Mario Schulz auf einem Aufmarsch der Partei "Der III. Weg" am 21. Januar 2023 in Pritzwalk.

Am 9. Juni 2024 fanden in Brandenburg Kommunalwahlen statt. Zum ersten Mal nahm auch die Partei „Der III. Weg“ an diesen Teil. Die Partei hat Kandidat*Innen für Kommunen in den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin, Prignitz und Uckermark aufgestellt. Diese Regionen Nordbrandenburgs stellen im Moment die Schwerpunkte der Aktivitäten der Partei dar. Der Partei ist es gelungen, sich durch die Eingliederung mehrerer altbekannter Neonazikader und einem Bündnis mit lokalen Kameradschaftsstrukturen im Norden Brandenburgs festzusetzen.

Landkreis Uckermark – Bundesvorsitzender und Brandstifter

Kopf hinter den Entwicklungen der Partei bleibt der kandidierende Bundesvorsitzende Matthias Fischer aus Angermünde. Neben ihm treten auch seine Frau Tanja Fischer und Ives Denk für den Kreistag im Landkreis Uckermark an. Tanja Fischer trat bereits 2008 und 2014 gemeinsam mit ihrem Mann zu Kommunalwahlen in Fürth an, damals noch für die NPD bzw. „Bürgerinitiative Soziales Fürth“ (BiSF), die als eine Art Tarnorganisation der Kameradschaft „Freies Netz Süd“ genutzt wurde und deren stellvertretende Vorsitzende Tanja Fischer war. 

Mit Daniel Mörke komplettiert ein jahrzehntelang aktiver gewalttätiger Neonazi die Liste der KandidatInnen in der Uckermark. Mörke, der im Januar 2019 auf einer Aktion der Partei in Angermünde in Erscheinung trat und kurz darauf an einer Demonstration der Partei in Fulda teilnahm, ist vor allem durch sein Mitwirken an einem Brandanschlag durch Neonazis im Jahr 1998 bekannt. Aus einer Gruppe von etwa 30 rechten Jugendlichen warf er Molotowcocktails auf das „Alternative Literaturcafé“ in Angermünde. Für seine Beteiligung am Anschlag erhielt Mörke mehrere Jahre Haft, unterstützt wurde er dort von der mittlerweile verbotenen „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige“ (HNG) . Später organisierte er sich dann im „Märkischen Heimatschutz“ (MHS), einem Kameradschaftsnetzwerk mit Ursprung in der Uckermark, welches von 2001 bis 2006 bestand. Heute vergeht kaum eine Demonstration vom „III. Weg“ ohne die Beteiligung von Mörke. So war er auch am 1. Mai mit einer Reisegruppe aus Berlin bei der Demonstration der Partei in Sonneberg, während zeitgleich in der Uckermark Wahlkampf betrieben wurde.

Landkreis Prignitz – Neonazi Bauern

Im Raum Prignitz organisiert sich die lokale „Der III. Weg“ Struktur um den Landwirt Mario Schulz aus Lanz. Dieser war seit den 1990er Jahren in der lokalen NPD aktiv und stieg bis 2003 zum Brandenburger Landesvorsitzenden auf, nur um sich kurz danach von dieser wieder abzuspalten und die „Bewegung Neue Ordnung“ (BNO) zu gründen. Für deren Tarnorganisation „JA zu Brandenburg“ konnte Schulz 2004 zwei Prozent der Erststimmen in seinem Wahlkreis erreichen. Für die Partei „Der III. Weg“ kandidierte Schulz bereits 2022 erfolglos zur Landratswahl. Zusammen mit ihm treten seine Frau Karin Schulz und als mutmaßlich weiteres Familienmitglied Stefan Schulz zu den Wahlen an. Außerdem kandidiert Lutz Meyer aus Alt Krüssow  ebenfalls in der Prignitz. Meyer ist bereits seit über 20 Jahren politischer Wegbegleiter von Mario Schulz und in der BNO.

Der letzte, eher unbekannte Kandidat für die Prignitz ist Benjamin Weise, dieser trat bislang nicht nachweislich auf Parteiveranstaltungen auf. Sämtliche Kandidierende in der Prignitz eint, dass sie in der Landwirtschaft tätig sind. Das führte in der Region bereits mehrfach dazu, dass die Partei „Der III. Weg“ sich das Label der Bauernproteste für ihre Aufmärsche zu eigen machte.

Landkreis Ostprignitz-Ruppin: Bündnis mit der lokalen Kameradschaftsszene

Im Raum Wittstock existiert seit mittlerweile Jahrzehnten eine Neonaziszene, die es geschafft hat eine hegemoniale Stellung in der Stadt und dessen Umland aufzubauen. Kern dieser Struktur ist Sandy Ludwig, Inhaber eines Tattoo Studios in Wittstock und Mitgründer der 2016 vom Innenministerium verbotenen „Weisse Wölfe Terrorcrew“ (WWT). Im Jahr 2017 wurde Ludwig für einen Angriff auf alternative Jugendliche zu zwei Jahren Haft verurteilt.

Dass „Der III. Weg“ im Raum Wittstock aktiv ist, setzt die Duldung der lokalen Neonazis voraus. So beteiligten sich an Demonstrationen der Partei eine Vielzahl an Mitgliedern der lokalen Kameradschaften. Darunter Personen aus dem Kreis der ehemaligen „Freien Kräfte Ost“. Mit Patrick Dühmke aus Wittstock stellt der „Der III. Weg“ einen altbekannten Kader aus den lokalen Kameradschaftsstrukturen auf. Dühmke ist bereits seit 2014 auf Neonazi Veranstaltungen in Wittstock anwesend. Am 4. März 2022 beteiligte er sich zum ersten mal an einer Veranstaltung des „Der III. Weg“, deren Struktur er bereits seit spätestens 2021 angehört. 

Die Brandenburger Kommunalwahl verdeutlicht eine sich seit längerem abzeichnende Entwicklung. „Der III. Weg“ tritt öffentlich fast nur im Norden des Bundeslandes in Erscheinung. Durch Bündnisse mit lokalen Neonazistrukturen kann die Partei in der Uckermark und im Raum Wittstock und Wittenberge Demonstrationen durchführen und neue Kader für die Struktur gewinnen. Große Mitgliederzahlen lassen sich dadurch jedoch nicht generieren. Bis jetzt gelingt es der Partei nicht, sich im Bundesland flächendeckend auszubreiten.

Berlin: Auffangbecken und völkische Familienstrukturen

In der neonazistischen Szene Berlins gibt seit wenigen Jahren eine einzige Struktur den Ton an, „Der III. Weg“. Als 2013 in Heidelberg die Partei gegründet wurde, befand sich die Berliner Neonaziszene in einem Umbruch. Das seit Jahren tonangebende Netzwerk „Nationaler Widerstand Berlin“ (NW Berlin) war durch die Abschaltung der zentralen Internetseite, sowie durch langjährige antifaschistische Gegenwehr geschwächt. In der anschließenden Phase der Neuorientierung wechselten viele Neonazis in den Berliner Kreisverband der NPD oder bauten andere Strukturen wie den lokalen Kreisverband von „Die Rechte“ auf. Die NPD ist aufgrund interner Probleme, der Abwanderung von Führungspersonal und dem Druck durch ein lange Zeit befürchtetes Verbot nur noch ein Schatten ihrer selbst. Die „Autonomen Nationalisten“ sind als politische Strömung nicht mehr erkennbar und die rassistischen Mobilisierungen gegen Geflüchtete nutzten vor allem der AfD, während klassische Neonaziorganisationen verschwanden. 

Die entstandene Lücke in der militanten Neonaziszene nutzte anschließend die Partei „Der III. Weg“ und wurde zur tonangebenden Struktur. Im gleichen Jahr 2015 erfolgt die Gründung eines Stützpunktes in Berlin. Die zu diesem Zeitpunkt noch sehr instabile Berliner Struktur profitierte stark von der Brandenburger Struktur rund um den heutigen Bundesvorsitzenden vom „Der III. Weg“ Matthias Fischer. 

Die ersten Jahre in Berlin waren holprig und von stetigem personellen Wechsel geprägt. Von den mutmaßlichen Gründungsmitgliedern tritt heute niemand mehr öffentlich für den Berliner Stützpunkt auf. Ab 2017 ließ sich ein Aufschwung für die Partei feststellen. Wichtiger Grund dafür war der heutige Stützpunktleiter Oliver Oe., er trat ab 2016 für die Partei in Erscheinung. In diesem Zeitraum schlossen sich viele altgediente Akteure aus dem „NW Berlin“ dem Berliner Stützpunkt an. 

2021 mündete die Annäherung an die Neonazis der „Division MOL“ aus Märkisch-­Oderland in der Gründung einer Jugendgruppe vom „Der III. Weg“. Mittlerweile nennt sich die Jugendstruktur „Nationalrevolutionäre Jugend Berlin-Brandenburg“ (NRJ). Vor dieser Entwicklung war „Der III. Weg“ beinahe ausschließlich ein Auffangbecken für altgediente Neonazis ab ihren späten Dreißigern. Der offensichtliche Schwerpunkt der Partei liegt momentan auf der Jugendarbeit, also einem konsequenten Ausbau der NRJ. Für den „III. Weg“ sind demnach junge Menschen besonders interessant, die den gewünschten Bezug zu „Heimat und Nation“ haben, bereits Teil völkischer Familienstrukturen sind oder eine solche Ersatzfamilie suchen. Es ist dementsprechend kein Zufall, dass die NRJ Berlin/Brandenburg maßgeblich von jungen Neonazis aus rechten Elternhäusern gegründet wurde.

Ein verbindendes Element zwischen der NRJ und den älteren Kadern ist der Kampfsport. Die „AG Körper und Geist“, erkennbar am Wolfskopf im Logo, ist aus den Aktivitäten von Parteikadern im Kampfsport entstanden. Die Arbeitsgruppe ist eine formale Struktur der Partei. Das Ziel dieser Aneignung von Gewaltkompetenz ist die Vorbereitung auf gewaltsame Übergriffe auf politischen Gegner*innen und den herbeigesehnten Tag des politischen Umsturzes.