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Irland: Die „National Party“

George Gilmore (Antifascist Action Ireland) (Gastbeitrag)
Barret Irland
(Bild: Screenshot YouTube/nationalpartymedia6585)

Justin Barret beansprucht die irische „National Party“ zu führen.

Seit 2016 ist Justin Barrett Vorsitzender der irischen „National Party“ (NP). 2023 kam es zu einem Streit mit dem stellvertretenden Vorsitzenden James Reynolds, in dem beide Männer beanspruchten, die Partei zu führen. Im Laufe der Jahre hat die „National Party“ bei den irischen WählerInnen kaum Anklang gefunden, mit dem Abgleiten von Barret in den offenen Neonazismus wird sich dies wohl auch nicht ändern. Die Reynolds-Fraktion konnte zwar für die Wahlen zum Europäischen Parlament und für die Kommunalwahlen Kandidaten aufstellen, angesichts des Wettbewerbs mit anderen extrem rechten Bewegungen werden aber auch sie zu kämpfen haben.

Aufruhr in Fermanagh

Im Alter von 51 Jahren betrat Justin Barrett auf dem Ardfheis (Jahreskonferenz) 2022 der „National Party“ (NP) die Bühne und wirkte sichtlich verunsichert. Zuvor war es im "Lough Erne Golf Resort" in Fermanagh zu einer Konfrontation mit antifaschistischen Demonstrant_innen gekommen, bei welcher NP-Mitglieder verletzt wurden. Während seiner Rede zeigte Barrett den „römischen Gruß“ und bezeichnete sich selbst als „Faschist“. 

Barrett wurde in der irischen Politikszene erstmals als Mitglied der “Youth Defence“ (YD) bekannt. Im Jahr 1992 war er in der Anti-Abtreibungs-Bewegung aktiv und kämpfte gegen die Pläne zur Änderung der Verfassung. In einem Flugblatt hieß es „Die Regierung fordert uns, das irische Volk, auf, die Tötung von kleinen Babys zu legalisieren“. Im Laufe der Jahre hat Barrett seine Ansichten nicht geändert. In der Ardfheis-Rede von 2022 war er zwar mit dem antifaschistischen Protest beschäftigt, verwies aber dennoch auf die Aufhebung des achten Zusatzartikels der die Abtreibung in Irland gesetzlich regelte. 

In den fast vier Jahrzehnten, in denen Justin Barrett an der extremen Rechten der irischen politischen Landschaft aktiv war, hat er Beständigkeit in seiner  Ideologie bewiesen. Für Barrett war es gleichgültig, ob er in der Volkspartei „Fine Gael“, als Sprecher der militanten Anti-Abtreibungsbewegung YD oder als Vorsitzender der „National Party“ (NP) auftrat, er hielt an denselben Überzeugungen fest. Die Themen, die Barrett bewegen, beschränken sich jedoch nicht auf Abtreibung und Antikommunismus, er hat sich auch regelmäßig gegen Einwanderung ausgesprochen, die LGBT-Gemeinschaft kritisiert, den Liberalismus verurteilt, die Reformen in der katholischen Kirche kritisiert und so weiter.

Hitler-Posting & Spaltungen

Nach dem Zusammenstoß mit Antifaschist_innen in Fermanagh spaltete sich die NP. Die bösartige Kommunikation zwischen den verschiedenen NP-Fraktionen auf Telegram, X, Instagram und YouTube machen die Spaltung unwiderruflich. 

Der erste öffentliche Hinweis kam mit der Enthüllung von Barrett, dass Goldbarren im Wert von 400.000 Euro, die in Tresoren der NP und prominenter NP-Mitglieder wie James Reynolds und Paul Conroy in Dublin gelagert waren, entfernt worden seien. Barrett schaltete die Polizei ein, um die Finanzen der Partei zu untersuchen. 

Reynolds und Conroy sind Führer der gegnerischen Fraktion, die für sich in Anspruch nimmt, die legitime Führung der NP zu sein. Mehrere seiner strategischen Entscheidungen riefen in der Partei Widerstand hervor. Reynolds war drei Jahrzehnte lang mit Barrett befreundet, was bis in ihre gemeinsame Zeit bei YD zurückreicht, aber erklärte in einem Zeitungsartikel: „Herr Barrett ist jetzt in den Augen der Mitglieder der Nationalen Partei ein geschlagener Schläger.“ Das Debakel um die verschwundenen Goldbarren ist vergleichbar mit dem Fiasko von Barretts Beteiligung an den Volksabstimmungen über den Vertrag von Nizza in den Jahren 2001 und 2002. 

Barrett, damals erst 31 Jahre alt, gründete zusammen mit dem pensionierten Richter am Obersten Gerichtshof Rory O‘Hanlon die Kampagne „Nein zu Nizza“, um gegen die Ratifizierung des EU-Vertrags von Nizza zu kämpfen. Viele Parteien und Kampagnen-Gruppen mobilisierten mit der „Allianz gegen Nizza“, in der sich die Grüne Partei, Sinn Féin, die Sozialistische Partei und eine Reihe unabhängiger Abgeordneter auf der Nein-Seite zusammenschlossen. Die meisten weigerten sich zwar, mit Barretts Kampagnengruppe zusammen zuarbeiten, aber sie war finanziell gut ausgestattet und hatte mit riesigen Plakaten eine große Wirkung. 

Barretts Prominenz in der „No to Nice“-Kampagne erwies sich dann als schwerwiegende Fehler, als öffentlich bekannt wurde, dass er seit langem Verbindungen zur deutschen Neonazi-Partei, der "Nationaldemokratischen Partei Deutschland" (NPD), und zur italienischen (post)faschistischen Organisation "Forza Nuova" (FN) unterhielt und an deren Kundgebungen teilgenommen hatte. Im Oktober 2002 beschrieb Derek Scally als Korrespondent der "Irish Times" eine NPD-Veranstaltung in Passau.1 In demselben Artikel erklärte Holger Apfel, der damals stellvertretende NPD-Vorsitzende: „Justin Barrett war Ehrengast bei unserer Veranstaltung in Passau. Ich habe ihn eingeladen. Er saß bei den Delegierten. Mit seiner Gruppe stehen wir seit 1996 in Kontakt. Wir sind mit seiner Youth Defence Organisation befreundet“.2 Barrett, der anfangs seine Teilnahme bestritt, war gezwungen, sich aus der Kampagne zum Vertrag von Nizza zurückzuziehen. Damals hatte Barrett noch bestritten Neonazi zu sein.3

Doch nach dem Ardfheis 2022 postete er ein Zitat von Hitler auf seinem Telegrammkanal. In der Folgezeit war sein Abstieg in die offen neonazistische Politik unaufhaltsam. Im November 2023 erschien er bei einer Demonstration mit einem Mantel im Stil eines SS-Offiziers. Im April 2024 wurde Barrett von der irischen Wahlkommission als Vorsitzender der NP bestätigt. In einer Rede nach dieser Entscheidung machte Barrett deutlich, dass das Zitat aus Hitlers „Mein Kampf“ oder das Tragen des SS-Mantels keine Verirrung waren. Barrett leugnete den Holocaust, sprach sich gegen die Demokratie aus und vertrat das Führerprinzip. Obwohl er darauf achtete, das Wort „Jude“ nicht zu verwenden, war er eindeutig antisemitisch, als er über die „eine Art von Menschen“ sprach, die mit dem internationalen Finanzkapital in Verbindung gebracht würde. Als ein Podcast des „Irish Independent“ den Antisemitismus nicht erwähnte, postete Barrett auf Telegram: „Sehr enttäuscht über den fehlenden Hinweis auf den ziemlich offenen Antisemitismus, um ehrlich zu sein... :-I“. Einige Tage später schrieb er, dass die Anti-Immigrations-Bewegung „Nazi-­Brownshirts“ brauche, um mit der Ordnungspolizei „Garda Síochána“ fertig zu werden.

„Gemäßigte Fraktion“

Barrett beklagte, dass die Fraktion der NP, die Reynolds unterstützt, nach Fermanagh einen Schwenk in eine rechtspopulistischere Richtung machen wolle. Wie „moderat“ die Reynolds-Fraktion ist, lässt sich bezweifeln. 

Im Februar 2024 wurde der NP-Aktivist John Tate wegen zweifacher Brandstiftung an einer Straßenbahn in Dublin und Verkehrsbehinderung während der Ausschreitungen gegen die Einwanderung in Dublin im vergangenen November angeklagt. Auch nach der Anklageerhebung verteilte Tate mit seiner NP-Fraktion Flugblätter. Im März 2024 verbreitete Keith Woods, ein führender Unterstützer der Reynolds-Fraktion, ein Video des Holocaust-Leugners David Irving, während ein anderes NP-Mitglied Italien besuchte, um einen Vortrag im neofaschistischen Treffpunkt „Casaggì Firenze - Spazio Identitario“ in Florenz zu halten. Außerdem leitete Yan Mac Oireachtaigh von der NP im März 2024 einen Protest vor der südafrikanischen Botschaft zur Unterstützung von Francois van der Merwe, dem Führer der "Betereinders Bewegung"4, der wegen Angriffs auf einen Polizeibeamten angeklagt war. Van der Merwe protestierte zur Unterstützung des weißen Rassisten Piet Groenewald, der wegen versuchten Mordes an einem Schwarzen Angestellten angeklagt wurde.5

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  • 1

    1999 nahm Barrett an einer Konferenz der JN/NPD in Deutschland teil und am 27. Mai 2000 sprach er bei der NPD in Passau. Florentine Rost van Tonningen aus den Niederlanden und Derek Holland gehörten zu den Ehrengästen. Ein irischer Journalist erwähnt eine Videoaufzeichnung der Kundgebung. Die AFA-Ireland hofft, das AIB-Leser_innen eine Kopie haben und bereit sind diese zu teilen.

  • 2

    irishtimes.com/news/neo-nazis-affirm-links-with-youth-defence-1.1098966

  • 3

    rte.ie/news/2002/1011/30826-nice/

  • 4

    Die Betereinders/Bittereinders (Afrikaans: [ˌbətərˈɛindərs]) oder „Unversöhnlichen“ waren eine Gruppe von Buren-Guerillakämpfern, die sich in der Spätphase des Zweiten Burenkriegs (1899-1902) den Streitkräften des britischen Empire widersetzten.

  • 5

    Pieter Groenewald (63), ein ehemaliger Oberst der SA Defence Force hatte zuvor für zehn Jahre das Land nach Portugal verlassen, während er wegen des Mordes an zwei Männern 1990 auf Kaution frei war. Er wurde beschuldigt Simon Koba (28) und Prince Makena (30) im Stil einer Hinrichtung ermordet zu haben. Zuvor fragte er die Opfer ob sie die „Wit Wolwe“ (Weiße Wölfe) kennen würden - eine rassistische Terrorgruppe, die in den 1980er Jahren in Tshwane aktiv war.