Rechtsausleger: Die Umtriebe des Neonazi-Kampfsportlers Oskar Faust
Periskop (Recherche- und Informationsportal Leipzig)Der Leipziger Kampfsportler Oskar Faust kann auf Unterstützung lokaler und überregionaler Neonazis zählen, in deren Netzwerke er eingebunden ist. Dessen Aktivitäten spielten sich in einer rechten Mischzene, zwischen Hooligans, Kampfsportlern und dem „Hells Angels MC“ ab.
Oskar Faust (li.) beim Neonazi-Aufmarsch am 21.12.2024 in Magdeburg.
Anfang Juli 2025 gastierte das Kampfsportevent „Ringlife Talents“ in Bonn. Namensgebend für das Event ist der YouTuber und Influencer „Ringlife“ alias Edmon Avagyan. In der deutschen Kamfpsportszene hat er eine Strahlkraft, von der auch der extrem rechte Kampfsportler Oskar Faust profitieren sollte, der für einen Kampf im Schwergewicht eingeplant war. Nach öffentlichem Bekanntwerden von Fausts neonazistischen Aktivitäten strich der Veranstalter ihn von der Fight Card. Fausts Versuchen, sich im Kampfsport zu etablieren, tat die Absage keinen Abbruch. Bereits am 6. September 2025 soll der Zwanzigjährige bei einem Event der dänischen „MMA Galla“ in einem Vorort Kopenhagens erneut in den Ring steigen. Dabei kann der Leipziger auch auf Unterstützung lokaler und überregionaler Neonazis zählen, in deren Netzwerke er eingebunden ist.
In Leipzig posierte Faust bereits als Teenager in diversen rechten Gyms auf der Matte. Und auch politisch hat Faust früh Farbe bekannt, im Jahr 2020 ließ er sich für ein Social Media-Posting der „Deutsche Patriotische Gemeinschaft“ (DPG) ablichten, welches mit den Worten „Ein Volk ist nur so viel wert, wie es seine Ahnen ehrt“ versehen war. Das Zitat wird dem NS-Dichter und späteren NPD-Mitglied Herbert Böhme zugeschrieben. Eine Verbindung von Kampfsport und neonazistischer Ideologie fand Faust in der „Division Sankt Michael“ (D.S.M), die in Sozialen Netzwerken die ehemaligen DPG-Kanäle bespielte.1 Initiiert wurde die „D.S.M.“ vom schleswig-holsteinischen NPD-Kader Steven Trapke. Die Jugend- bzw. „Wehrsportgruppe“, deren Mitglieder sich in Chats in Gewaltfantasien und NS-Verherrlichung überschlugen, fand auch in Leipzig Anklang. So posierte Faust 2021 mit weiteren Leipziger Neonazis unter dem Kürzel „DSM“ nach absolvierter Trainingseinheit.
Trainingspartner von Faust war dabei u.a. Hans-Georg Pförtsch. Dem ehemaligen AfD-Lokalpolitiker wird von staatlicher Seite die Mitgliedschaft in der rechtsterroristischen Gruppierung der „Sächsischen Separatisten“ vorgeworfen.2 Im November 2024 wurde er festgenommen.
Wenn Faust nicht mit anderen Neonazis für deren Umsturzpläne oder den erwarteten Kampf gegen politische Feinde trainiert, feilt er an seiner sportlichen Karriere. Dabei musste er in Leipzig im Trainingsbetrieb kaum ideologischen Abstriche machen. So war einer der ersten Trainer seiner sportlichen Laufbahn Maik Kurzweil vom „Sin City Boxgym“. Spielten sich dessen Aktivitäten vormals vor allem in der rechten Mischzene, zwischen Hooligans, Kampfsportlern und dem Umfeld des „Hells Angels MC“ ab, trat er jüngst öffentlich im neonazistischen Kontext in Erscheinung. Am 1. Mai 2025 nahm er etwa am Neonaziaufmarsch von „Die Heimat“ (ehemals NPD) im thüringischen Gera teil. Wenige Monate zuvor war er bereits zur Eröffnung eines Objekts der Neonazi-Partei in Gera anwesend.
Im Jahr 2022 bereitete sich Faust im „Sin City Boxgym“ auf seinen Kampf beim Event „Frontiere – Respect of the Streets“ (ROTS) vor. Bei der Veranstaltungsreihe, die sich am schwedischen Format „King of the Streets“ orientiert, treten Kämpfer in einer Underground-Szenerie in verschiedenen Stilen (Boxen, Barenuckle, MMA) gegeneinander an. Produziert wird das Format in erster Linie für die Verbreitung bei YouTube. Als Organisator und Gesicht nach Außen tritt unter dem Pseudonym „La Vie“ der Kampfsportler Steffen Stäbler auf. Stäbler ist eng an das Rockermilieu angebunden, wo er u.a. freundschaftliche Verhältnisse zu verschiedenen Akteuren des „Hells Angels MC“ unterhält. Es verwundert daher nicht, dass bei den verschiedenen Veranstaltungen in Leipzig eine Melange aus Neonazis, Rockern und Hooligans das Publikum bildete.
Interessant ist die Teilnahme von Faust bei ROTS auch deshalb, weil die Person Stäbler auf Netzwerke im neonazistischen Rocker- und Kampfsportmilieu verweist, in denen sich auch Faust wie selbstverständlich bewegt. Aus antifaschistischer Perspektive sticht dabei der „Ghost Gang MC“ rund um den Wuppertaler Neonazi Benjamin Schmoranz heraus. Mit dem Einstieg von Schmoranz – ehemals Anhänger des "Bandidos MC" – und seinem Aufstieg zum „Secretary“ entwickelte sich der „Ghost Gang MC“ zum Auffangbecken und Netzwerk dezidiert neonazistischer Akteure. Dem Motorcycle Club, kurz MC, gehört auch der Goslaer Neonazis Dominik B. an, zudem tauchen bei internen Feiern immer wieder Anhänger der Neonazi-Bruderschaft „Brothers of Honour“ auf, die als Nachfolgestruktur von „Blood & Honour /Combat 18“ gilt und gegen deren Mitglieder es jüngst in diesem Kontext Durchsuchungsmaßnahmen gab. Auch der bekannte, mittlerweile inhaftierte Dortmunder Neonazi Steven Feldmann bewegt sich im engsten Kreis des „Ghost Gang MC“ und nahm mit Schmoranz am Prozessauftakt gegen die Neonazigruppe „Knockout51“ aus Eisenach teil.
Laut eigenen Angaben verdingt sich Schmoranz seit einiger Zeit als „CEO“ verschiedener Projekte: als Chef der Kleidungslabels „Pure Violence“ und „Knock Out Streetwear“ sowie als Kampfsport-Manager und Promoter. Hier schließt sich der Kreis von Stäbler über Schmoranz zu Oskar Faust, der bereits 2024 auf Gruppenfotos mit Personen des „Ghost Gang MC“ zu sehen war.
Seit spätestens 2025 wird Faust offiziell vom „German Fighters Management“ (GF Management) vertreten, als dessen „CEO“ sich Schmoranz – bis zur Veröffentlichung antifaschistischer Recherchen – ebenfalls gerierte. Immer wieder posiert Faust darüber hinaus in Kleidung von Schmoranz’ „Pure Violence“-Label. Schmoranz und Faust, das scheint eine sportlich wie ideologisch stimmige Partnerschaft zu sein. Gefeiert wurde die Partnerschaft in der Vergangenheit unter anderem im Clubhaus des „Ghost Gang MC“ in Bochum.
Faust bewegt sich jedoch nicht nur in der neonazistischen Kampfsportszene und der Mischszene aus Biker-Gruppierungen, Türsteher-Milieu und Organisierter Kriminalität, in die diese hineinreicht. Auch an „klassischem“ neonazistischem Demonstrationsgeschehen nahm Faust in der Vergangenheit teil. So reiste er am 21. Dezember 2024 zu einem Neonaziaufmarsch nach Magdeburg, wo diverse bundesweit bedeutende Neonazi-Kader am Mikrofon standen.
Die Leichtigkeit mit der sich Faust in oben genannter Mischszene bewegt, dürfte nicht zuletzt auf familiäre Netzwerke zurückzuführen sein. Mit Alexander Faust kommt Oskars Vater aus demselben Milieu, in dem nun sein Sohn Fuß fasst. Als ehemaliger Geschäftsführer der rechten „Black Rainbow Security“ ist Alexander Faust in der Mischszene aus Neonazis, Türstehern und Kampfsportlern gut vernetzt und hat diese in Leipzig und Ostdeutschland in den 2000er Jahren selbst mitgeprägt. Aus der Vernetzungsstruktur „Vereinigte Türsteher Ostdeutschland“ dürften auch Fausts bis heute andauernden Kontakte zu Akteuren des „Hells Angels MC“ herrühren. Gleiches gilt für die Neonazi-Struktur „HooNaRa“ („Hooligans, Nazis, Rassisten“), die maßgeblich mit dem Chemnitzer Neonazi Thomas Haller verbunden war. Auf dessen Trauerfeier im März 2019 legte auch Alexander Faust einen Kranz nieder.
Der Ruf „HooNaRa“ hallt indes bis in die jüngste Vergangenheit nach. So wurde dieser aus dem Publikum angestimmt als mit Martin Krause ein einschlägiger Neonazi-Kampfsportler aus den Reihen des Leipziger „Bushido Sportcenter“ bei der Veranstaltung „Ostdeutschland Kämpft“ im Februar 2023 in den Ring stieg. Organisiert wurde das Event unter anderem von Alexander Faust. Auf der Fight Card nicht fehlen durfte an diesem Abend offenbar Oskar Faust.
Vor einem deutlich größeren Publikum sollte Faust Anfang Juli 2025 bei „Ringlife Talents“ in den Ring steigen.3 Gesponsort wurde das Event dabei unter anderem von der umsatzstarken Fitnessmarke „ESN“ der "Fitmart GmbH & Co. KG". Die fehlenden Berührungsängste mit und ideologischen Anknüpfungspunkte des Mainstream-Kampfsports an den neonazistischen Kampfsport sind keine Neuheit.
Im Raum Leipzig gab es mit Timo Feucht und Benjamin Brinsa bereits in der Vergangenheit prominente Beispiele aus der rechten Hooliganszene vom „1. FC Lokomotive Leipzig“. In allen Fällen handelten Veranstalter erst auf öffentlichen Druck auf Basis antifaschistischer Recherchen. Ein Ausweis ihrer Notwendigkeit und punktuellen Wirksamkeit.