Bonn 3. 0ktober 1996: NPD-Karnevalsverein schwarz-weiß-rot
Bonn 3. Oktober 1996, "NPD-Deutschlandtag" - mehrere hundert Polizisten eskortierten 149 Neonazis durch den sonnigen Mittag. Die TeilnehmerInnen des "NPD-Deutschlandtreffen" marschierten vom Cityring auf den vollständig abgeriegelten Münsterplatz. Mehr als einen Steinwurf entfernt von einigen hundert aufgebrachten BürgerInnen pferchte die Polizei den profilierungssüchtigen »Nationalen Widerstand« innerhalb der Absperrung in einen viereckigen Laufstall. Die Veranstaltung gab einen Eindruck zum Stand und Personal der regionalen NS-Szene.
Bernd Schöppe (Bart) und Hans-Robert Klug (Mütze) sind immer wieder Teilnehmer auf Neonazi-Demonstrationen.
Die Redner der NPD forderten mehr oder weniger subtil die Vergrößerung des "Deutschen Reiches" um diverse europäische Ländereien. Doch antifaschistisch gesinnte Mitmenschen begleiteten die NPD-Redner auf handbetriebenen Sirenen, so dass das gesprochene Wort kaum zu verstehen war. Die NPD- und JN-Bundesvorsitzenden Udo Voigt und Holger Apfel quälten sich so nahezu ungehört durch ihre Reden. Das "NPD-Deutschlandtreffen" blieb sich alleine in der Weite des leeren Platzes und den Sirenen überlassen.
Etwas kurios war der Auftritt der alt gedienten Integrationsfigur der BRD-Neonazi-Szene Wolfgang Nahrath. Der langjähriger Führer der "Wiking Jugend" (WJ) hatte dem z.T. weit angereisten Publikum eigentlich nur etwas über seinen "Landserhut" zu berichten. Der Berliner Neonazi-Führer Frank Schwerdt reiste mit einer Gruppe NPD-Vertreter aus Ostdeutschland an. Das Gros der Masse stellten Mitglieder der sogenannten "Unabhängige Kameradschaften" aus Westdeutschland, u.a. aus Dortmund, Minden, Aschaffenburg und Salzgitter.
"Dauergäste" wie auf vielen Neonaziveranstaltungen waren auch Thomas Kubiak aus Winterberg und eine handvoll "Sauerländer Aktionsfront"-Aktivisten als Begleitung. Auch der "Anti-Antifa"-Akteur Norman Wolfgang Kempken ließ sich trotz des "Einblick"-Verfahren gegen ihn auf der NPD-Demonstration blicken. Mit Rene Rodriguez-Teufer aus Viernheim war ein früherer Akteur diverser (verbotener) Neonazi-Gruppen aus dem Rhein-Neckar-Gebiet vor Ort. Im FAP-Landesverbandes Mittelrhein/Saarpfalz und in der „Aktionsfront Nationaler Kameraden“ (ANK) war er als "Kassenwart" benannt worden. Wegen Fortführung der 1992 verbotenen „Deutschen Alternative“ (DA) stand Rodriguez-Teufer 1995 zusammen mit anderen Neonazis in Koblenz vor Gericht. Aktuell steht er wohl gemeinsam mit dem JN-Kader Alexander Stephan Ferdinand Feyen (Hemsbach) hinter dem neonazistischen Musikversand „Wiking-Tonträger“ in Hemsbach (Odenwald).
Lautsprecheranlage und Propagandamaterial brachten die zwei aktiven NPD-Kreisverbände Straubingen und Steinfurt mit. Die Durchführung der Demonstration oblag ansonsten vor allem dem NPD Bezirksverband Rheinland und dem JN-"Sicherheitsdienst" unter Führung des JN-Kaders Achim Ezer aus Bergisch Gladbach/Köln. Dieser JN-Kader wurde bereits 1995 in den NPD-Bundesvorstand gewählt, bevor er in den Führungsstab der NPD-Jugend wechselte.
Viele anwesende Akteure aus dem Kreis des Bonner- und Rhein/Sieger Kreisverbandes der NPD stammen aus Neonazi-Organisationen und haben nun ihren Weg in die Kreise der NPD/JN gefunden.
Der NPD-Kandidat Hans-Peter Krieger galt einst als ein Kopf der "Initiative Gesamtdeutschland" und trat als Bonner FAP-Kreisvorsitzender in Erscheinung. Der NPD-Funktionär Marcus Spruck aus Meckenheim war zuvor in den Kreisen der "Wiking Jugend" (WJ) unterwegs. Michael Prümmer aus Stolberg war bereits vor dem Neustart der NPD-Jugend Vorsitzender der JN in NRW gewesen und leitete den "Arbeitskreis Internet" der NPD/JN. Viel Erfolg hatte er bis her in dem neuen noch Feld nicht, der Internetanbieter AOL sperrte die Seite vom "Michael Prümmer Versand", dem angeblich "ersten nationalen Buchdienst im Internet". Mit Sascha Wagner aus Herzogenrath steht ihm nun ein Neonazi aus der rechten Skinhead-Szene in den Führungs-Strukturen der JN zur Seite. Bernd Michael Schöppe (früher Landesjugendbeauftragter der "Deutsche Liga" in NRW) repräsentiert heute u.a. den "Runden Tisch Rheinland".
Im Anschluss an die Kundgebung organisierten Marcus Spruck und Hans-Robert Klug (NPD Bonn) ein gemeinsames Singen mit dem JN-Liedermacher Jörg Hähnel (Lebus/Frankurt-Oder) und eine Aussprache mit dem JN-Pressesprecher Klaus Ralf Beier aus Kirchzell.
Trotz antifaschistischer Proteste und einiger direkter Aktionen gegen die NPD werteten die Neonazis die Durchführung der Demonstration als Erfolg. Viel deutet daraufhin, dass unter dem neuen Bundesvorsitzenden Udo Voigt die Zusammenarbeit mit der JN intensiviert wird. Der Einfluss auf Inhalt und Programmatik der NPD ist beim Thema Soziales unverkennbar ausgeprägt. Geschulte JN-Aktivisten können ihren Anhang reibungslos in die brachliegenden, aber exsistenten Regionalstrukturen der NPD eingliedern. Inwieweit und wie schnell die Revitalisierung der NPD gelingen kann, hängt von der Qualität und Durchsetzungskraft der politischen Arbeit der JN-Kader ab.