Eningen: Demo gegen NPD-Zentrum
Am 1. Februar 1997 demonstrierten 3000 Leute gegen die NPD-Villa in Eningen. Vor knapp drei Jahren hatte die NPD das 2,1 Millionen-Anwesen in der Schillerstraße von den völkisch-nationalistisch auftretenden Krieg-Schwestern geerbt. Die Testamentsauflage: Die Einrichtung einer "nationalen Schulungs und Begegnungsstätte".
Der JN-Kader Jürgen Distler zählt zu den Nutzern des "Geschwister-Krieg-Zentrum".
Frieda Krieg war bereits am 1. Januar 1933 in die NSDAP eingetreten und überzeugte Nationalsozialistin. Auch ihre Schwester Charlotte Krieg war überzeugte NS-Anhängerin. Als Frieda Krieg 1987 starb, ging per Testament die Eninger Villa mit mehr als 7000 Quadratmeter großen Grundstück als Geschenk an die NPD. Wirksam wurde das Erbe aber erst 1994, nachdem auch Charlotte Krieg gestorben war. Die NPD errichtete das "Geschwister-Krieg-Zentrum".
Mittlerweile ist dort Holger Apfel, Bundesvorsitzender der JN eingezogen. Auch Jürgen Distler, ebenfalls im Bundesvorstand der JN, gilt als Dauergast. Das Haus wurde festungsartig gesichert und wird von den Neonazis videoüberwacht.
Auch die im Erdgeschoss des Hauses wohnenden Leute, die mit den Neonazis nichts am Hut haben, sind von den immer wieder aufmarschierenden Nazis im »Geschwister-Krieg-Zentrum« übel betroffen.
Außerdem haben dort bereits Schulungen stattgefunden - für den »Rudolf-Heß-Aufmarsch« in Worms 1996 wurden dort beispielsweise die Ordner »geschult«.
Organisiert wurde die bundesweite Antifa-Demo von dem "Reutlinger Antifa-Plenum" und einem gewerkschaftlichen Jugendbündnis. Den Aufruf unterstützten mehr als 50 Gruppen und Einzelpersonen - was dazu führte, dass an diesem Tag ein breites Spektrum von Leuten auf die Straße ging.
Am Abend gab es in einer leerstehenden Fabrikhalle in Eningen ein »Rock gegen Rechts«. Dieses Konzert war gut besucht und ein gelungener gemeinsamer Abschluss der Aktion. Die Demonstration zog geschlossen und ausdrucksstark durch das 10.000-EinwohnerInnen starke Dorf. Hundert Meter von dem Anwesen entfernt, das von der Polizei abgeriegelt wurde, fand die Abschlusskundgebung statt.
Derweil hatten sich rund 80 Neonazis in dem Haus verbarrikadiert, ihre in der Woche zuvor beantragte Gegendemonstration unter dem Motto "Sicherheit durch Recht und Ordnung - gegen Gewalt und Intoleranz«, die am selben Tag hätte stattfinden sollen, blieb bis zuletzt verboten.
Der Erfolg der Aktion, das zeigte sich in den darauf folgenden Wochen, bestand nicht nur in der Demonstration eines starken und breiten Widerstandes gegen die Neonazis an dem Tag, sondern sie motivierte die einzelnen antifaschistischen Initiativen auch aus bürgerlichen Kreisen wieder verstärkt gegen die Neonazis vorzugehen.
Denn der »Expertenweg« des Eninger Bürgermeisters Jürgen Steinhilber, der jahrelang auf Verhandlungen mit den Neonazis setzte, ist gescheitert: Die NPD ist seit kurzem als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Die "Kornwestheimer Bank" gab der NPD durch eine Grundschuld einen 750 000 Mark umfassenden Kredit, mit dem die Neonazi-Partei bei Land und Bund zurückgezahlt hat.
Die Demo hat auch die »Eninger Initiative gegen das Nazi-Zentrum«, die an der Organisation der Aktion nicht beteiligt war, wieder bestärkt und dazu gebracht, über im Dorf verankerte Aktionen gegen das Neonazi-Zentrum nachzudenken.