NPD Schulungszentrum in Eningen
Anfang 1994 vermachten die Schwestern Frieda Krieg und Charlotte Krieg der NPD eine Villa und ein Baugrundstück in Eningen. Testamentarische Bedingung war und ist, daß in der Villa in der Schillerstraße eine "nationale Begegnungsstätte" eingerichtet wird.
Die NPD Villa hat in Eningen wenig politischen Gegenwind zu befürchten.
Schon zu Lebzeiten waren die Geschwister Frida Krieg und Charlotte Krieg politisch keine unbeschriebenen Blätter. Die bereits früh in die NSDAP eingetretenen Schwestern blieben Zeit ihres Lebens aktive Nationalsozialistinnen. Zu ihren regelmäßigen Besuchern gehörten wichtige NPD-Funktionäre wie Axel Heinzmann, Günter Deckert, Martin Mußgnug, Rolf Kosiek und Adolf von Thadden. Der Neonazi-Terrorist Manfred Roeder wurde 1982 zu dreizehn Jahren Haft verurteilt. Nach der Haftentlassung holte sich Roeder persönlich eine Spende von 5000 DM in Eningen ab.
Während sich kein Mensch im Dorf an diesen Besuchern störte, regte sich nach Eröffnung des Testaments doch einiger Protest. Auf Initiative verschiedener Antifa-Gruppen, kirchlicher und grün/alternativer Gruppierungen wurde eine erste Veranstaltung zur NPD und ihrem damaligen Bundesvorsitzenden Deckert organisiert. Trotz nahezu 400 BesucherInnen gelang es nicht, einen breiten entschlossenen Widerstand zu mobilisieren.
Dies lag nicht zuletzt an der Strategie der Gemeinde Eningen, allen voran des Bürgermeisters Jürgen Steinhilber, der in Geheimverhandlungen mit der NPD versuchte die Villa zu kaufen. Immerhin war das von dem NPD Landesverband Baden Württemberg geerbte Grundstück plus Immobilien rund 2,7 Millionen D-Mark wert.
Massiv versuchte der Bürgermeister eine inhaltliche Auseinandersetzung über die Neonazis zu behindern und das Thema "Nazivilla" aus der öffentlichen Diskussion herauszunehmen. Dies führte dazu, dass jede antifaschistische Aktion sofort als verhandlungsstörend kritisiert wurde. Dennoch gelang es so viel öffentlichen Druck zu erzeugen , dass sich alle lokalen Handwerksbetriebe weigerten Arbeiten an der Villa durchzuführen.
Die notwendigen Renovierungen wurden daher von JN-AnhängerInnen aus dem Hagener Raum und dem Weihnheimer NPD/JN-Kader Eric Marvin R. getätigt. Mittlerweile ist die Villa festungsartig ausgebaut und wird durch Videokameras überwacht. Ein nahezu zwei Meter hohes Stahltor sichert den Eingang. Es wurde von dem Schlossermeister Arnold Gestrich (ehem. Kreisvorstandsmitglied der NPD Reutlingen) errichtet, auf dessen Grundstück in Hohenstein-Eglingen bis zu ihrem Verbot die "Wiking Jugend" (WJ) einige ihrer Zeltlager veranstaltete. Kaum verwunderlich, immerhin zählte Arnold Gestrich zum Kreis um den WJ-Gau Schwaben. Seine Frau Susann Gestrich war bis zum WJ-Verbot "Bundesmädelführerin".
Ein für den 13. August 1995 geplantes Grillfest in der Villa konnte durch eine starke antifaschistische Mobilisierung verhindert werden, dennoch finden mittlerweile dort sowohl Feste als auch Schulungen und Vorstandssitzungen der NPD/JN statt. Auf einer dieser Schulungen hielt Michael Wendland Mitte 1996 einen "Rhetorikkurs" ab. Michael Wendland aus Leonberg ist nicht nur ein Funktionär im Bundesvorstand der NPD-Jugend, sondern war von 1992 bis 1995 auch Musiker in der RechtsRock-Band "Noie Werte". Der JN-Funktionär Clemens Dave Schiek aus Remseck bei Stuttgart referierte in Eningen über "Atompolitik", der JN-Aktivist Steffen Ralph M. führte eine "Ordner Schulung" durch und der NPD-Chef Udo Voigt sprach über "politische Psychologie".
Kurz nach dem offiziell das Scheitern der Bürgermeister-NPD-Verhandlungen bekannt gegeben wurde, verlegte der JN-Chef Holger Apfel und ein weiterer JN-Funktionär seinen Wohnsitz nach Eningen. Neben Apfel ist auch Jürgen Distler häufig in der NPD-Villa anzutreffen. Apfel und der bayerische JN-Funktionär Jürgen Distler verdienen scheinbar einen Teil ihres Lebensunterhaltes, neben der Hausmeistertätigkeit im NPD-Zentrum, auch mit einer Beschäftigung bei der NPD-Zeitung und dem Versand "Deutsche Stimme" (DS) in der Bundesgeschäftsstelle der NPD in Stuttgart.
Gute Bedingungen für die NPD in Eningen?
Das trotz ca. 1,2 Millionen D-Mark Schulden der NPD an das Land Baden Württemberg und an die BRD keine Pfändung möglich ist, liegt an einem äußerst dubiosen Rückzahlungsvertrag der NPD mit Bund und Land. Darin wurde, laut Testamentsvollstrecker, wohl vereinbart, dass die NPD ihre Schulden in monatlichen Raten von 1500 DM bei einer Verzinsung von 4 Prozent zurückzahlen darf. Der NPD gelang es so ihre Schulden durch eine anteilige Beschuldung der Erbschaft und dem Verkauf von einem Grundstück zu tilgen und sie gilt als konsolidiert. Die vereinbarten Abschlagszahlungen der NPD-Schulden beim Bund (630.000 DM) und beim Land BaWü (438.000 DM) wurden damit ohne eine politische Auseinandersetzung beglichen.
Ähnlich dubios ist, dass die NPD anscheinend über rathaus-interne Aktenvermerke verfügt, in denen bestätigt wird, das die NPD-Villa sowohl als Wohnraum wie auch als "Begegnungsstätte" genutzt werden kann, was den Umzug Apfels ermöglichte. Das Bürgermeister Jürgen Steinhilber wenig Berührungsängste mit Neonazis hat zeigt nicht nur, dass er den NPD-Kader und Holocaust-Leugner Günter Deckert einen "seriösen Verhandlungspartner" nennt. Günter Deckert wurde 1995 als NPD-Vorsitzender abgesetzt, da ihm unter anderem parteiintern angebliche "Unregelmäßigkeiten" bei der Nachlassverwaltung des Krieg-Eningen-Erbes vorgeworfen wurde.
Noch zweifelhafter ist der Umstand, dass der Bürgermeister persönlich eine Ausstellung von Frieda Krieg eröffnete. Als Nachweis für die Qualität der Bilder legte ihre Schwester dem Eninger Rathaus unter anderem ein Schreiben der "Münchner Künstlergenossenschaft" (MKG) vor. Eine kritische Distanz zwischen MKG und der NS-Behörden bestand nicht. Hitler selbst bewilligte eine Zuwendung von 33.000 Reichs-Mark, angeblich aus seinem Privatvermögen, an die "Münchner Künstlergenossenschaft". Das vorgelegte MKG-Schreiben vom 17. Juni 1936 war direkt an die "Kreis- und Gesamtleitung" der "Nationalsozialistische Volkswohlfahrt" gerichtet und berichtete von Kriegs »Begabung für monumentale Bildgestaltung« und von einem »auf das Große gerichteten hohen Wollen«. Bürgermeister und Rathaus waren davon offenbar zu überzeugen. Zur Eröffnung dieser zweifelhaften Ausstellung lud Bürgermeister Steinhilber, auf Wunsch von Charlotte Krieg, den NPD-Ideologen Rolf Kosiek ein. Als kleines Dankeschön erhielt die Gemeinde zwei Bilder von denen der Bürgermeister gesagt haben soll, er würde sie dankbar in Ehren halten.