Nicht ganz rechts? - Studienzentrum Weikersheim mit neuem Präsidenten
N.N. (Gastbeitrag)Der stramme CDU-Rechtsaußen Wolfgang von Stetten tritt als neuer Präsident des "Studienzentrum Weikersheim" (SWZ) in die Fußstapfen des »furchtbaren Juristen« Hans Filbinger.
Führungswechsel beim SWZ
Am 23. Mai 1997, einen Tag vor der 19. Jahrestagung des rechten "Studienzentrum Weikersheim e.V." (SZW), wurde der CDU-MdB Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten (56) einstimmig zu dessen neuen Präsidenten gewählt. Hans Filbinger (83) aus Stuttgart, dessen Amtszeit eigentlich erst 1999 abgelaufen wäre, trat - angeblich aus Altersgründen - zurück. Als Ehrenpräsident bleibt er der von ihm 1979 gegründeten rechten Kaderschmiede jedoch weiterhin erhalten.
Der Hintergrund-Verein "Studienzentrum für Zukunftsfragen e.V."/"Studienzentrum Weikersheim e.V." aus Stuttgart war die letzten Jahre von dem Vorstand um Filbinger, Günter Rohrmoser (Stuttgart), Helmut Metzner (Tübingen), Heinz Karst (Mittelzell) und Erich Baumann (Freudenstadt) geleitet worden. Die Vorstandsmitglieder Rudolf Decker und Heinz Aigner sind Mitte der 1980er Jahre aus dem Vorstand ausgeschieden. Seit 1997 leiten Wolfgang Freiherr von Stetten (Künzelsau) und Otto Esser (Erlenbach) den Verein offiziell. 1993 wurde die dem Studienzentrum verbundene "Hans-Filbinger-Stiftung" in Stuttgart als weitere Hintergrund-Struktur aus der Taufe gehoben. Dessen Stiftungs-Mitglieder waren u.a. Gerhard Mayer-Vorfelder, Erwin Vetter, Gerhard Löwenthal, Christa Meves, Heinz Karst, Karl Paul Schmidt (alias Paul Carell) und Willi Dempf als Schatzmeister.1
Laut Stetten (MdB seit 1990) litt das Ansehen des SZW »unter den persönlichen Angriffen auf Hans Filbinger«, den er als einen »väterlichen Freund« bezeichnet. Er, Stetten, wolle nun das Studienzentrum, das er als »Sprachrohr der vernünftigen Mehrheit« ansieht, aus der »Schußlinie der linken Medien« bringen. Bei seiner politischen Verortung des SZW blieb es jedoch beim Versuch: »Weikersheim ist weder deutsch-national noch nationalistisch. Weikersheim ist auch nicht nationalsozialistisch und damit auch nicht rechtsextremistisch.«
Neuer Kurs?
"Ursprünglich waren wir ein liberal-konservativer Studienkreis, dahin möchte ich die Stiftung wieder führen!« Was Stetten da unter »liberal-konservativ« versteht, bleibt angesichts des damaligen Gründerkreises fraglich. Um den vorgeblich neuen Kurs zu verdeutlichen, wird auch schon nach einem neuen Namen gesucht. Im Gespräch ist u.a. »Ideenzentrum Weikersheim - Gesellschaft und Wirtschaft von morgen«. Den juristischen Sitz des Studienzentrums will man von Stuttgart wieder nach Weikersheim verlegen, die Geschäftsstelle nach Bonn. Später soll es dann nach Berlin gehen. Weikersheim als Veranstaltungsort soll auf jeden Fall erhalten bleiben.
Dank der »neuen Linie« haben sich angeblich bereits neue Mitglieder eingefunden heißt es aus dem SZW-Netzwerken: Staatssekretär Gustav Wabro (CDU; BdV), der Bevollmächtigte des Landes Baden-Württemberg beim Bund, will sich angeblich ebenso engagieren wie wohlmöglich auch Staatssekretär Eugen Volz (CDU; W.K.St.V. Unitas Markomannia zu Tübingen).
Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU), der bereits 1994, unmittelbar nach seiner Wiederwahl und als Chef der CDU/FDP-Regierung, eine Tagung des SZW im "Haus der Wirtschaft" eröffnete, dankte demnach bei der diesjährigen Jahrestagung dem Studienzentrum wohl für dessen »Beitrag zur Fundierung der Gesellschaft« und bescheinigte ihm einen »fast prophetischen Weitblick«.
Die Landesregierung unterstützt das SZW jedoch nicht nur auf personeller Ebene: Allein im Zeitraum von 1993 bis 1995 sollen über 80.000 Mark "Förderung" bewilligt worden sein.
Das neue "Präsidium" des Studienzentrums
Durch personelle Verjüngung sollen moderne Ideen eingebracht werden. Viel verjüngt sich aber nicht. Denn außer Stetten (56) und dem etwa gleich alten Peter von der Heydt bleibt der Altersdurchschnitt im sogenannten "Präsidium" des SZW doch noch beträchtlich hoch. Neben "Präsident" Wolfgang Freiherr von Stetten wird vor allem sein neuer "Stellvertreter" Otto Esser präsentiert. Otto Esser übernahm 1977 kommissarisch die Nachfolge von Hanns Martin Schleyer als Arbeitgeberpräsident, nachdem dieser von der RAF ermordet worden war. Von 1987 bis 1986 war er als gewählter BDA-Präsident tätig und ist noch heute BDA-Ehrenpräsident. Als SZW-Schatzmeister wird Willy Dempf aus Stuttgart angeführt. Zusätzlich werden der Soziologe Lothar Bossle (Würzburg), der CDU-Politiker und Bankier Peter von der Heydt (Freiherr von Massenbach), der CDU-Politiker Manfred Rommel, der Politikwissenschaftler Klaus Hornung (Reutlingen), der "Unternehmensberater " Bernhard von Diemer (Königstein), die CDU-MdEP Renate Heinisch (Boxberg) und der CDU-Sozialminister in Ba.Wü Erwin Vetter (Ex-Oberbürgermeister in Ettlingen) als Mitglieder des SZW-Präsidiums benannt.
Manfred Rommel, der Ex-Oberbürgermeister von Stuttgart, der sich auf der Tagung aus gesundheitlichen Gründen entschuldigen ließ, soll nach eigenen Aussagen als neues Präsidiumsmitglied weniger aktiv, als mehr beratend tätig sein. Rommel stehe, so Stetten, »für den liberalen Touch«. Und die »modernen Ideen«. Für viele Andere im rechten Lager dürfte er vermutlich in erster Linie für den Sohn des "Wüstenfuchs" Erwin Rommel (Generalfeldmarschall der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg) stehen.
Rechtes "Geistespotential"
Das »enorme Geistespotential« der im Studienzentrum versammelten Führungskräfte (Filbinger hat es damals noch schlicht »Elite« genannt) soll »angezapft« und so »Deutschland und Europa in eine sichere Zukunft« gerührt werden. Gruppen sollen mit speziellen Themen beauftragt werden und dem "Präsidenten", zuarbeiten. Auf diese Weise sollen Erfahrung, Geisteskraft und wissenschaftliche Erkenntnis eingebracht werden, als Produkt soll ein »Standpunkt der Liberal-Konservativen« entstehen.
Vergewaltigung als »Manche Männer sind einfach rabiater«
Stettens Aussagen zum Thema »Vergewaltigung in der Ehe« lassen befürchten was mit "Geistespotential" gemeint sein könnte. Zum ehelichen Leben gehöre nämlich auch, »die Unlust des Partners zu überwinden«. Dazu gehört auch die »eine oder andere Berührung«, meint er. »Was ist noch Vorspiel, was bereits Bedrängnis? Wenn der anfängliche Wille - 'heute nicht' - von der einen oder anderen Seite überwunden werde, könne dies wohl kaum als Vergewaltigung angesehen werden.« Nach Stetten ist das ein »mit Drohung erreichter Geschlechtsverkehr«. Denn: »Anders als beim Sittenstrolch hat die Frau beim Ehemann keine Todesangst.«. »Der Ehemann ist nicht darauf aus, ein Verbrechen zu begehen - manche Männer sind einfach rabiater.« Für ihn, dem seit bald 30 Jahren Verheirateten, steht fest: »Beim Sex in der Ehe kann man nicht einfach nein sagen«. Nicht unwidersprochen hinnehmen wolle er, »daß in jeder 5. oder 6. Ehe vergewaltigt würde. Denn das hieße ja, daß etwa 5 Millionen Männer und Frauen (sic!) (...) Verbrecher wären (...)«.
Der Feind steht...
...eigentlich überall. Aber ein besonderes Augenmerk legt Stetten auf den »Fundamentalismus des Islam«. In der Aussage seines »Vorbildes« Helmut Kohl (CDU), daß die Türkei nicht Teil Europas sei, sieht Stetten keine Gefahr. Denn die Türken, so pflichtet Stetten bei, seien »keine Europäer, sondern ein turkmenisches asiatisches Volk« und in der Europäischen Union könne ja nur ein europäischer Staat Mitglied werden. Auch Religion und Kultur würden sich deutlich unterscheiden, was ja seiner Ansicht nach gar nicht so schlimm wäre, wenn - ja wenn - »nicht dieser schreckliche mittelalterliche Fundamentalismus des Islam überhand nähme. Man denke nur an die etwa 650 Millionen islamischen Menschen, die einen Teil Asiens und Europa wie einen Gürtel umziehen und teilweise bereits Fundamentalisten sind (...). Eine Horrovision, wenn dies zur 'Geißel' des 21. Jahrhunderts würde.« Dies könne schnell »trojanische Pferde« auf den Plan rufen, die sich bereits im Land befänden. Nicht auszudenken sei es, »wenn die Türkei - zu einem 'islamischen Gottesstaat' umfunktioniert - die zwei bis drei Millionen Türken (sic!) in der BRD als islamische Speerspitze« nutze.
Feind Nummer zwei wähnt Stetten dort, wo seiner Meinung nach politisch »links« ist. Die im Vergleich zu früheren Jahrestagungen verhältnismäßig geringe Zahl von 300 Gästen im Rittersaal des Weikersheimer Schlosses wertete Stetten als Effekt einer Furcht vor »linken Demonstranten«. Unter ihm werde das SZW »vor keinem Straßenterror weichen« und weiterhin »strikt antikommunistisch« ausgerichtet sein. Hier bleibt sich Stetten treu. So kündigte er angesichts einer Einladung von Gregor Gysi zu einer 1. Mai-Veranstaltung in seinem (Stettens) Wahlkreis Schwäbisch Hall/Hohenlohe Konsequenzen an. In seiner Eigenschaft als Mitglied des Geschäftsordnungsausschusses des Deutschen Bundestages bei der Gauck-Behörde in Berlin wolle er Gysis Stasiakten überprüfen. Dieser sei Repräsentant der PDS, die »eindeutig linkssozialistisch (sic!), kommunistisch und undemokratisch und Nachfolgepartei der verbrecherischen SED ist«.
Auch die SPD kommt nicht besser weg. Sie verhindere Abschiebungen und trage so mit die Verantwortung für die Wahlerfolge der "Republikaner" (REP) und die daraus folgenden wachsenden Gewalttaten »irrer und wirrer Jugendlicher«. Weiter habe die »Verniedlichung linker Gewalttaten (...) rechte Gewalttäter geradezu ermuntert und herausgefordert.« Sein Fazit: »Wenn wir zwei fahre früher das, was wir jetzt als Asylgesetz haben, gehabt hätten, wäre es zu den Ausschreitungen2 nicht gekommen.« So sei auch der größte Teil der WählerInnen, die REP gewählt haben, keine Rechtsradikalen, sondern ProtestwählerInnen, die unzufrieden waren, weil die Asylfrage nicht gelöst worden sei. Dies aus dem Munde eines Mannes, der sich dieses Wahlkampfthema schon vor Jahren auf die Fahnen schrieb und sich damit immer wieder offensiv exponierte.
"Dauerbrenner Asyl"
Asyl als Wahlkampfthema nennt Stetten einen Dauerbrenner, weil »sehr viele Asylanten sehr lange da sind.« Er verlangt, daß beim Asylrecht »Sammelunterkunft und Naturverpflegung« vorgeschrieben werden. Medienwirksam testete er die »Naturalverpflegung«, weil ihm in Lebensmittelpaketen »teurer« Spargel aufgefallen war. Die Forderung nach der Verkürzung der Asylverfahrensdauer kaschiert er mit humanitären Beweggründen: »Die Leute haben sich an das Leben in Deutschland gewöhnt, wenn wir sie abschieben müssen!« AussiedlerInnen empfahl er, die deutsche Sprache zu erlernen, da sie dann nicht in Gefahr gerieten, »mit ungebetenen Ausländern und Asylbewerbern auf die gleiche Stufe gestellt zu werden.« Nachdrücklich fordert Stetten die Rückkehr der Bürgerkriegsflüchtlinge nach Bosnien-Herzegowina. Sie könnten nicht warten, bis andere ihr Land wieder aufgebaut hätten. Müßig die Erwähnung seiner Forderung nach konsequenter Abschiebung der abgelehnten AsylbewerberInnen, in seinen Augen »hunderttausende von Wirtschaftsflüchtlingen«.
»In der konkreten Arbeit (...) nicht ganz rechts«?
Aber sonst schon? Stetten jedenfalls sieht das so: »Wenn mich jemand einen Rechtsaußen nennt, kann der nur linksextrem sein. Ich bin Mitte.« Nach dieser Definition gäbe es allerdings auch linksextreme CDUlerInnen. Der Lokalmatador der REP, Alexander Schonath, hätte jedenfalls nichts dagegen, Stetten in seinen Reihen begrüßen zu können - hieß es aus wohl mal. Einigkeit bestand nicht zuletzt in Sachen Vergangenheitsbewältigung.
Gegen die Ausstellung »Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944«, die im Wahlkreis gezeigt werden sollte, protestierten Schonath und Stetten aufs Schärfste. Letzterer verwahrte sich gegen den Versuch, 16 Millionen deutsche Soldaten pauschal zu Verbrechern zu stempeln, »weil es einige waren«. Die Ausstellung versuche »einseitig und historisch zweifelhaft« die deutsche Wehrmacht als Verbrecherorganisation hinzustellen und zu verunglimpfen. Schwerste Verbrechen habe es »nicht nur auf der einen Seite« gegeben, »von den Greueln und Verbrechen nach dem Kriege an Deutschen (...) ganz zu schweigen«.
Daß Stetten einem recht revisionistisch geprägten Geschichtsbild anhängt, hat er auch schon früher bewiesen. Voll und ganz stellte er sich hinter Otto von Habsburg ("Paneuropa Union"), als dieser 1995 anläßlich eines Neujahrsempfanges in Schwäbisch Hall forderte, sich nicht auf die »ganz kleine Hitler-Nabelschau« zu beschränken, denn »was sind zehn, zwölf fahre im Vergleich zur großen deutschen Geschichte? Ganz abgesehen davon, daß die Scheußlichkeiten, die damals bei uns passiert sind (...) schließlich auch anderswo geschehen sind.« Vorjahren bemerkte Habsburg: »Die sogenannte DDR hat nicht nur KZ's eingerichtet, sie ist selber ein einziges riesiges Konzentrationslager.« Stetten setzt noch eins oben drauf: »Wer aber bestreitet, daß der Kommunismus und Sozialismus in der DDR mit den schlimmsten Auswüchsen des Nationalsozialismus gleichzusetzen ist und die DDR nicht mit einein KZ zu vergleichen ist, versucht den mörderischen Sozialismus der SED in der ehemaligen DDR 'reinzuwaschen'. (...) Ob einer aus Auschwitz, Bergen-Belsen oder anderen KZs fliehen wollte und am Stacheldraht erschossen wurde, oder ob dies an der innerdeutschen Grenze oder an der Mauer geschah, es war der gleiche menschenverachtende, grausame totalitäre Anspruch eines Sozialismus oder Nationalsozialismus (...)«.
Wen wundert es da noch, daß Stetten per Strafanzeige wegen angeblicher Volksverhetzung und Beleidigung gegen Gewerkschafter vorgeht, die öffentlich das Tucholsky-Zitat »Soldaten sind Mörder« verwenden? Und nachdem das Bundesverfassungsgericht entschied, daß diese Aussage keine Verurteilung wegen Volksverhetzung und Beleidigung rechtfertigt, forderte Stetten die Verfassungsrichter auf, »sich für krank« erklären zu lassen und sich von ihren Ämtern zurückzuziehen. Sie machten sich »mitschuldig am Untergang demokratischer Ordnungen«.
Den Vogel schoß der gelernte Jurist und langjährige Richter dann noch ab, als er dieses Urteil mit dem »Deckert-Urteil« zusammenschmiß. Sowohl das Urteil gegen Ex-NPD-Chef Günter Deckert, als auch das »Mörder-Urteil« seien für die deutsche Justiz »ein großer Schaden«. Dabei verniedlichte er selbst noch das Urteil von Richter Rainer Orlet. »Da stehen Passagen drin, die ich so sicher nicht geschrieben hatte«. Alles sei jedoch wohl eine Frage der »Anführungszeichen«.
»Verbindung zum rechtsradikalen Spektrum (...) abschneiden«
»Sofern überhaupt vorhanden«, gibt Stetten zu bedenken, denn »NPD, Republikaner und PDS haben bei uns nichts zu suchen«. Der führende REP-Funktionär Rolf Schlierer, 1989 als SZW "Kuriatoriumsmitglied" geoutet und dann gefeuert, hätte sich »eingeschlichen«. Dem entgegen steht Schlierers Aussage, daß er auf Wunsch von Filbinger zuerst ins "Kuratorium" und dann ins "Präsidium" berufen wurde. Von 634 Mitgliedern des SZW mußten nun noch mindestens zwei »unbekannte« REPler gehen. Verärgert darüber zogen sich noch zehn weitere deutlich rechtsorientierte Mitglieder zurück.
Doch da gibt es ja wohl noch mehr »abzuschneiden«, um auf »liberal-konservativen« Kurs zu geraten. Der Berliner Ulli Boldt war laut Medienberichten3 zwischen 1991 und 1995 zeitweise einer der Leiter der Jungweikersheimer. Früher war er in den Kreisen der Neonazigruppe "Nationalistische Front" (NF) aktiv und betrieb zeitweilig das "Nationale Infotelefon Berlin" (NIT Berlin). Mit Leuten wie SZW-"Geschäftsführer" Albrecht Jebens oder den "Präsidium"-Mitgliedern Lothar Bossle und Klaus Hornung ist eine klare Abgrenzung vermutlich auch nicht wirklich umsetzbar. Wo stehen Leute politisch, die sich auf Treffen diverser ultra-rechter Gruppierungen oder der »Kultur-Konservativen Messe« rumtreiben? Welchem Spektrum ist jemand zuzuordnen, wenn nicht dem »rechtsradikalen«, der in Rechtsaußen-Verlagen und in (ultra) rechten Publikationen veröffentlicht?
Der rechten Wochenzeitung "Junge Freiheit" (JF) gewährte Stetten gleich nach seiner Wahl ein Interview. Als Gesprächspartner fungierte hierbei Thorsten Thaler (früher REP). Daß die JF zeitweilig unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stand, sei ihm, Stetten, (angeblich) unbekannt.
Einen weiteren Grund, am neuen Kurs zu zweifeln, ergibt ein Blick auf die Referentenliste der »6. Weikersheimer Hochschulwoche« vom 21. bis 26. September 1997. Neben dem kürzlich aus dem Präsidium ausgeschiedenen Brigadegeneral a.D. Heinz Karst (u.a. Deutschland Stiftung) findet man Leute wie den umstrittenen Militär-Historiker Heinz Magenheimer (Wien) und den "Anti-Antifa-Prof" Hans-Helmuth Knütter (Bonn).
Den SZW-Referenten Magenheimer kennt Stetten angeblich gar nicht. Magenheimer publizierte u.a. in der JF und in der Reihe »Deutsche Geschichte«. Dem Militärhistoriker werden von KritikerInnen revisionistische Tendenzen, deutschnationale Auffassungen sowie ein Konzept der Volksgemeinschaft vorgeworfen. In Sachen Magenheimer verläßt sich Stetten auf das Urteil von Jebens. Der ist Autor in rechten Publikationen wie "Junges Forum", "Criticon" und "Ostpreußenblatt" und damit quasi kompetent? Jebens kenne, so Stetten, Magenheimers Arbeiten sehr gut.
Einer, der die Arbeit von Magenheimer bestimmt kennt, ist Knütter. Wie Magenheimer und auch Lothar Bossle referierte er im Rahmen der Tagungen der "Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt" (ZFI). Diese wird von den AutorInnen des »Handbuchs deutscher Rechtsextremismus« als »führende Vertreterin der Bestrebungen, die nationalsozialistischen Verbrechen zu relativieren« eingeschätzt. Sie bilde dort »einen Schnittpunkt zwischen rechtskonservativen Kreisen bis in das extrem rechte Spektrum hinein."4
- 1Vgl. Mecklenburg, Jens (Hg.): Handbuch Deutscher Rechtsextremismus, Berlin 1996, S.207 ff
- 2In Rostock-Lichtenhagen (Anmerkung der GastautorInnen).
- 3Vgl. u.a. "Neues Deutschland": "Ein Berliner Neo-Nazi will Jurist werden" vom 20.12.1995.
- 4Vgl. Mecklenburg, Jens (Hg.): Handbuch Deutscher Rechtsextremismus, Berlin 1996, S.211-212