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DVU: Geschichte und Profil einer Phantom-Partei

Einleitung

Gegründet wurde die "Deutsche Volksunion" (DVU) 1971 unter Führung und Vorsitz Gerhard Freys als Verein, dessen Ziel die Sammlung des ultra-rechten und neofaschistischen Lagers ist. Seine politischen Mitstreiter Erwin Arlt, Paul Pisterer, Emmerich Giel, Werner Nowak, Walter Brandner und  Wilhelm Pleyer blieben jedoch in der DVU eher im Hintergrund. Zumindest Brandner und Pleyer stammten wie Frey aus dem Kreis der NPD.

Foto: Christian Ditsch

Der DVU-Chef Gerhard Frey.

Zwischen Verein und Partei

Da es unrealistisch erschien, rechts von der Union Wahlerfolge zu erzielen, sollte die DVU als überparteiliche Organisation von rechts Einfluß auf die Konservativen ausüben. In der Tat gelang es dem Frey-Verein in den folgenden Jahren, Personen aus dem Spektrum von Union bis hin zu ehemaligen NSDAP-Mitgliedern zu mobilisieren und für seine Groß-Veranstaltungen zu gewinnen. Unter Federführung der Wochenzeitungen aus dem Hause Frey bemüht sich die DVU propagandistisch vor allem um die Rehabilitierung des Nationalsozialismus und die Verharmlosung seiner Verbrechen.

Vor dem Hintergrund der Enttäuschung vieler Rechter über die seit 1982 amtierende konservative Regierung begab sich die DVU 1986 schließlich doch auf die parteipolitische Bühne. Zusammen mit der NPD wurde das Wahlbündnis "Deutsche Volksliste" gegründet, das 1987 in "DVU-Liste D" umbenannt wurde und in Konkurrenz zu den REPs agierte. In der Folge traten die beiden Parteien mit gemeinsamen Listen an oder verzichteten zugunsten der anderen Partei auf eine Kandidatur. Die "Liste D" erhielt 1987 bei den Bremer Landtagswahlen in Bremerhaven 5,4 Prozent und damit einen Abgeordneten. Als die NPD, zu deren Gunsten die DVU auf eine Kandidatur verzichtet hatte, bei der Bundestagswahl 1990 ein vernichtendes Ergebnis einfuhr, beendete Frey das Wahlbündnis.

1991 wurde der Zusatz "Liste D" gestrichen und die DVU agierte zukünftig alleine als Partei, die weitgehend identisch mit dem 1971 gegründeten Verein ist, der nach wie vor besteht. 1991 erhielt die DVU bei den Wahlen zur Bremer Bürgerschaft 6,18 Prozent der Stimmen und fünf Abgeordnetensitze, die Fraktion löste sich kurze Zeit nach den Wahlen wegen interner Konflikte auf. In Bremerhaven kam sie sogar auf 10,26 Prozent und konnte bei der dortigen Stadtverordnetenwahl 1995 5,7 Prozent der WählerInnenstimmen halten. In Schleswig-Holstein stimmten bei den Landtagswahlen 1992 6,3 Prozent der Wählerinnen für die DVU, die damit sechs Mandate erhielt. Die Fraktion zerfiel innerhalb weniger Monate, einzelne Abgeordnete traten zur "Deutschen Liga" über. Bei den nächsten Landtagswahlen 1996 verpaßte die DVU dann den Einzug in den Kieler Landtag mit 4,3 Prozent knapp. Bei den Bürgerschaftswahlen in Hamburg Anfang 1997 scheiterte die DVU mit 4,9 Prozent nur knapp an der Fünf-Prozent-Hürde.

Obwohl die DVU in allen Bundesländern Landesverbände unterhält und mit angeblich 15.000 bis 27.000 Mitgliedern (die Angaben hierzu schwanken stark) neben den REPs die größte ultra-rechte Partei in der BRD ist, existieren Parteileben und -Strukturen praktisch nicht und sind auch nicht gewünscht: KandidatInnen werden per Telefon oder schriftlich unter Bestellern von DVU-Informaterial gesucht; Wahlkämpfe werden generell unter Millionenaufwand mit Hauswurfsendungen, Plakatwänden und anderen Werbemitteln in Massenauflagen von der Parteizentrale in München aus geführt.

Die Kernmannschaft der DVU und der DVU-nahen (wirtschafts)Projekte konnte auf wenige Kader um Gerhard Frey, Gerhard Frey junior, Sven Eggers, Bruno Wetzel, Hans-Otto Weidenbach, Walter K., Heinrich Gerlach, zeitweilig Harald Neubauer und Bernd Dröse eingegrenzt werden.

Zwischen Politik und Geschäft

Ohne Gerhard Frey und seine Millionen wäre die DVU, die letztendlich nur den "organisierteren" Teil der Kundschaft von Freys Verlagsimperium darstellt, und ihre Wahlerfolge nicht denkbar. Finanziert werden die Parteiaktivitäten durch die Mitgliedsbeiträge der DVU und der ihr angeschlossenen sechs Aktionsgemeinschaften sowie Spenden, zu denen Frey ungeniert wie kein anderer aufruft, und Wahlkampfkostenrückerstattung. Hinzu kommen Gelder, die die DVU-Fraktionen in den Landtagen erhalten und Millionen aus den Kaufhäusern der Familie Frey.

Letztendlich dürfte Frey über sein Wirtschaftsimperium, zu dem neben den Verlagen auch Immobilien und ein Reisedienst ("Deutsche Reisen") und ein "Freiheitliches Sozialwerk" gehören, vermutlich mehr Geld aus der Partei abschöpfen, als er hineinsteckt. Schließlich erhält er über Kredite an die Partei nicht nur jährliche Zinszahlungen in sechsstelliger Höhe, sondern findet in den Parteimitgliedern auch eifrige Abnehmer für seine Wehrmachtsdevotionalien, Videos, Bücher, Münzen und Zeitungen. Die DVU wirbt bei ultra-rechten RentnerInnen offensiv um Erbschaften und Spenden. Unklar bleiben bis her die Höhe angeblicher Anteile der DVU an einem Immobilienfonds und die Hintergründe eines angeblichen Grundbesitzes in Form von Ackerland auf der Insel Usedom.

In Berlin besaß bzw. besitzt Gerhard Frey bzw. seine Familie zusätzlich rund 500 Wohnungen, die er zeitweilig auch von dem "Hauswart" und DVU-Anhänger Jürgen T. betreuen ließ.

Freys Zeitungen und Verlage

Bis heute sind seine beiden Wochenzeitungen "National-Zeitung" (NZ) und "Deutsche Wochen-Zeitung" (DWZ) mit einer geschätzten Auflage von zusammen 140.000 Exemplaren die mit Abstand größten Publikationen der extremen Rechten. Für diese hatte Frey 1958 den "DVZ Verlag" ("Druckschriften- und Zeitungsverlags GmbH") gegründet, dem noch der "Freiheitliche Buch- und Zeitschriftenverlags GmbH" (FZ-Verlag) angegliedert wurde. Die Partei war eng mit dem Verlag der National-Zeitung verbunden. Dieser gehörte jedoch direkt Gerhard Frey und war nicht Teil des Parteivermögens. Er scheint eine Art Familien-Unternehmen zu sein. Sein Sohn Gerhard Frey (junior) und seine Tochter Michaela Frey sollen im Verlag angestellt sein. Seine Frau Regina Frey soll für den Verlag Vollmachten besitzen.

Geld ist nicht alles

Trotz der Finanzstärke des Frey-Imperiums, des gesellschaftlichen Einflusses seiner Propagandamaschinerie und auch trotz des Wahlsieges von Sachsen-Anhalt sollte die DVU nicht überbewertet werden. Außer populistischen Parolen hat die Partei programmatisch nichts zu bieten und erreicht von Wahlen abgesehen fast ausschließlich die mittlere und ältere Generation. Ihre parlamentarische Arbeit erschöpft sich in der Inszenierung von Skandalen und dem Stellen von Anträgen, die in der Parteizentrale in der Münchner Paosostraße formuliert werden und politisch bedeutungslos bleiben.

Angesichts der Erfahrungen in Bremen und Schleswig-Holstein kann davon ausgegangen werden, daß auch die DVU-Fraktion in Sachsen-Anhalt innerhalb kurzer Zeit mit heftigen internen Konflikten und Streitereien mit der Münchner Parteizentrale beschäftigt sein wird, die bemüht ist, jede eigenständige Aktivität der Fraktionen zu unterbinden.

Da aber insbesondere im Spektrum der extremen Rechten bekanntermaßen zumeist nicht politische Praxis sondern Parolen gewählt werden, sind auch zukünftige Wahlerfolge der DVU nicht ausgeschlossen. Ob dies weitergehende politische Folgen haben wird, ist eine andere Frage.