»Sie schlagen sich Schmisse ins Gesicht – denn auf dem Hintern sieht man's nicht«
Die im Hamburger Waffenring zusammengeschlossenen Studentenverbindungen planen am 22. April, einen »Feierlichen Festkommers – 750 Jahre Stadt Königsberg« durchzuführen. Dass man hier revanchistischen Konzeptionen anhängt, wird schon im Titel deutlich – durch die bewusste Ignoranz des heutigen Städtenamens Kaliningrad und dem Verwenden der Bezeichnung Königsberg. Neben den im Hamburger Waffenring zusammengeschlossenen Burschenschaften wird die extrem rechte »Preußische Allgemeine Zeitung« als Co-Veranstalter für entsprechende Inhalte sorgen. Dazu ist als Festredner Jörg Schönbohm, CDU Innenminister von Brandenburg, geladen. Der ehemalige General versucht seit langem mit rechter Propaganda dafür zu sorgen, dass rechts der Union kein Platz bleibt. So gab er ein Interview in der extrem rechten Publikation »Junge Freiheit« (JF), in welchem er behauptet, der Aufstand der Anständigen sei verantwortlich für die Zunahme neofaschistischer Straftaten.1
- 1Junge Freiheit 47/2002, Die Union muß auf konservative Werte setzen.
Der Hamburger Waffenring wurde 1951 als Zusammenschluss der schlagenden Vorort-Verbindungen aus der Deutschen Burschenschaft (DB), dem Coburger Convent der Landsmannschaften und Turnerschaften (CC) und dem Corps Irminsul aus dem Weinheimer Senioren-Convent (WSC) gegründet. Diese Verbindungen treffen sich regelmäßig, schlagen Pro-Patria-Mensuren und veranstalten größere Zusammenkünfte wie den Interkorporations-Workshop zur Elitebildung und Nachwuchsrekrutierung. Gemeinsam ist den Waffenstudenten eine patriarchalische, männerbündische Ideologie, die Frauen in den eigenen Reihen sowie eine emanzipatorische Politik ablehnt. Dazu kommt Elitedünkel und Protektionismus der eigenen Klientel und häufig ein völkisches Nationenverständnis mit großdeutschen Ansprüchen bis hin zur Ablehnung alles Nichtdeutschen – die Grenzen zur extremen Rechten sind fließend. Die Politik der im Waffenring organisierten Burschenschaften spricht hier eine klare Sprache.
Germania Hamburg
Beispielhaft ist diese an der Burschenschaft Germania Hamburg zu sehen. Bereits 1961 gegründet haben die Germanen schon eine neonazistische Tradition und vertreten selbst in ihrem bundesweiten Dachverband dem DB eine rechtsaußen Position. Die Wiederbelebung der völkischen Ideologie wird in offen NS-apologetischer Weise von der Germania gerechtfertigt. Sie sei nötig, da »die totale Niederlage Deutschlands im Jahre 1945(...) auch die weltanschaulichen und politischen Ziel- und Wertvorstellungen, die früher selbstverständlich waren, völlig in Frage« stelle. Anfang der 70er Jahre orientierte sich die Germania an der NPD, zu der es auch personelle Überschneidungen gab. Mit dem Scheitern der NPD auf Bundesebene wurde erst wieder Ende der 80er Jahre mit den Republikanern eine Partei für die Verbindungsstudenten attraktiv. In den 90er Jahren wandte sich die Germania stärker der »Neuen Rechten« zu. Der Hamburger Leserkreis der JF, der Hamburger Kreis (HK), traf sich regelmäßig im Germanenhaus und lud namhafte Referenten der extremen Rechten zu Schulungen ein. Insbesondere die radikale Entwicklung des HK und seine Beobachtung durch den Verfassungsschutz führte dazu, dass sich die JF von ihr formell trennte. Neben dem nicht zu unterschätzenden ideologiebildenden Teil für Neonazi-Kreise in Hamburg, gab es in der Germania in den 90er Jahren auch einen militant -neonazistischen Flügel.1
Inzwischen gibt es Anzeichen dafür, dass sich die Germania wieder der NPD zuwendet. Im Jahr 2000 empfahl die NPD »national gesinnten Studenten« die Mitgliedschaft in der Germania. Diese wiederum sandte potentiellen NPD-Mitgliedern Informationsmaterial zu. Bis April 2004 wohnte der Betreiber des neonazistischen »Nordic-Hammer-Versandes«, Sascha Keller, im Haus der Germania. Er unterstützt das Musikprojekt »Schulhof-CD« aus dem Kreis der Freien Kameradschaften. Ein Vortragsabend der Germanen im Dezember 2004 unter dem Thema »60 Jahre Kesselschlacht in Halbe« richtete sich entsprechend an Interessierte aus NPD und den Freien Kameradschaften.2 Trotz ihrer extrem rechten Positionen und Verbindungen schaffte es die Germania in die Landesregierung. Der Burschenschaftler Christian Brandes konnte als hochschulpolitischer Sprecher der Schill-Partei bis 2004 die Bürgerschaft als Tribüne für seine anti-egalitären und reaktionären Ansichten nutzen. Brandes ist auch Verbindungsperson der Germania zum »Verein für Denkmalerhaltung« und dem vorstandsidentischen »Verein zur Erhaltung des 76er Denkmals«. Das Denkmal wurde durch die Nazis erbaut und trägt die Inschrift »Deutschland muss leben – und wenn wir sterben müssen«.
Hansea-Alemannia und Germania-Königsberg
Ein weiteres Mitglied des Hamburger Waffenringes ist die Burschenschaft Hansea-Alemannia. Die Hansea nahm einst die Mitglieder der »Alten Straßburger Burschenschaft Alemannia« auf und steht nicht ganz so weit rechts wie die Germania-Hamburg, pflegt aber enge Kontakte zu dieser. Ihr Mitglied Patrick Martens organisierte in den 90ern mehrere Veranstaltungen in seinem Burschenschaftshaus zu Themen der »Neuen Rechten« u.a. mit deren Vordenker Karlheinz Weißmann.3 Beziehungen in völkisch-pagane Kreise bestanden in den 90er Jahren über den »Hansen« Sven-Onnen Fischer zum »Heidenkreis Hamburg e.V.«. Organisiert wird der Festkommers im April vor allem von Bernhard Knapstein einem Mitglied der Burschenschaft Germania-Königsberg.4 Sie besitzt ebenfalls eine weitreichende Vergangenheit und integrierte 1950 die Burschenschaft Askania, eine extrem antisemitische, schlagende Verbindung, welche schon vor 1933 ein Hakenkreuz im Wappen trug.
Bis 1997 stellten die Königsberger ihr Haus der extrem rechten Jungen Landsmannschaft Ostpreußen (JLO) zur Verfügung, welche bis heute alljährlich den Naziaufmarsch in Dresden organisiert. Seit Jahren trifft sich auch die »Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft« (SWG) in den Räumen der Germania-Königsberg. Laut Rechtsextremismus-Experten Prof. Wolfgang Gessenharter ist die SWG ein wichtiges Scharnier zwischen Konservativen und der extremen Rechten. Sie wurde vor über 40 Jahren von ehemaligen Nazis gegründet und hat seitdem Dutzenden von namhaften Referenten von Alt- und Neonazis, Vertriebenen, Geschichtsrevisionisten, Neuen Rechten bis hin zu CDU-Funktionären ein Forum geboten. Medienbeauftragter der SWG ist erwähnter Bernhard Knapstein.
Landsmannschaft Mecklenburgia-Rostock
Die Mecklenburgia macht vor allem durch ihre »Alten Herren« Furore. Eine Rede ihres »Alten Herren« Prof. Dieter Wiebecke's sorgte 1993 selbst innerhalb des CC für einen Eklat, weil er die beispiellose Hingabe und Opferbereitschaft der 6. Armee in Stalingrad 1943 als Vorbild für die heutige Jugend bei einer militaristischen Totenehrung in Coburg lobte. Als quasi programmatisch steht die Rede bis heute auf den Internetseiten der Mecklenburgia. Ein bekannter Alter Herr dürfte auch Emil Schlee, ehemaliger REP-Europaabgeordneter und Multifunktionär in völkischen Kreisen, sein. Ein weiterer ist Hanno Borchert, er war der Kopf des Hamburger Kreises und fand 1997 eine namentliche Eintragung im Hamburger VS-Bericht. Er engagierte sich bei der nationalrevolutionären Zeitschrift »wir selbst«, sowie dem Heidenkreis Hamburg e.V.5 Aus diesem Verein kommt auch der Alte Herr Daniel Junker, welcher im Verbindungshaus 2003 ein Vortrag über »Restauration der Götter. Völkische Religiosität in der Weimarer Republik« hielt.
Andere Vorträge bei den »Meckis« hielten u.a. Reinhard Günzel, Dieter Stein6
, Reinhard Uhle-Wettler7
aber auch Professoren der Hamburger Uni und der damalige Wirtschaftssenator von Hamburg Gunnar Uldall. Es handelt sich bei aufgeführten Burschenschaften nur um exemplarische Beispiele der Organisationen, die im April beim Festkommers vertreten sein werden. Als Veranstaltungsort wurde der Platz der Jüdischen Deportierten, von dem aus Tausende von HamburgerInnen in die nationalsozialistischen Vernichtungslager deportiert wurden, gewählt.
- 1Antifaschistisches INFO Blatt 25 – Dezember/Januar 1993/1994, Faschisten an der Uni Hamburg
- 2www.germania-hamburg.de
- 3Martens publizierte auch in dem Sammelband »Wir 89er« aus dem Umfeld der »Jungen Freiheit«.
- 4Laut »Junge Freiheit« 21/1997 war Knapstein Bundesvorsitzender der JLO und im Landesvorstand des Bundes der Vertrieben (BdV) in NRW.
- 5Mitbegründerin ist die Schwester Sven Fischers, Iris Katrin Fischer – besser bekannt als die extrem rechte Sängerin Swantje Swanhit.
- 6Dieter Stein ist Herausgeber der extrem rechten Wochenzeitung»Junge Freiheit«
- 7Reinhard Uhle-Wettler ist Vorsitzender der SWG.