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Brandenburger NPD-Funktionär in U-Haft

Foto: Presseservice Rathenow

Der NPD-Funktionär Maik Schneider im September 2015 in Bad Belzig.

Nach zahlreichen rassistischen Protesten, Brandanschlägen und zuletzt Anleitungen zum Bombenbau und Bombendrohungen im brandenburgischen Nauen seit Anfang 2015 wurde nun der NPD-Funktionär Maik Schneider (29) am 1. März 2016 festgenommen. Gegen ihn und mindestens vier weitere Neonazis wird wegen des Verdachts der Bildung — bzw. Mitgliedschaft — in einer kriminellen Vereinigung ermittelt. Ihnen wird vorgeworfen, für mehrere Brandanschläge verantwortlich zu sein, wie im Mai 2015, als das Auto eines polnischen Staatsbürgers in Nauen angezündet wurde, oder am 25. August 2015, als eine Turnhalle, in der eine Unterkunft für Geflüchtete eingerichtet werden sollte, in Brand gesetzt wurde. Daneben werden ihnen verschiedene Sachbeschädigungen zu Last gelegt. Außerdem wird geprüft, ob es Verbindungen zum Sprengstoffanschlag auf den Treffpunkt für Geflüchtete in einer evangelischen Kirche in Jüterbog gibt.

Im Zuge der ersten Festnahmen von Maik Schneider, Frauke S. (22) und Dennis Wilsky (28) wurden außerdem mindestens sechs Gebäude und Wohnungen in Potsdam, Nauen und Schön­walde-Glien durchsucht. Dabei wurden verschiedene Laptops, Handys, Kameras und Datenträger, sowie RechtsRock-CDs, mehrere tausend Euro Bargeld und Drogen sichergestellt. Dennis Wilsky versuchte sich dem Haftbefehl zu entziehen und konnte drei Tage später in einer Wohnung in Nauen festgenommen werden. Mittlerweile wird auch gegen drei weitere Neonazis, darunter Christian B. (26) und Christopher L. (31), wegen der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung sowie der oben genannten Delikte ermittelt.

Im Februar 2015 protestierten während einer Stadtverordnetenversammlung mehrere Neonazis und rassistische Bürger_innen im und vor dem Saal gegen die geplante Unterbringung von Asylsuchenden. Anlass war die Abstimmung über den Verkauf eines Grundstückes, das für den Bau einer Unterkunft bereitgestellt wird. Maik Schneider initiierte die Proteste und Störungen und führte sie auch außerhalb der Versammlung an. Insgesamt beteiligten sich knapp 150 Personen, circa 50 Neonazis und etwa 100 rassistische Bürger_innen  an der Aktion.

Im Laufe des Jahres folgten zahlreiche von Schneider organisierte rassistische und neonazistische Kundgebungen, hauptsächlich unter dem „Nein zum Heim“-Label, an denen jeweils zwischen 30 und 150 RassistInnen und Neonazis teilnahmen. Das Antifaschistische Pressearchiv Potsdam (APAP) zählt in der Chronik neonazistischer Aktivitäten für das Jahr 2015 mindestens neun Versammlungen, die von Schnei­der in Nauen angemeldet oder geleitet wurden. Im April 2015 zerstachen Neonazis die Reifen am Kleinbus eines Jugendfördervereins und hinterließen die Botschaft: „Liebe Asylantenfreunde, Tröglitz ist auch hier. Bis bald!“ — der Verein hatte einen Tag zuvor Proteste gegen eine rassistische Versammlung mitorganisiert. Über das Jahr 2015 verübten Neonazis außerdem mindestens sieben Anschläge auf das Büro der Partei DIE LINKE. Nachdem die geplante Unterkunft für Asylsuchende in Brand gesetzt worden war erschienen einen Tag später organisierte Neonazis aus dem Umfeld der NPD und der „Freien Kräfte Osthavel­land/Neuruppin“ bewaffnet mit Eisenstangen und versuchten, eine antirassistische Demonstration von örtlichen Parteien und Zivilgesellschaft anzugreifen, die in Reaktion auf den Brandanschlag organisiert wurde. Auch hier war Schneider anwesend.

Schneider ist mit Ausnahme einer einjährigen Pause seit 2008 für die NPD in der Nauener Stadtverordnetenversammlung und im Kreistag aktiv. Im Jahr 2013 kandidierte er für die NPD zur Bundestagswahl. Durch sein biederes Auftreten in der öffentlichen Wahrnehmung oftmals in seiner Gefährlichkeit unterschätzt oder nicht wahrgenommen, gilt er als einer der Köpfe der „Freie Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ und ist gut vernetzt mit der neonazistischen Kleinstpartei „Der III. Weg“ und Aktiven der Neonazi-Kampagne „Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung“ sowie der Gruppierung „Licht und Schatten“. Dadurch hat Schneider auch enge Kontakte zur orga­nisierten Neonazi-Szene in Potsdam, ins­besondere zu Maik Eminger, dem Bruder des im NSU-Prozess angeklagten mutmaßlichen Unterstützers André Eminger.
Seit Herbst 2015 tritt Schneider als "Ansprechpartner bei Fragen aus Potsdam" für den neu gegründeten Stadtverband der NPD in Potsdam auf — er ist außerdem mutmaßlicher Initiator und Verantwortlicher der Neugründung.

Auch in diesem Jahr führten RassistInnen und Neonazis ihre militant-einschüchternden Aktivitäten in Nauen fort. Im Februar 2016 wurde ein Fahrzeug von Politiker_innen der Partei DIE LINKE angezündet, wenige Tage später wurden Bombenbauanleitungen zum Einsatz gegen Geflüchtete in Briefkästen verteilt. Ob die Inhaftierung Schneiders tatsächlich weiteren Aktivitäten entgegenwirkt, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten zeigen — Ende März soll die Unterkunft für Geflüchtete in Nauen bezugsfertig sein.