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"Der III. Weg“ International

Johannes Hartl
Einleitung

Die Neonazi-Partei »Der III. Weg« unterhält gute Beziehungen ins Ausland – auch in Staaten wie Syrien und den Libanon. Dabei profitiert die Organisation teilweise von Verbindungen, die Aktivisten des verbotenen »Freien Netzes Süd« geknüpft haben.

Foto: Youtube; My News24, CC BY 3.0, wikimedia.org

Ein ukrainischer Kooperationspartner des "Der. III Weg" ? Der Leiter des Азов-Regiments Andrij Bilezkyj.

Lange hat die neonazistische Kleinstpartei »Der III. Weg« nicht gewartet, um ihre ersten Auslandsbeziehungen aufzunehmen. Bereits kurz nach ihrer Gründung im September 2013 hat die Organisation erste Kontakte in andere Staaten geknüpft, darunter insbesondere in die osteuropäischen Länder Tschechien und Ungarn sowie nach Griechenland. So hat sich die Partei am 15. Februar 2014 prominent an einem Aufmarsch im tschechischen Karlovy Vary (deutsch Karlsbad) beteiligt, wo als Ersatz für die jährlichen Aktionen in Sachsen ein »Trauermarsch« unter dem Motto »Ein Licht für Dresden« durchgeführt wurde. Als Redner waren damals die Führungskader Tony Gentsch und Matthias Fischer sowie der Parteivorsitzende Klaus Armstroff aufgetreten.

Es blieb nicht der einzige Kontakt, den die Neonazis ins Ausland gesucht haben. Schon im Januar desselben Jahres hatte sich eine Delegation – ebenfalls unter der Begleitung von Armstroff – am sogenannten Imia-Marsch in Griechenland beteiligt. Die Demonstration wird von der neofaschistischen Partei »Chrysi Avgi« (Goldene Morgenröte, griechisch Χρυσή Αυγή) augerichtet und gilt als einer der größten Aufmärsche Europas. Sie bezieht sich auf den territorialen Streit zwischen Griechenland und der Türkei um die gleichnamige Insel, bei dem 1996 drei Mitglieder einer griechischen Hubschrauberbesatzung ums Leben gekommen waren. Die Goldene Morgenröte nutzt diesen Vorfall seit 1997 für ihre politischen Zwecke.

Mit der Teilnahme an der Aktion in Athen wollte »Der III. Weg« seine »Solidarität mit den Gesinnungsfreunden« ausdrücken und »die Beziehung volkstreuer Kräfte innerhalb Europas weiter ausbauen«, heißt es auf der Website der Partei. Tatsächlich ist das ein erklärtes Ziel der militanten Neonazi-Gruppierung, welches sie seit 2013 konsequent verfolgt. Dabei dürften sich für die Neugründung bestehende Verbindungen als hilfreich erwiesen haben, die der bayerische Kameradschaftsdachverband »Freies Netz Süd« (FNS) einst ins Leben gerufen hat. Das neonazistische Netzwerk war 2013 zum Ziel einer Razzia geworden, die das bayerische Innenministerium mit dem Ziel durchgeführt hat, die Organisation zu verbieten. Daraufhin haben dessen Aktivisten die lokalen Strukturen weitgehend in die neue Partei überführt, sodass das FNS bis zum Verbot im Juli 2014 keinerlei Relevanz mehr besaß.1

Neben den Strukturen hat das verbotene Netzwerk offenbar auch seine Verbindungen in andere Staaten miteingebracht. So befanden sich unter den Angehörigen der Delegationen bekannte Aktivisten, die sich jahrelang in führender Funktion im FNS engagiert haben. Beim »Tag der Ehre« in Budapest am 11. Februar 2017 war beispielsweise Matthias Fischer als Redner aufgetreten, inzwischen Leiter des »Gebietsverbands Mitte«.2 Vor seinem Umzug nach Brandenburg war der vorbestrafte Neonazi der zentrale Führungskader des FNS. In dieser Funktion war er am »Deutsch-Ungarischen-Freundeskreises« beteiligt und mehrfach als Redner bei den Aktionen in Budapest aufgetreten.

Auch bei den Kontakten nach Griechenland dürfte Fischer eine Rolle gespielt haben. Im Zusammenhang mit dem »Imia-Marsch« 2014 gab er der Publikation »Empros« ein Interview, die mit der Goldenen Morgenröte verbunden ist. Er sprach dort über die »speziellen Beziehungen zwischen Deutschen und Griechen heute und damals«. Zudem war Fischer 2013 noch als FNS-Führungskader nach Athen geflogen, um die Räumlichkeiten der Chrysi Avgi im Parlament zu besuchen und sich mit Vertretern der Partei auszutauschen. Zuvor waren griechische Neonazis im November 2012 bereits zu einem »kulturpolitischen Austausch« nach Nürnberg gereist, wo sie an einer Stadtführung der nationalsozialistischen Art teilgenommen haben.3

Mittlerweile sind die Beziehungen nach Osteuropa und nach Griechenland längst gefestigt, was vorwiegend durch regelmäßige Kooperationen sichtbar wird. In den letzten Jahren waren Aktivisten der Partei zum Beispiel wiederholt nach Ungarn und Griechenland gereist, um sich an den dortigen Aktionen zu beteiligen. Im Umkehrschluss waren Angehörigen der jeweiligen Partnerorganisationen immer wieder mit derselben Intention nach Deutschland gekommen – unter anderem nahmen ungarische Neonazis an internen Veranstaltungen deutscher »Kameraden« teil oder marschierten bei deutschen Aufmärschen mit, etwa am 1. Mai 2014 in Plauen, am 01. Mai 2015 in Saalfeld oder am 01. Mai 2017 in Gera. Griechische Neonazis beteiligten sich am 24. Juli 2017 wiederum an einer »Sonnwendfeier« in Brandenburg und standen im Januar 2015 für eine »Live-Schaltung« nach Brandenburg zur Verfügung.

Zuletzt hat die neonazistische Partei jedoch weitere Beziehungen in andere Länder geknüpft. Am 18. Februar 2017 ist in Würzburg etwa Simon Lindberg, Kopf der militanten  "Nordiska motståndsrörelsen" (»Nordische Widerstandbewegung«) , bei einem »Trauermarsch« des »Der III. Weg« aufgetreten. Der schwedische Neonazi konnte dort unbehelligt eine Rede halten und gab der Organisation im Vorfeld ein Interview, das diese auf ihrer Website veröffentlichte. In dem Gespräch stellte Lindberg unumwunden klar, welche politische Zielsetzungen er letztlich verfolgt: »Meine Vision ist, dass alle Weißen auf der Welt endlich erwachen und den Zionismus bekämpfen und ihn diesmal besiegen«, so der Neonazi. »Ich sehe die Zukunft in starken und unabhängigen Nationen, welche gut zusammen kooperieren und sich gegenseitig respektieren. Entweder das, oder unsere Rasse wird untergehen

Für besonderes Aufsehen sorgte außerdem eine Reise nach Syrien, die »Der III. Weg« zwischen Ende April und Anfang Mai 2016 durchgeführt hat. Ermöglicht wurde diese Tour durch die »European Solidarity Front for Syria« (EFES) – ein europaweit aktiver Zusammenschluss, der das syrische Regime propagandistisch unterstützt. Er soll über eine enge Verzahnung mit der neofaschistischen »CasaPound«-Bewegung in Italien verfügen.4 Bei ihrem Besuch in Syrien, der in einem siebenteiligen Reisebericht auf der Homepage dokumentiert wurde, besichtigten die Neonazis verschiedene Teile des Landes und konnten sogar einen offiziellen Regierungsvertreter treffen, den Informationsminister Omran al Zoubi (عمران عاهد الزعبي).

Wenig überraschend waren die Neonazis begeistert von einem antisemitischen Staat, der Oppositionelle foltern und töten lässt: »Wir als volksbewusste Europäer sollten mit Syrien gerade deshalb solidarisch sein, da hier gelebt wird, wovon bei uns oftmals nur gesprochen wird«, schwärmte die Partei in ihrem abschließenden Bericht. »Man kämpft gegen den Einzug des Kapitalismus und Zionismus, für Freiheit und den eigenen Sozialismus. Somit sehen wir hier in Syrien Menschen, die uns weltanschaulich näher stehen, als man häufig denkt.«

Eine zweite geplante Reise nach Syrien im März 2017 ist zwar gescheitert, weil die nötigen Dokumente für die Einreise nicht rechtzeitig beschafft werden konnten. Dafür haben sich die Neonazis aber für einige Tage im Libanon aufgehalten. Am letzten Tag ihrer Reise trafen sie dort auf Hassan Sakr, den Auslandsbeauftragten der Syrisch-Sozial-Nationalistischen-Partei (Al-Ḥizb Al-Sūrī Al-Qawmī Al-'Ijtimā'ī, الحزب السوري القومي الاجتماعي). Deren Mitglieder gelten als loyale Unterstützer des syrischen Diktators und beziehen sich bei ihrer Symbolik offen auf den historischen Nationalsozialismus.5 Unter den Angehörigen der Reisegruppe war auch der vorbestrafte Kai-Andreas Zimmermann, Leiter des »Gebietsverbands Süd« und des Stützpunktes Nürnberg-Fürth.

Solche Kooperationen mögen verwundern, folgen jedoch einer klaren Strategie. »Der III. Weg« will auf diese Weise »jetzt schon die Grundbausteine für einstige gleichberechtigte Partnerschaften« legen, so Matthias Fischer in einem Interview mit dem Magazin »Russische Zenter«. Abseits dieser aufgeblasenen Bekundungen geht es bei den Auslandsreisen vor allem um den gegenseitigen Austausch, um von den Erfahrungen und Kampagnen der jeweils anderen Gruppierung zu profitieren. Im Mittelpunkt steht hier der Versuch, erfolgreiche Strategien aus dem Ausland gegebenenfalls in Deutschland ebenfalls anzuwenden.

Auf dem Höhepunkt der ökonomischen Krise in Griechenland waren die Delegationen aus Deutschland folgerichtig hauptsächlich daran interessiert, wie sich die soziale Not der Bevölkerung für politische Kampagnen instrumentalisieren lässt. In diesem Zeitraum berichtete die Partei regelmäßig mit Begeisterung, welche Kampagnen für die notleidende Bevölkerung die »Chrisy Avgi« anbiete. »Der III. Weg« setzt bei seinen Kampagnen in begrenztem Umfang selbst auf die soziale Schiene, unter anderem mit seiner Kampagne »Deutsche Winterhilfe« oder dem jährlichen »Arbeiterkampftag« am 1. Mai.

Darüber hinaus haben die deutschen Neonazis im Ausland die Möglichkeit, ohne Probleme mit militanten Neonazi-Organisationen in Kontakt zu treten. Im Oktober 2017 war eine Delegation des »Der III. Weg« beispielsweise zu Gast in der Ukraine, darunter hochrangige Führungskader wie Klaus Armstroff, Matthias Fischer, Tony Gentsch und Kai-Andreas Zimmermann. Die Besucher aus Deutschland trafen hierbei Angehörige des »Regiment Asow« ("Полк Азов"), einer 850 Personen starken paramilitärischen Organisation mit Kampf- und Waffenerfahrung, deren Gründer bekannten Organisationen der ukrainischen extremen Rechten angehören. Ihre offen neonazistische Ausrichtung war 2015 Anlass für den amerikanischen Kongress, jede weitere Unterstützung für den Verband um Andrij Bilezkyj (Андрій Білецький) einzustellen.

An diesem Beispiel wird die besondere Gefahr offensichtlich, die solchen Auslandskontakten inhärent ist. Auf absehbare Zeit ist es zwar nicht realistisch, dass die jeweiligen Organisationen ihr Ziel auf eine Regierungsübernahme erreichen und eine »gleichberechtigte Partnerschaft« mit deutschen Gruppierungen anstreben können. Allerdings besteht durch die Beziehungen die Gelegenheit, sich über das militante Vorgehen der ausländischen Partner zu informieren, die vielfach selbst vor gewalttätigen Angriffen und Morden nicht zurückschrecken. Im Hinblick auf die militante Ausrichtung des »Der III. Weg« gibt das Anlass zu einer genauen Beobachtung der bestehenden Auslandskontakte.

  • 1Vgl. »Der III. Weg«, AIB Nr. 108
  • 2Vgl. Deutsche Neonazis beim „Tag der Ehre“ in Ungarn, AIB Nr. 114
  • 3Vgl. bnr.de: "Deutsch-griechische Kameradschaft" von Johannes Hartl
  • 4Bayerischer Landtag, 17. Wahlperiode, Drucksache 17/17184: Schriftliche Anfrage vom 13.04.2017: Rechtsextreme Symbolik ausländischer Gruppen und internationale Kontakte bayerischer Rechtsextremisten
  • 5Vgl. taz.de: "Assad-Fans in Italien. Mit Syrienflagge und Hitlergruß. Stalinisten und Nazis treffen sich in ihrem diffusen Antiimperialismus. Aber auch in ihrer Unterstützung des syrischen Diktators sind sie sich einig." von Germano Monti, 16.3.2014.