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„Der III. Weg“

Johannes Hartl Inforiot.de Haskala.de und AIB
Einleitung

Ein Produkt der Krise des „Nationalen Widerstandes“?

Die Neonazi-Partei „Der III. Weg“ ersetzte nach einer Razzia gegen das „Freie Netz Süd“ (FNS) dessen Strukturen und etablierte sich bis zu dessen Verbot als unangefochtene Aktionsplattform in Bayern. Nun dehnt „Der III. Weg“ seinen Aktionsraum zusehends bundesweit aus. Der Artikel beleuchtet die Entstehungsgeschichte, alt bekannte Strippenzieher innerhalb der Führungsriege und die Ausbreitung, gemessen an Relevanz und Einflussnahme. 

Der Gründung der Partei durch Klaus Armstroff — ehemals Mitglied des rheinland-pfälzischen Landesverbands der NPD — sind langjährige Streitigkeiten voraus­gegangen. So endete der Richtungsstreit zwischen dem völkisch-orientierten Flügel um Armstroff und seiner Ehefrau Dörthe Armstroff (ehemals Landes­vorsitzende der NPD-RLP) auf der einen Seite und einer eher „subkulturell“ ausgerichteten Fraktion um Sascha Wagner und dem heutigen NPD-Landesvorsitzenden Markus Walter auf der anderen, im Sommer 2013 mit dem Rückzug des Armstroff-Flügels aus der NPD. Kurze Zeit später, im September 2013, rief Armstroff den „Der III. Weg“ in Heidelberg ins Leben. Neben ihm als Parteivorsitzenden finden sich mit Matthias Herrmann als Stellvertreter und René Rodriguez-Teufer als Beisitzer zwei langjährige Kader des „Aktionsbüro Rhein-Neckar“ im Parteivorstand wieder. Als Schatz­meister fungiert Christian Steup, ehemaliger NPD-Funktionär und vormals Schatz­meister der als kriminelle Vereinigung eingestuften „Kameradschaft Westerwald“ (vgl. AIB Nr. 70).

Mit ihren „Stützpunkten Pfalz, Rheinhessen und Westerwald/Taunus“ setzt der „Der III. Weg“ in RLP aktuell auf rassistische Hetze gegen Asylsuchende. So machten deren Anhänger in Limburgerhof bei Ludwigshafen gegen eine geplante Unterkunft und den „drohenden Volkstod der heimischen Bevöl­kerung“ nicht nur durch Kundgebungen und Infostände, sondern auch in Gestalt einer „Bürgerbewegung Limburgerhof“ mobil. Als es in Folge eines Brandanschlages auf die noch unbewohnte Unterkunft im Mai 2015 zu „wilden Zeugenvorladungen von ortsansässigen Nationalisten“ durch die Polizei gekommen war, veranstaltete der „Der III. Weg“ eine Demonstration in Limburgerhof und Ludwigshafen. Obwohl nur 30 Neonazis erschienen, wertet die Partei solche Aktionen als vollen Erfolg. Dabei spielt der elitäre, völkische Charakter eine wesentliche Rolle.

Wir leben im Kleinen das, was wir täglich im Großen auf der Straße einfordern. Allein das unterscheidet uns schon von allen anderen nationalen Parteien“, schrieben Akti­visten des „Stützpunkt Hermannsland“ (NRW) in ähnlicher Manier wie Armstroff, der „Kultur, Familie und Freizeit verstärkt ins Auge fassen und sich nicht ausschließlich dem Kampf um Wählerstimmen und Prozente widmen“ möchte. Im Südwesten wird so versucht eine Lücke zu schließen, die nach dem Verbot der „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) entstanden ist.

Vom „Freien“ ins Parteien-Netz

Im September 2013, als der „Der III. Weg“ gegründet wurde, stand die parteifreie bayrische Neonazi-Szene vor einem Problem: Nach einer Razzia im Juli war der militante Kameradschaftsdachverband „Freies Netz Süd“ akut von einem Verbot bedroht und musste sich auf den Wegfall sämtlicher Strukturen einstellen. Doch für Matthias ­Fischer, Norman Kempken & Co., die maß­geblichen Köpfe hinter dem Netzwerk, war das keine neue Situation. Gut neun Jahre zuvor waren die Kader bereits mit einer vergleich­baren Ausgangslage konfrontiert. Damals gehörten sie der Führungsspitze der „Frän­kischen Aktionsfront“ (FAF) an, eine für ihre offensive „Anti-Antifa-Arbeit“ bekannte Gruppierung mit Schwerpunkt in den frän­kischen Regionen, die 2004 von Bayerns Innen­minister Günter Beckstein (CSU) wegen „Wesensverwandtschaft zum historischen Nationalsozialismus“ verboten wurde. Die seinerzeit in dem Zusammenschluss organi­sierten Aktivisten gründeten daraufhin nach einem mehrjährigen Intermezzo bei der NPD im Jahr 2009 das FNS als Ersatzorgani­sation und führten unter dessen Dach die Aktivitäten der verbotenen FAF fort — mit weitgehend identischer personeller Besetzung und nahezu derselben politisch-strategischen Zielsetzung.

Über sechs Jahre konnte das Netzwerk auf diese Weise ungestört agieren, bundes­weit bedeutende Aufmärsche durchführen, Rechtsrock-Konzerte abhalten und Anti­faschist_innen auf ihrer Internetseite steckbriefartig diffamieren. Allen Hinweisen zum Trotz, dass es sich beim FNS um eine Nachfolgeorganisation der FAF handelt, ist die Staatsregierung über Jahre hinweg nicht eingeschritten und hat keinerlei Verbotsbemühungen erkennen lassen. Erst ein fraktionsübergreifend angenommener Antrag der SPD-Landtagsfraktion brachte Bewegung in die Angelegenheit und mündete im Juli 2013 in der Razzia gegen das FNS. 700 Polizisten durchsuchten 73 Wohnungen, Postfächer und Arbeitsstätten und stellten 16.000 Asservate sowie 130 Terabyte Daten sicher.

Vor diesem Hintergrund begann das FNS sich gezielt auf die Maßnahme vorzubereiten und alternative Strukturen im Freistaat aufzubauen. Dazu knüpfte das Netzwerk ab November 2013 Kontakte zum „Der III. Weg“ um Klaus Armstroff. Die Neugründung war für das FNS aufgrund der an das „25-Punkte-Programm“ der NSDAP angelehnten Programmatik, der offenen Konkurrenz zur NPD sowie der militant-aktivistischen Ausrichtung eine besonders attraktive Platt­form. Dementsprechend blieb eine Kooperation zwischen den beiden Gruppierungen nicht aus. In der ersten Zeit beschränkte sich diese noch vorwiegend auf die gegenseitige Teilnahme an Aktionen wie dem „Trauermarsch“ in Wunsiedel, bei dem „Der III. Weg“ am 15. November mit eigenen Bannern präsent war. Schon Ende desselben Monats erweiterte sich das Level der Kooperation auf den personellen Wechsel von führenden FNS-Kadern unter das Dach der Partei, darunter mit Tony Gentsch eine zentrale Figur der oberfränkischen extremen Rechten. Der gelernte Metzger aus Töpen wohnte im Anschluss an seine 26-monatige Haftstrafe wegen Beleidigung und Körperverletzung in der FNS-eigenen Immobilie in Oberprex im Landkreis Hof und trat eine Woche nach dem Aufmarsch in Wunsiedel am 23. November in Greiz erstmals als offi­zieller „Vertreter der neuen Parteialternative Der III. Weg“ bei einer Demonstration gegen eine Flüchtlingsunterkunft auf. Eineinhalb Monate später sprach er bei einer Demonstration in Ludwigshafen über die „Aktivi­täten [der Partei] in seiner Region“ und kündigte damit eine Entwicklung an, die noch im selben Monat in der Gründung des „Stützpunktes Hof/Saale“ mündete und den Grundstein für die Etablierung des „Der III. Weg“ im Freistaat legte.

Bereits im Juni 2014, ein Monat vor dem Verbot des FNS, hatte die Partei nicht nur vier weitere „Stützpunkte“ gegründet, die neben Oberfranken mit den Regionen Oberbayern, Nürnberg/Fürth, Schwaben und Ost­bayern den ehemaligen FNS-Aktionsraum abgedeckt haben. Auch das Personal hinter den Ablegern im Freistaat war beinahe deckungsgleich mit den Aktivisten des FNS, unter anderem traten zusätzlich zu Gentsch auch Matthias Fischer oder der niederbayerische Neonazi Walter Strohmeier (Leiter des „Stützpunkts Ostbayern“) nach dem konti­nuierlichen Aufbau von Parteistrukturen nur noch unter deren Namen auf. ­Gleichzeitig wurden alle ehemals zentralen und lokalen Events des FNS — die 1.-Mai-Auf­märsche, das „Heldengedenken“ in Wun­sie­del etc. pp — seitdem ausschließlich unter den Bannern der neuen Formation durchgeführt.

Das Verbot des FNS, das am 23. Juli 2014 erwirkt wurde, verfehlte aus diesem Grund in weiten Teilen seine Wirkung. Zwar stellte die Beschlagnahmung der Immobilie in Oberprex und des „Final-Resistance-Versands“ unter der Leitung von Fischer und Gentsch einen strategischen und finan­ziellen Schlag für das FNS dar, doch entgegen der Meinung des heutigen Innenministers Herrmann hat die Zerschlagung der Strukturen den Kameradschaftsverband keinesfalls wirklich „empfindlich“ getroffen. Tatsächlich ermöglichte die lange Dauer zwischen Razzia und Verbot den Aufbau einer Ersatzorganisation unter den Augen der Behörden. Das FNS konnte deshalb seine Aktivitäten ohne Problem fortführen. Gerade im Moment, angesichts der extrem rechten Agitationen gegen Asylsuchende, führen die mittlerweile sechs Parte­istütz­punkte dem Ministerium mit ihren diversen Flugblattverteilungen und Kundgebungen die Wirkungslosigkeit des viele Jahre zu spät eingeleiteten Verbotsverfahrens eindrucks­voll vor Augen.

Für die Partei selbst war der Aufbau von Ersatzstrukturen jedoch keine reine Gefälligkeit für das FNS. Dem „Der III. Weg“ diente die Etablierung einer Ersatzorganisation viel­mehr für seine eigenen Zwecke, um sich als effektive Organisation zu profilieren und ihre Ambition als ernstzunehmende Kraft innerhalb der extremen Rechten unter Beweis zu stellen. Das eigentliche Ziel, die Partei nach und nach in weitere Bundesländer auszuweiten, haben die Neonazis wäh­renddessen nie aus dem Blick verloren — im Gegenteil: Unter Rückgriff auf die bundesweiten Kontakte des FNS knüpfte die Partei Beziehungen in andere Bundesländer, vorwiegend in das thü­ringische und sächsische Vogtland sowie nach Brandenburg.

Die „Hustensafttruppe“ aus Saalfeld

Nachdem Gentsch auf einer rassistischen Demonstration des Greizer Neonazis David Köckert sprechen durfte, fingen auch Thü­ringer Neonazis an, Interesse für die Partei zu zeigen. Eine erste öffentliche Bezugnahme auf die Partei war die Mai-Demons­tration im sächsischen Plauen 2014, wo in größerer Anzahl „Freie Kräfte“, wie etwa Michel Fischer aus Tannroda, aber auch Erfurter NPD-Mitglieder dem Aufruf folgten. In der zweiten Jahreshälfte 2014 organi­sierte der „Der III. Weg" dann in Thüringen mehrere Veranstaltungen in Saalfeld, Kahla und im Raum Erfurt. Der „Nationale Widerstand“ befände sich „durch diverse Fehlent­wicklungen der letzten Jahre in einer tiefen Krise“, weshalb nun die „Wiedergeburt des Nationalen Widerstandes“ auf der Agenda stünde, hieß es später in einer Parteimeldung. Auch der Bundesparteitag des „Der III. Weg“ fand am 27. September 2014 im thüringischen Kirchheim bei Erfurt statt, wo neben Parteichef Klaus Armstroff und dem früheren FNSler Matthias Fischer auch der Liedermacher Torsten Hering („Torstein“) auftrat.

Nur zwei Wochen zuvor scheiterte die NPD mit ihrem Ziel in den Thüringer Landtag einzuziehen, dazu tauchten in der Endphase des Wahlkampfes noch Ermittlungsakten wegen Kindesmissbrauchs und Misshandlungen in der Familie gegen den NPD-Landesvorsitzenden Patrick Wieschke auf. Die internen Verwerfungen nutzte der „Der III. Weg“ und ging Anfang 2015 in die Offensive. Mehrere Monate wurde bundesweit für einen Aufmarsch zum „Arbeiterkampftag“ in Saalfeld mobilisiert. Die NPD verstand dies als Affront und reagierte mit einer eigenen Anmeldung für die gleiche Zeit in Erfurt. Einige Funktionäre zeigten sich brüskiert über das Wildern einer neuen Partei in den eigenen Gebieten. Mandy Meinhardt, NPD-Kreistagsabgeordnete in Saalfeld-Rudolstadt, bezeichnete den „Der III.Weg“ als „Husten­safttruppe“ und riet den NPD-Anhängern: „jeder der Ehre und Stolz besitzt lässt sich bei denen nicht sehen“. Die NPD konnte schlussendlich 250 Personen nach Erfurt mobilisieren, der „Der III. Weg“ brachte es in Saalfeld auf über 600 Neonazis, die auch aus dem Ausland angereist waren. Stimmig zum militanten Auftreten der neuen Partei kam es mehrfach zu Übergriffen durch Teilnehmer der Neonazi-Demonstration, wel­che in zahlreichen Verletzungen auf Seiten der Gegendemonstrant_innen resultierten. Kurze Zeit danach gründete der „III. Weg“ in der Region um Saalfeld seinen ersten Thü­ringer Ableger, den „Stützpunkt Thüringer Wald / Ost“, in dem Mitglieder aus dem Umfeld der Gruppen „Freies Netz Kahla“ und „Freies Netz Saalfeld“ unter kamen. Letztere hatte sich im Vorfeld des 1. Mai überraschend aufgelöst. Lokale Rivalitäten zwi­schen Neonazis, aber auch die Rolle des VS sollen Gründe gewesen sein. So schrieben sie, dass „dieser Landkreis ein regelrechter Hort von V-Männern“ sei und weiterhin „der Umstand, dass jedoch noch weite Teile der Szene zu diesen Gestalten stehen (…) ist mehr als erbärmlich und zeigt deutlich auf, dass mit solchen Leuten keine Zusammen­arbeit möglich ist“. Ein Seitenhieb an jene, die weiterhin Feiern des enttarnten V-Manns Tino Brandt in Rudolstadt besuchten. Man habe bei den eigenen Kameraden die „geis­ti­gen Fähigkeiten überschätzt“, so das Resu­mé der Auflösungserklärung.

Jenseits eines im Sommer 2015 organi­sierten Camp- und Fussballturniers des neuen Stützpunktes, einer Wanderung mit etwa 30 bis 40 Personen und einer Reihe an Flugblattaktionen in den Regionen Jena, Saale-Holzland-Kreis und Saalfeld-Rudolstadt gegen geflüchtete Menschen und Asyl­unterkünfte, fanden seit dem 1. Mai bisher keine öffentlichen Veranstaltungen der Partei in Thüringen statt.

Revoluzzer in Parteikluft

In Sachsen spielt die Kleinstpartei öffentlich ebenso eine randständige Rolle. Erstes Lebenszeichen war Anfang 2014 die Gründung eines bayrisch-sächsischen „Stütz­punkt Hochfranken/Vogtland“. Die etwa 20 Mitglieder rekrutieren sich vor allem aus der vogtländischen Kameradschaft „Revoluti­o­näre Nationale Jugend“ (RNJ), die seit 2010 öffentlich in Erscheinung trat und ähnlich wie das FNS einen aktivistisch militanten Habitus pflegte. Örtliche Führungsfigur ist der einstige RNJ-Aktivist Rico Döhler, wichtiger Förderer des Parteiaufbaus in der Region ist seit Anbeginn niemand anderes als Tony Gentsch.

Seit Februar 2015 ist der „Stützpunkt Vogtland“ selbständig, in Bemühung um verstärkte Kontakte nach Thüringen. Für Furore sorgte jener zu dieser Zeit auch, als Mitglieder in Parteikluft an der Besichtigung einer örtlichen Unterkunft für Asylsuchende teilnahmen. Flyeraktionen gegen die Unterkunft folgten im Juli. Die „Früchte“ dessen erntete Plauen wenige Wochen später: In der Nacht zum 25. August griffen rund 40 Neonazis die Unterkunft mit Steinen und Flaschen an, die der „Der III. Weg“ im Februar besucht hatte. Im Juni wurde außerdem bekannt, dass sich Thomas Lauter, ehemaliger Stadtrat der NPD in Plauen, der Partei angeschlossen hat. Nun ist er der erste Stadtverordnete des „Der III. Weg“. Das und die frühzeitige Präsenz in Sachsen sind strategisch bedeutsame Schritte bei dem Versuch, den Parteistatus zu behaupten und durch die Aufstellung in verschiedenen Bundes­ländern einem Verbot auf Landesebene vorzubeugen.

Einen weiteren sächsischen Ableger stellt der im April 2015 gegründete „Stützpunkt Mittelland“ dar, welcher den Raum Halle, Leipzig und Merseburg umfassen soll. Zumindest im Leipziger Gebiet verfügt die Partei aber bislang über keinerlei Strukturen. Anhand eines einzelnen Mitgliedes im ­nahen Schkeuditz zeigt sich, dass für eine Hinwendung zum „Der III. Weg“ mitunter die persönliche Bindung an die bayrische Szene ausschlaggebend ist, weniger die Nachfrage vor Ort. So wird aktuell zwar der Versuch forciert, in Mittelsachsen Fuß zu fassen, doch als dortige Parteifreunde Ende Juli auf einer NPD-Kundgebung in Dresden Flugblätter verteilten, wurden sie nach eigenen Angaben angegriffen — angeblich durch NPD-Funktionäre. So bleibt der Einfluss auf Regionen beschränkt, in denen NPD und JN schwächeln und freischwebende Sympathisanten zurücklassen. Offensichtlich setzt der „Der III. Weg“ in Sachsen nicht auf einen Schul­terschluss, sondern will perspektivisch vom Negativtrend des nationaldemokratischen Platzhirsches profitieren.
In Sachsen dürfte ein bleibendes Handicap sein, der Partei „Die Rechte“ nach eilen zu müssen. Zudem lässt der aktuelle Agita­tionsschwerpunkt gegen Asylsuchende unter den besonderen sächsischen Bedingungen alle Alleinstellungsmerkmale missen.

Des Fischers neue Heimat: „Der III. Weg“ in Brandenburg

Noch lächelt Dave Trick, NPD-Stadtverordneter und Aktivist der „Freien Kräfte“ aus Neuruppin, neben dem Transparent des „Der III. Weg“ in Wittstock Ende Juni. Doch geht es mit dem Dahinscheiden der NPD weiter wie bisher, wird Trick demnächst nicht mehr neben, sondern hinter dem Transparent stehen. Denn inzwischen wird „Der III. Weg“ zur ernstzunehmenden Konkurrenz in Brandenburg, nicht nur für die NPD, sondern auch für „Die Rechte“ und die „Europäische Aktion“.

Seit einem knappen Jahr hat „Der III. Weg“ in Brandenburg Strukturen aufgebaut. Der Grund: Matthias Fischer zog im Sommer 2014 in die Uckermark. Asylfeindliche und rassistische Aktionen folgten. Unterstützung bekommt er von Maik Eminger, Zwillingsbruder des im NSU-Prozess Angeklagten André Eminger, aus Grabow. Als Führungsfigur tritt Maik Eminger für die Partei öffentlich auf, meldet Versammlungen an und ist feder­führend für ihre Durchführung verantwortlich. Neben einer Reihe von Kundgebungen, wie für die „Gefangenenhilfe“, einer Nachfolgeorganisation der „Hilfsorganisation Nationaler Gefangenen“, oder vor der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung für Asyl­suchende in Eisenhüttenstadt, trat die Partei durch kleinere Flugblattaktionen in Erscheinung. Auch gibt es inzwischen einen offi­ziellen „Stützpunkt Potsdam/Mittelmark“, welcher im August diesen Jahres ein Sommerfest abhielt, bei dem nach eigenen Angaben Neonazis aus Ungarn und aus der Ukraine teilnahmen.

Eminger und Fischer bilden nicht nur ein szenebekanntes, sondern auch ambitionier­tes Führungsduo für die Partei in Brandenburg. Mit seinem „nationalrevolutionären“ Charakter spricht „Der III. Weg“, ganz im Gegensatz zu dem eher gediegenen Parlamentarismus der NPD, die sich zunehmend radikalisierenden AktivistInnen der rechten Szene an. Erste Übertritte und Annäherungen gibt es bereits: Der ehemalige Bad Belziger NPD-Stadtverordnete Pascal Stolle gab bekannt sich dem „Der III. Weg“ anzu­schließen und tritt seitdem als Redner für die Partei in Erscheinung. Selbst die langjährige NPD’lerin Manuela Kokott ergriff bei einer Kundgebungsfahrt in Zossen und Damsdorf Anfang August das Wort.

Der im März 2015 gegründete „Stütz­punkt Berlin“ fiel bisher kaum auf. Abgesehen von Verteilaktionen rassistischer Propaganda im April in Marzahn, Vortragsveranstaltungen und der Teilnahme an Kund­gebungen ist der Berliner Ableger öffentlich genauso marginal wie Ableger in Niedersachsen oder Rheinland-Pfalz.

Mag der „III. Weg“, trotz seinen nun 15 bundesweiten „Stützpunkten“, nur in Bundes­ländern wie Bayern, Thüringen, Brandenburg und Sachsen an Relevanz gewinnen, so avanciert sich die Kleinstpartei im Großen doch zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz innerhalb der extrem rechten Parteienlandschaft. Beeinflusst von der desolaten Lage der NPD, die sich nach internen Skandalen  und Misserfolgen abnehmender Beliebtheit erfreut, bildet sie ein stabiles und aktionistisches Netzwerk vormals regionaler „Freier Kräfte“, welches selbst im internationalen Rahmen anknüpfungsfähig ist. So pflegt die Partei jene Kontakte, welche ­bereits durch das FNS intensiviert wurden: Klaus Armstroff trat als Redner der Partei zum „Tag der Ehre“ 2015 in Budapest auf, ungarische „Blood & Honour“-Aktivisten marschierten wiederum in Plauen und Saalfeld. Ein Produkt des von Fischer und Gentsch zu FNS-Zeiten initierten „Deutsch-Ungarischen Freundeskreis“. Auch der Fackel­marsch im Februar 2014 im tschechischen Karlovy Vary — eine Ersatzveranstaltung zum traditionellen Aufmarsch in Dresden — war maßgeblich vom „Der III. Weg“ organisiert.

Angesichts der aktuellen Betätigung bei Anti-Asyl-Protesten, dem gezielten strukturellen Ausbau und dem militanten Personal hinter der Gruppierung dürfte von der Neonazi-Partei in der Zukunft also ein nicht unerhebliches Gefahrenpotenzial ausgehen. Mit der Veröffentlichung einer Google-Maps Karte diesen Jahres, auf der bekannte und in Planung stehende Flüchtlingsheime ver­zeichnet sind, befeuerte sie die rassistischen Mobilisierungen, die nicht zuletzt in den August-Wochen in zahlreichen Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte, besonders in der sächsischen Provinz, mündeten.