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KS-Tor goes AfD?

Einleitung

Der Landtagsabgeordnete Ralph Weber der "Alternative für Deutschland" (Mecklenburg-Vorpommern) hat in seinem Wolgaster Bürgerbüro einen (ehemaligen) Neonazi aus der Berliner Kameradschafts-­Szene angestellt. Dieser könnte Einblicke in den NSU-Untersuchungsausschuss bekommen.

Marcus G. (2. Reihe links) 2004 in Wunsiedel im Block der Berliner "Kameradschaft Tor".

Im Dezember 2018 berichtete „Die Welt“1 über den AfD-Landtagsabgeordneten Ralph Weber aus Greifswald. Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion in Mecklenburg-Vorpommern hat in seinem Wolgaster Bürgerbüro einen (ehemaligen) Neonazi aus der Berliner Kameradschafts-­Szene angestellt. Laut dem Bericht habe sein Mitarbeiter „glaubhaft und nachhaltig“ versichert, „dass er nie in der benannten oder einer anderen Kameradschaft oder deren Umfeld aktiv tätig geworden sei“.

Für Berliner Antifaschist_innen stellt sich dies jedoch anders dar. Marcus G. galt hier als eine der Personen, die den Kreisen um die „Kameradschaft Tor Berlin“ (KTB) zugeordnet werden konnte. Bei einem „Rudolf­Heß-Gedenkmarsch“ 2004 in Wunsiedel lief er gemeinsam mit KTB-AktivistInnen hinter dem KTB-Transparent. Im Juli 2005 war er gemeinsam mit AktivistInnen der (ehemaligen) KTB in einer bewaffneten Neonazi-Gruppe unterwegs, die eine linke Demonstration in Berlin stören wollte. Laut der Beobachtungen eines Polizeizeugen soll es Marcus G. gewesen sein, der die Gruppe vermummt angeführt habe. In diesem Zusammenhang wurde bei ihm Vermummungsmaterial und ein Mundschutz beschlagnahmt. Marcus G. wohnte zeitweilig gemeinsam mit zwei früheren Aktivistinnen der KTB „Mädelgruppe“ in einer Wohngemeinschaft in Berlin-Lichtenberg, bevor er in eine Neonazi-WG nach Greifswald zog.

Auch die Sicherheitsbehörden sahen offensichtlich seine engen Kontakte zur (ehemaligen) KTB-­Struktur. Im Sommer 2005 ermittelte das Berliner LKA gegen zwölf Berliner Neonazis, die im Verdacht standen, die Aktivitäten der Anfang März 2005 verbotenen „Kameradschaft Tor“ fortsetzen zu wollen. Unter den Tatverdächtigen befand sich damals auch Marcus G. Als die Polizei deswegen Anfang 2006 in Greifswald Durchsuchungen bei ihm durchführte, fand sie neben NS-Literatur, Adresslisten linker Personen und einem Hakenkreuz-Teller auch Propagandamaterial, die „Satzung“ und ein Polo-Shirt der „KS Tor“.

Noch im Januar 2015 nahm Marcus G. laut Medienberichten 2 zusammen mit dem Neonazi-­Kader David Petereit am neonazistischen „Tollensemarsch“ in Neubrandenburg teil. Petereit hatte das Neonazi-Heft „Der Weisse Wolf“ herausgegeben, in dem 2002 dem NSU für eine Spende gedankt worden war. (Vgl. AIB Nr. 95) Der MV-Landtag hat einen eigenen NSU-­Untersuchungsausschuss eingerichtet, in dem auch die NSU-Spende Thema sein dürfte. Für die AfD sitzt ausgerechnet Ralph Weber im Ausschuss, der Arbeitgeber von Marcus G.

  • 1„Verbotene Kameradschaft - Wie ein AfD-Politiker rechte Seilschaften knüpft“, welt.de vom 03.12.2018.
  • 2„Umstrittene Personalie. AfD-Neonazi marschierte Seit an Seit mit NPD-Größe“, Nordkurier vom 06.12.2018.