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Rassistische Mordserie in Schweden

Einleitung

Im November 2010 endete mit der Festnahme Peter Mangs eine rassistische Mordserie im schwedischen Malmö, der seit 2003 neun Todesopfer und zwölf teils schwer Verletzte zugerechnet worden waren. In der Öffentlichkeit war von den »Sniper-Morden« die Rede, da der Täter stets aus dem Hinterhalt auf seine arglosen Opfer feuerte.

Foto: Polisen

Der Neonaziattentäter Peter Mangs

Obwohl sich außer bei einer 20-jährigen Getöteten zu sämtlichen Opfern ein Migrationshintergund feststellen ließ, wurde ein rassistisches Motiv von Behörden und Medien lange ignoriert und, ähnlich zu den Morden des deutschen NSU, von Taten im Kriminellen- und Gangmillieu gesprochen.

Dabei hätten die Behörden auch in diesem Fall nicht gerade kreativ sein müssen, um das tatsächliche Motiv zu erkennen. Schon ein kurzer Blick in die jüngere schwedische Kriminalgeschichte hätte gereicht, um den sich förmlich aufdrängenden Verdacht mit einem Fallbeispiel zu untermauern: John Ausonius, besser bekannt als »Lasermannen«, terrorisierte Anfang der 1990er-Jahre Stockholm mit einer rassistischen Anschlagsserie, bei der er elf Menschen mit Migrationshinter­gund anschoss und einen von ihnen tötete. Ausonius steht aktuell im Verdacht, der NSU bei der Ausführung ihrer Taten als Vorbild gedient zu haben: Er finanzierte sein Leben mit insgesamt 18 Banküberfällen, flüchtete stets mit einem Fahrrad, nutzte bei einigen seiner Anschläge eine Waffe mit Schall­dämpfer und er wählte seine Opfer nach deren Herkunft aus – genau wie knapp zehn Jahre später der NSU. Die Taten des »Lasermannen« waren durchaus auch in der deutschen Neonazi­szene Thema, sie fanden Verbreitung beispielsweise im »Field Manual« von Blood & Honour. Dass Bönhardt, Mund­los und Zschäpe Kenntnis von dessen Vorgehensweise hatten muss daher als wahrscheinlich gelten.

Auch Peter Mangs dürfte um die Geschichte Ausonius gewusst haben als er seine Morde plante und ausführte. Zwar bestreitet er die Taten und behauptet gar, kein Rassist zu sein. Eine lange Reihe von Fakten spricht jedoch eine deutliche Sprache: Im Rahmen seiner Festnahme wurde die Tatwaffe in Mangs Wohnung sichergestellt, er ist Mitglied der rechten Partei »Sverigedemokraterna« (SD), distanzierte sich von deren angeblich »israelfreundlichen« Linie, postete in Foren des schwedischen Ablegers von »political incorrect«, schrieb über »jüdische Weltverschwörung« und begeisterte sich in einer in Haft verfassten Schrift für Adolf Hitler.

Diese Umstände sowie verschiedene Zeug_innenaussagen führten letztlich doch noch dazu, dass ein rassistisches Tatmotiv in den Prozeß gegen Mangs Eingang fand.
 

Angeklagt war der 40-Jährige für die Begehung von drei Morden und zwölf Mordversuchen, verurteilt wurde er im Juli diesen Jahres jedoch lediglich wegen zweifachen Mordes, vierfachen versuchten Mordes und sieben weiterer Überfälle. Für alle weiteren infragekommenden Taten sahen die Behörden keine ausreichenden Beweise für eine Anklage beziehungsweise Verurteilung. Im September stellten Gutachter die Schuldfähigkeit Mangs und damit Haft als Form der Strafe fest, im Oktober soll das genaue Strafmaß verkündet werden. Trotz des anfangs großen Interesses für den Fall in der schwedischen und skandinavischen Öffentlichkeit und trotz der praktischen und ideologischen Parallelen zum norwegischen Massenmörder Anders Breivik, dessen Prozess sich teils zeitlich mit dem Mangs überschnitt und der diesen als »großen Widerstandskämpfer« bezeichnete, fiel die Resonanz auf die Gerichtsverhandlung verhältnismäßig gering aus. Anti­faschistische Prozessbeobach­te­r_in­nen aus Malmö sehen die von Rassismen geprägten Vorermittlungen und Berichterstattungen als mit ursächlich hierfür an; Wären die Täter Migrant_innen und die Opfer schwedischer Herkunft, so wäre das öffentliche Interesse ein anderes, so ihre Mutmaßung.