„Chris Ares“ und der „identitäre“ Rechts-Rap
„IB DOKU“ (Gastbeitrag)„2020 wird das Jahr des Heimat-Rap“, titelte die rechte Wochenzeitung „Junge Freiheit“ (JF) Ende Januar 2020. Die Aussage stammt vom gebürtigen Freiburger Christoph Aljoscha Zloch, der als „Chris Ares“ wohl der bislang erfolgreichste Rechtsrapper im deutschsprachigen Raum gewesen sein dürfte.
Zloch, der im September 2020 überraschenderweise seinen politischen wie musikalischen Rückzug verkündete, agitierte zuvor im Umfeld der „Identitären Bewegung“ (IB) und der „Neuen Rechten“ als politischer Influencer, der als ihr Gesicht auch außerhalb extrem rechter Filterblasen wahrnehmbar war. So erreichte der 2019 veröffentlichte Track „Neuer Deutscher Standard“ kurzzeitig Platz 1 der Amazon-Charts, Platz 10 bei iTunes und Platz 95 in den Media-Control Charts. Bereits zuvor erzielte Zlochs Album „2014-2018“ den ersten Platz der iTunes-Charts. Entscheidend war dabei Platz 6 der wöchentlichen Download-Charts, was MTV dazu zwang den Track im Rahmen ihres Programms zu spielen. Wie relevant auch die „Neue Rechte“ Zlochs Wirken einordnet, machte die jährlich vom rechten „Compact-Magazin“ durchgeführte Ernennung zum „Held des Widerstandes“ deutlich, die Zloch im November 2019 erhielt. Die Laudatio für Zloch hielt hierfür der österreichische Führungskader der „Identitären“, Martin Sellner. Zloch stand für das von „Arcadi-Musik“ gegründete rechte Rap-Label „Neuer Deutscher Standard“ (NDS) unter Vertrag, zu dem sich ab August 2019 der IB-Kader Kai „Prototyp“ Naggert aus Wesel und ab April 2020 der Rechte Andre „Primus“ Laaf aus Düren hinzugesellten.
Rechter Vorzeige Rapper
Zloch als reichweitenstarkes Zugpferd seines Labels war ein entscheidender Akteur bei dem rechten Versuch mittels Rap neue Zielgruppen zu erschließen, in ihrem Sinne zu politisieren und einen attraktiven rechten Lifestyle zu inszenieren. Er übernahm dabei als Rapper die Funktion des Türöffners, die junge Menschen in eine extrem rechte Filterblase vermittelt. Der „Infokrieg“ der „Identitären“ hatte an dieser Stelle den subkulturellen Bereich der Rap-Musik erreicht. Subtilere Texte, eine professionelle Aufmachung und ein effektives Vertriebs-Netzwerk im Hintergrund sorgten noch Mitte 2020 für teilweise beachtliche Klick- und Kaufzahlen.
Rechter Inhalt
Zlochs Songtexte sind geprägt von einem rechten Weltbild, von Formen des Antisemitismus, antimuslimischem Rassismus sowie Antiamerikanismus, garniert mit verschwörungstheoretischen Schlagwörtern. Deutschland, „Heimat“ und „das Eigene“ werden glorifizierend dargestellt und mythisch aufgeladen. Seinen Texten ist ein exklusiver und völkischer Heimatbegriff inhärent. Schließlich darf auch ein ausgeprägter Maskulinismus nicht fehlen. Diesen propagiert Zloch immer wieder durch seinen überhöhten Ehrbegriff und einer festgelegten Rollenvorstellung, die den Mann als starken Kämpfer sieht. Aus den vielen Aussagen Zlochs spricht ein gekränktes Männer-Ego, das sich von „Ausländern“ bedroht fühlt.
Abgesehen von seinen Songtexten verraten auch seine über die Social Media Kanäle verbreiteten Bilder und Texte einiges über sein ideologisches Grundgerüst. In einem Livestream bei Youtube bedient Zloch die „Blut-und-Boden“-Ideologie, wenn er behauptet, dass „deutsches Blut“ das entscheidende Kriterium sein soll, um in Deutschland leben zu dürfen. Auf seinem Telegram-Kanal ärgert er sich darüber, dass es mittlerweile auf Volksfesten auch Halal-Fleisch-Angebote für Muslime gibt.
Vernetzter Rechter
Zloch kommt aus (extrem) rechten Strukturen, hat diese mitorganisiert und pflegt ein bundesweites Netzwerk. In einem Livestream mit Kai Naggert verkündete er: „Wir sind mit jedem gut vernetzt“ und „Wir möchten, dass in unserem Lager […] ne Einheit herrscht“. Das Social-Media-Netzwerk der IB sowie der „Neuen Rechten“ war für die Größe und Bedeutung von Chris Ares mit entscheidend gewesen. Auch reichweitenstarke, (neu)rechte Youtuber haben Zloch bei seiner Rap-Karriere unterstützt und boten ihm immer wieder Gelegenheit, sich zu inszenieren.
Zloch war ein Mitbegründer des „Bündnis Deutscher Patrioten“ (BDP), einer extrem rechten Organisation, die sich gewaltaffin als Bürgerwehr mit einheitlicher Bekleidung inszenierte, mit Neonazis Kontakt hielt und mit der Zloch einige Demonstrationen und Kundgebungen besuchte.
Zloch betont nicht nur gerne, dass er AfD-Wähler ist, er unterhielt in München auch direkte Kontakte zu dieser Partei. Mehrfach besuchte er AfD-Veranstaltungen in München. Am 12. März 2016 rief die AfD zu einer Kundgebung im oberbayerischen Geretsried auf, bei der Zloch als Rapper auftrat. Am 18. Mai 2016 lud die Thüringer AfD Christoph Zloch als Rap-Gig zu einer Kundgebung nach Erfurt ein. Am 4. September 2016 besuchte Zloch eine AfD-Wahlparty anlässlich der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern. Als Antifaschist*innen vor dem Lokal gegen die AfD protestierten, stürmen Zloch aus dem Restaurant in Berg am Laim und griff diese an. Beteiligt hieran war auch der damalige Neonazi Lukas Bals aus Dortmund und der Deutsch-Amerikaner Richard „Rick“ Wegner aus Zlochs Sauerlacher Wohngemeinschaft. In den USA ist Letzgenannter unter dem Namen Richard Houdershell bekannt, da er hier wegen zweier bewaffneter Raubüberfälle und eines vorsätzlichen Mordes zu 15 Jahre Gefängnis verurteilt wurde.
Zloch war über Jahre für die „Identitäre Bewegung“ (IB) aktiv. Den gemeinsam mit dem Rapper „Komplott“ erstellten Track „Betonblock“ widmete er der IB. Zu seinem Track „Defend Europe“ schreibt Zloch: „Diese Lied widme ich der Identitären Bewegung Österreich.“ Zudem nahm Zloch an Treffen und Kundgebungen der „Identitären Bewegung“ teil. Bereits im September 2017 organisierte das rechte „Arcadi-Magazin“ für die „Identitäre Bewegung“ in NRW ein Konzert mit Chris Ares. Auch trat er im Sommer 2018 bei dem von der IB organisierten Festival „Europa Nostra“ in Dresden auf. Der ehemalige IB-Bundesvorsitzende Daniel Fiß und der IB-Kader Daniel Sebbin waren über die „Okzident Media UG“ an der Vermarktung des NDS beteiligt.
Rechts Rap Bubble
Als RechtsRapper suchte Zloch auch Verbündete im Bereich der Rap-Musik. Grundlegend für seine Rap-Karriere war die Zusammenarbeit und Veröffentlichung gemeinsamer Tracks mit Patrick Uli Bass, der unter dem Pseudonym „Komplott“ der erste RechtsRapper aus der „identitären“ Bubble war. „Komplott“ gab jedoch bereits im Januar 2020 seine Rap-Karriere auf. Hierfür gab Bass berufliche Gründe an und bezog sich auf sein Jurastudium.
Weiterhin engen Kontakte pflegt Zloch zum RechtsRapper Maik Siewert aka „Bloody 32“. Gemeinsam veröffentlichten die beiden Tracks und organisierten Konzerte. Freundschaftliche Kontakte pflegte Zloch auch zum verschwörungstheoretischen Rapper „Ukvali“. „Ukvali“, der Lüdenscheider Rapper Claudio Naber aka „Absztrakkt“ und Ares veröffentlichten im September 2019 das gemeinsame Lied „Sündenpfuhl der Macht“. Im April 2020 kündigte Zloch einen gemeinsamen Track mit dem Münchener Fußballrapper „AB MC“ an, der jedoch nie veröffentlicht wurde.
Wenn große Pläne scheitern
Mit dem Vorhaben ein „patriotisches Dorf“ in Ostdeutschland gründen zu wollen, sorgte Zloch bereits im Jahr 2017 für Aufmerksamkeit. Im Sommer 2020 kündigte Zloch an, 25 Rechte stünden bereit, um mit ihm nach Sachsen zu ziehen. Der antifaschistische und zivilgesellschaftliche Gegenwind war jedoch größer als Zloch angenommen hatte und so wurde aus einem ganzen Dorf lediglich ein Tattoostudio mit dem befreundeten aus Walldorf stammenden Tätowierer Jan David „JD“ Fautz.
Von Christoph Zloch ist seit seinem Rückzug nicht mehr viel zu hören. Der neurechte Multifunktionär Philip Stein ließ im Februar 2021 über Twitter verkünden, er habe mit Zloch telefoniert, was einen Gesinnungswandel von Zloch unwahrscheinlich erscheinen lässt. Zuletzt wurde bekannt, dass trotz zunächst anderslautender Äußerungen, Zlochs Rückzug von seinen ehemaligen Weggefährten negativ aufgenommen wurde. Um belastendes Material gegen Zloch zu sammeln, mit dem man ihn „aus dem Weg räumen“ könne, soll Andre Laaf sogar bei einem linken Rapper um Unterstützung angefragt haben.
Was bleibt ?
Seit Zlochs Ausscheiden 2020 versuchen Kai Naggert, seine Frau Mona Naggert und Andre Laaf das Label NDS zu erhalten, was jedoch kaum noch über Ausstrahlungskraft über die die rechte Szene hinaus verfügt. Zlochs Rückzug und der Ausstieg von „Arcadi“ Anfang 2021 sorgten dafür, dass sich das rechte Rap-Trio, welches mittlerweile im ehemaligen Jugendferienheim in Weifa bei Bautzen lebt, immer offener den Schulterschluss mit eindeutig neonazistischen Strukturen suchen muss. Geschäftspartner und Ankerperson in der Region ist hierbei Markus Baumgart mit seiner rechten Bekleidungsmarke „Isegrim Clothing“ aus Cunewalde.
In rechten Kreisen wurde zuletzt darüber spekuliert, ob der bekannte Neonazi-Musiker und (angebliche) "V-Mann" Rene Weiße bei NDS angeheuert habe, was erneut für Kontroversen sorgte.