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Neonazis im Gewand der "Neuen Rechten" ?

Einleitung

Die Ideologie der "Neuen Rechten" wird von rechten bis neonazistischen Gruppierungen interessiert verfolgt, aufgegriffen oder übernommen.

Bild: Screenshot YouTube.de

Pierre Krebs ist Vorsitzender des "Thule Seminar".

Das „Thule Seminar“ und die „Neue Rechte“

Das "Thule Seminar" („Arbeitskreis für die Erforschung der europäischen Kultur e. V.“) wurde 1984 in Kassel gegründet. Es gilt als "Spinne im Netz der Neuen Rechten". Vorsitzender ist Pierre Krebs, der laut Angaben Kasseler AntifaschistInnen des „AK Neue Rechte“ zur neonazistischen „Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung“ zählen soll. Zumindestens noch 1980 wurde er vom Hamburger Neonazianwalt Jürgen Rieger in einer Auseinandersatzung innerhalb der "Die Artgemeinschaft e.V." als ein Mitglied des Vereins benannt. Bereits 1968 war er Präsident der ultra-rechten französischen Partei „Rassemblement Européen de la Liberté“ (REL). Zu den „Thule Seminar“-Gründungsmitgliedern zählten unter anderem Wigbert Grabert, Marielouise Grabert, Hans-Günther Grimm und Hans-Michael Fiedler. 

Dem "AK Neue Rechte" liegen interne Unterlagen des "Thule Seminar" aus dem Juli 19881 mit Vorschlägen zur "Neugliederung des Vereins" vor. Denen nach kann nicht jede Person "Ordentliches Mitglied" (OM) werden: "grundsätzliches kann OM nur werden, der auf relevante Militanz für das Thule Seminar verweisen kann". Die Struktur ist laut den Dokumenten streng hierarchisch in drei Ebenen unterteilt:

1.) "Exekutiv" Ebene: Die oberste Ebene stellen "Ordentliche Mitglieder" mit "relevanter Militanz". Diese sollen laut Planung einer "Charta" einen "Eid" abgeben und werden dann mit der "Verleihung gewisser Unterlagen seitens des Vereins" belohnt.

2.) "Fördermitglieder": Die mittlere Ebene basiert auf Mitgliedern von "Lesekreisen" und anderen Aktiven ohne "relevanter Militanz"

3.) "Einfache Mitglieder": Diese stellen die untere Ebene.

Wie "militant" zu interpretieren ist bleibt offen. Doch in einem Interview2 reagierte Pierre Krebs 1983 auf die Frage zu einer Beteiligung an den Protesten der Friedensbewegung gegen amerikanische Raketen ("Wie werden Sie sich beteiligen, auch miltant ?") mit der Antwort: "Natürlich, auch militant (...)"

Das "Thule Seminar" bietet Vorträge in rechten bis neonazistischen Kreisen an und publiziert zu "indogermanische", "heidnische" und (neu)rechten Themen. Die von Herbert Grabert herausgegebene Zeitschrift "Deutschland in Geschichte und Gegenwart" galt neben den "Thule Briefe"  als ein Publikation des "Thule Seminar".

1981 brachte Krebs im „Grabert Verlag“ das neurechte Standartwerk „Das unvergängliche Erbe. Alternativen zum Prinzip der Gleichheit“ heraus. Als Co-Autoren tauchten Armin Mohler, Alain de Benoist, Guillaume Faye oder Hans Jürgen Eysenck (Vorwort) auf. Hinter dem weiteren Autoren „Jörg Rieck“ soll sich laut Recherchen antifaschistischer JournalistInnen der Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger verbergen. Pierre Krebs bestritt dies.

Seit 1985 erscheint die "Thule Seminar"- Zeitschrift "Elemente". Seid 1988 betreibt das "Thule Seminar" den "Ariadne Buchversand".

Die "Jungen Nationaldemokraten" und die „Neue Rechte“

Die „Jungen Nationaldemokraten“ und die „Neue Rechte“ sind schon organisations-historisch eng verbunden, kommen doch die meisten jüngeren Neurechten aus eben dieser Organisation. Die Zeitung „wir selbst“ 3 entstand z.B. 1979 aus der von den "Jungen Nationaldemokraten" initiierten "Grüne Zelle Koblenz".Manfred Rouhs, Herausgeber von „Europa Vorn“, der seit 1991 in der „Deutsche Liga für Volk und Heimat“ ist, war 1985 Landesvorsitzender der "Jungen Nationaldemokraten" in NRW. Der (neu)rechte Publizist Wolfgang Strauss, trat als Referent bei den "Jungen Nationaldemokraten" auf.

Aber genug der Beispiele. Nach der Abspaltung der „Aktion Neue Rechte“ von der NPD begann innerhalb ihrer Jugendorganisation die Diskussion neurechter Positionen an. Die Thesenpapiere der "Jungen Nationaldemokraten" aus den Jahren 1976-1979 wurden von "Neue Rechte"-Theoretikern als gute Zusammenfassung ihrer Ideologie bezeichnet. In der Mutterpartei NPD dauerten diese Diskussionen etwas länger, aber auf dem Parteitag 1982 erklärte sie sich schonmal zur »ethnopluralistischen, ökologischen und sozialen Alternative«. Die zuletzt erarbeiteten Thesenpapiere der "Jungen Nationaldemokraten" von 1991 sind neurechte Ideologie pur: Vom »Ethnopluralismus«, über den »Dritten Weg«, zum »Befreiungsnationalismus« und »Regionalismus«, die wesentlichen Teile der neurechten Ideologie sind vorhanden.

"Nationalistische Front" und „Neue Rechte“

Abgesehen von den Gründungsmitgliedern Meinolf Schönborn (NPD/JN) oder Bernhard Pauli ("Solidaristische Offensive") gibt es diverse Querverbindungen zu anderen Bereichen der „Neuen Rechten“. Aber insbesondere ihre Ideologie macht die "Nationalistische Front" zum integralen Bestandteil einer „Neuen Rechten“. Ihre Schrift »Unser Welt- und Menschenbild« von 1991 zum Beispiel beinhaltet originäre „neurechte“ Positionen (wie das biologistische - oder wie sie sagen »realistische« - Menschenbild auf Grundlage der Theorien von Konrad Lorenz etc.).

Die Zeitschrift „blick nach rechts“ berichtete, das Pierre Krebs, der Vorsitzende des Kasseler Thule-Seminars, im Juni 1988 in der "Nationalistische Front"-Zentrale in Bielefeld bei einer „Kaderschulung“ auftrat. Pierre Krebs gab in einer Gegendarstellung in der Kasseler „Stattzeitung“ an, das er nur „ein einziges mal auf Einladung in Bielefeld einen Vortrag über die geistigen Zielsetzungen des Thule-Seminars gehalten“ habe.  Jürgen Rieger, der sich ebenfalls für die "Nationalistische Front" engagiert, ist eine der zentralen Figuren der bundesdeutschen Neonaziszene mit besten Verbindungen zu neurechten Zirkeln. Alain de Benoist ist ständiger Mitarbeiter der Thule-Zeitung „Elemente“, Kopf der französischen "Neuen Rechten" und 1977 im wissenschaftlichen Beirat von Jürgen Riegers rassistischer „Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung“ (GfbAEV). Diese Gesellschaft ist auch über andere Funktionäre eng mit dem "Thule-Seminar", der Zeitschrift „Elemente“ und der "Neuen Rechten" verbunden.

  • 1U.a. ein Protokoll einer Mitgliederversammlung vom 2. Juli 1988 im Schloßhotel Kassel
  • 2"Rundfunksendung "Es war ein König in Thule" vom 9. April 1983 im SFB 1
  • 3Der Name ist die Übersetzung von „Sinn Féin“, dem Name der nordirischen Partei die als „politischer Arm der IRA“ bezeichnet wird.