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FPÖ - Sieger bei den Regionalwahlen in Kärnten

Einleitung

»42 Prozent in Kärnten; Bravo Jörg!« Mit diesem Satz gratulierte Bruno Mégret, Vorsitzender der "Front National" Abspaltung "Mouvement national républicain" (MNR), dem Landtagswahlsieger in dem südösterreichischen Bundesland. Durch seine »Festigkeit, Modernität, Dynamik und solide Verankerung in seiner Region Kärnten« habe der Vorsitzende der "Freiheitlichen Partei Österreichs" (FPÖ), Jörg Haider, allen nationalen Kräften Europas bewiesen, daß es möglich sei, eine Wahl »mit breitem Vorsprung« zu gewinnen und gleichzeitig seinem »patriotischen Ideal« treu zu bleiben. »Sein Sieg von heute kündigt unsere Siege von morgen an«, ließ Mégret verlautbaren, und hofft, daß etwas von dem Erfolg auch auf ihn abfallen möge. Selbstverständlich gratulierten auch die anderen Vorsitzenden ultra-rechter Parteien dem »feschen Jörgl«, wie der Jörg Haider herzlich bezeichnet wird. Ob Jean-Marie Le Pen vom "Front National" oder Rolf Schlierer von "Die Republikaner", alle hoffen auf ein Signal für die im Juni bevorstehenden Europawahlen.

Foto: flickr.com; Dieter Zirnig/CC BY 2.0

Jörg Haider ist Populist und Liebling der Medien.

Als einzige der großen Parteien legte die FPÖ in Kärnten zu. Sie erhielt einen Zuwachs von fast neun Prozentpunkten, während die konservative ÖVP ein Minus von 3,1 Prozentpunkten (20,7%) und die Sozialdemokraten, als bisher stärkste Partei, ein Minus von über 4 Prozent hinnehmen (32,9%) mussten. Möchte Jörg Haider Landeshauptmann werden, so ist er auf die Stimmen aus den beiden bürgerlichen Parteien angewiesen. Bei dieser Frage kommen jetzt die in Wien mit großer Koalition Regierenden unter Druck. Ihre offizielle Position lautet, daß »ein Landeshauptmann Haider mit allen Mitteln verhindert werden soll«. Jedoch ist solch eine Position der Öffentlichkeit nicht so leicht zu vermitteln.

Nachdem die Partei Haiders in etlichen gesellschaftlichen Bereichen tonangebend geworden ist - ihre Positionen zur Ausländerpolitik sind längst in die Gesetze der Republik gegossen worden - will ein großer Teil der Bevölkerung jetzt auch, daß der Wahlsieger eine Chance bekommt. Bekäme er die nicht, so mutmaßen politische Beobachter, könnte dies einen »Märtyrerbonus« für Haider geben, der sich bei den Europawahlen im Juni und den Nationalratswahlen im Oktober niederschlagen könne. Die Pressefreundlichkeit der »Blauen« wurde bereits am Tag vor der Bekanntgabe des Wahlergebnisses unter Beweis gestellt. Von drei FPÖ-Ordnern in ihren gelben Skianoraks ist ein Fernsehteam der ARD bei der Abschlußkundgebung mit vollem Körpereinsatz weggerempelt worden. Ein Fernsehteam der ARD hatte 1995 ein Video von Haiders fatalem Auftritt vor SS-Veteranen ausgestrahlt.1

Der Erfolg der Freiheitlichen Partei in Kärnten kam in dieser Höhe überraschend. Das ganze letzte Jahr wurde die Partei von einem Korruptionsskandal nach dem anderen erschüttert. Fast sah es so aus, als ob sie damit ihr sorgsam aufgebautes Image als Partei der »Tüchtigen und Sauberen« verspielt hatte. Haider selbst schaffte es, unbeschadet aus den Skandalen hervorzugehen und seine Rolle als Saubermann noch zu unterstreichen. Er schloß willkürlich und unter Umgehung sämtlicher innerparteilichen Demokratiespielregeln, eine ganze Reihe von Funktionären aus der Partei aus und schlug so gleichzeitig zwei Fliegen mit einer Klappe: Betroffen waren nicht nur in Korruptionsverdacht geratene Funktionäre, sondern auch innerparteiliche WidersacherInnen. Ganz anders, aber nicht minder heftig, wird agiert, wenn jemand es wagen sollte, sich aus freien Stücken von der Partei zu trennen. Einen Eindruck, wie herzlich dies unter den Rechten dabei zugeht, vermittelt ein Zitat von dem EX-FPÖ-Mitglied Jörg Steiner: »Der Druck und die Schmutzkampagne der Ex-Kollegen sind fast unerträglich. So stelle ich mir den Ausstieg aus einer Sekte vor

Haider ist Populist und Liebling der Medien. Aus seinen ultranationalistischen und autoritären Ansichten macht er ebenso wenig einen Hehl wie aus seiner Demokratiefeindlichkeit. Wird er dafür angegriffen, schafft er es, sich als den zu Unrecht Verfolgten zu präsentieren: er bezeichnete seine Gegner als »Scharfrichter«2 , die »die übelsten Mittel« gegen ihn anwenden, als »Haider-Kannibalen«3 oder als »linke Jagdgesellschaft«4 , die ihn mit »haßerfülltem Fanatismus« verfolgen würde. Aus seiner Sicht sind die Freiheitlichen »die Gladiatoren, die Minderheit in der politischen Arena, die gegen die Löwen der Macht ankämpfen"5 . Die FPÖ ist für Haider die »PLO Österreichs, die Befreiungsbewegung der Österreicher«.6 Im September 1998 kündigte Haider einen »politischen Guerillakampf« gegen die als »Besatzungsmacht« bezeichnete Regierung an.7 Haider übersteht einen politischen Skandal und vermeintlichen Ausrutscher nach dem anderen. Bereits 1991 mußte er als Kärntner Landeshauptmann zurücktreten, als er die Beschäftigungspolitik des NS-Faschismus lobte.8 Damals wurde er mit den Stimmen der konservativen ÖVP in das Amt des Landeshauptmannes gewählt.

Der Siegeszug der Partei setzte sich fort. Bei den Nationalratswahlen im Oktober 1990 wuchs der Anteil der Haider-Stimmen von 9,7 Prozent auf 16,6 Prozent. Im Oktober 1994 wurden daraus 22,5 Prozent. Haider schafft es die beiden großen Parteien ÖVP und SPÖ vor sich her zu treiben, und denen fällt nichts dagegen ein.

  • 1Jörg Haider erklärte 1995 in einer Rede vor Veteranen der Waffen-SS anlässlich der Ulrichsbergfeiern in Krumpendorf: „Dass es in dieser regen Zeit, wo es noch anständige Menschen gibt, die einen Charakter haben und die auch bei größtem Gegenwind zu ihrer Überzeugung stehen und ihrer Überzeugung bis heute treu geblieben sind. Und das ist eine Basis, meine lieben Freunde, die auch an uns Junge weitergegeben wird. Und ein Volk, das seine Vorfahren nicht in Ehren hält, ist sowieso zum Untergang verurteilt. Nachdem wir aber eine Zukunft haben wollen, werden wir jenen Menschen, den politisch korrekten, beibringen, dass wir nicht umzubringen sind und dass sich Anständigkeit in unserer Welt allemal noch lohnt, auch wenn wir momentan nicht mehrheitsfähig sind, aber wir sind den anderen geistig überlegen. […] Wir geben Geld für Terroristen, für gewalttätige Zeitungen, für arbeitsscheues Gesindel, und wir haben kein Geld für anständige Menschen.
  • 2Vgl. »Der Schoß ist fruchtbar noch«, Haider 1993, S. 247, Hrsg. Grünalternative Jugend, Wien, 1998
  • 3ebda. S.248
  • 4ebda. Seite 248
  • 5ebda. Seite 5, Haider 1994
  • 6Aus "Süddeutsche Zeitung" vom 18.10.1996
  • 7Zit. nach Presse 10.9.1998
  • 8Er sagte im Kärntner Landtag am 13. Juni 1991: „Na, das hat’s im Dritten Reich nicht gegeben, weil im Dritten Reich haben sie ordentliche Beschäftigungspolitik gemacht, was nicht einmal Ihre Regierung in Wien zusammenbringt. Das muss man auch einmal sagen.“