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»Keine Stimme den Nazis«

Antifaschistischen Linken Berlin (ALB) (Gastbeitrag)
Einleitung

Antifaschistische Kampagne in Brandenburg soll Wahlerfolge der NPD stoppen

Zur Kommunalwahl im Land Brandenburg Ende September 2008 hat sich ein antifaschistisches Bündnis unter dem Motto »Keine Stimme den Nazis« zusammengeschlossen. Das Bündnis setzt auf regionale Aktionen, Aktivierung lokaler Akteure und versucht den Einzug von Neonazis in Kommunalvertretungen zu verhindern.

Das Land Brandenburg ist durch zwei Extreme geprägt: einen dichtbesiedelten Speckgürtel rund um Berlin, sowie ländlich geprägte Kreise, die vielerorts eine Landflucht erleben. Brandenburg verzeichnet nach Mecklenburg-Vorpommern die geringste Einwohnerdichte in der BRD und ist gleichzeitig eines der Bundesländer mit den meisten extrem rechten Übergriffen aus der Bevölkerung. Nach Angaben der Brandenburgerm Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt »Opferperspektive« wurden im Jahr 2007 mit 1511 extrem rechten Gewalttaten ein neuer Jahresrekord erreicht, dazu kommen unzählige Propagandadelikte, Sachbeschädigungen und Bedrohungen. 

Die extreme Rechte ist in Brandenburg in unterschiedlichster Form vertreten: DVU, NPD sowie eine Vielzahl von »Kameradschaften«. Der »Deutschlandpakt« mit Wahlabsprachen zwischen DVU und NPD wurde auf die lokale Ebene ausgeweitet. Das Ziel der Neonazis ist, flächendeckend in Kommunalparlamente einzuziehen und damit ein Fundament für die Landtagswahl 2009 zu legen. Bisher galt Brandenburg als DVU-Land, doch unter der Führung von Klaus Beier plant die NPD im kommenden Jahr Parteikader in den Brandenburger Landtag zu schicken. Ob dann die NPD oder die DVU die Wahllisten anführt, könnte sich aus den Ergebnissen bei den Kommunalwahlen ergeben. Tatkräftige Unterstützung erhält die NPD aus dem Spektrum der »freien Kameradschaften«, die nach der Auflösung des »Märkischen Heimatschutz« (MHS) näher an die NPD gerückt sind.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie auf die Offensive der NPD zu reagieren ist. Auf Initiative der Antifaschistischen Linken Berlin gründete sich ein Bündnis, an dem zahreiche Antifagruppen, Jugendverbände, lokale Initiativen sowie Gewerkschaften beteiligt sind. Bewusst haben wir uns enschieden, neben Antifas auch gesellschaftliche MultiplikatorInnen aus Gewerkschaften und lokalen Initiativen anzusprechen. Aus den Erfahrungen zahlreicher Antifa-Kampagnen der letzten Jahre in Berlin, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern oder Schleswig-Holstein kamen wir zu dem Schluss, dass nur eine offene Bündnisarbeit, die möglichst viele Akteure anspricht, den Erfolg der Neonazis einschränken und eine antifaschistische Kultur stärken kann. Das Nebeneinander unterschiedlicher Aktionsformen und Ansätze wird als Stärke begriffen. Die Aufgaben von AntifaschistInnen innerhalb solcher Kampagnen sind vielfältig:

• Aufklärung über neonazistische Strukturen und die Gefahren von Rechtsextremismus.
• Aufzeigen der gesellschaftlichen Tragweite von Neonazismus und Rassismus und dass beides von allen Kräften gemeinsam bekämpft werden muss.
• Schaffen eines Klimas, in dem Antifaschistinnen und Antifaschisten ermutigt sind, aktiv zu werden und sich NPD & Co. in den Weg stellen. Denn letztlich sind Neonazis dort schwach, wo es eine starke Linke gibt.

Um dies alles zu erreichen, geht es um das Aktivieren von lokalen Gruppen, Einzelpersonen, Initiativen und Organisationen. Da Gewerkschaften sowie die genannten Akteure aus der Zivilgesellschaft vielerorts über eigene (halb-)staatliche Netzwerke verfügen, sind Antifas in ländlichen Regionen oft auf sich allein gestellt. Sie gilt es gezielt zu stärken und zu fördern, damit auch nachhaltig linke Strukturen enstehen, die immer noch das beste Mittel gegen die extreme Rechte sind.

Informationen:
www.keine-stimme-den-nazis.de
www.antifa.de

Die Massenzeitung »Speziell«

Ein Mittel zur Ausgrenzung von Neonazis ist die Aufklärung über selbige. Einen Schritt weiter geht die offensive "Diffamierung" von scheinbar unbescholtenen NPD/DVU-Kadern als Neonazis, Gewalttäter und Kriminelle. Dazu kann die Selbstinszenierung der NPD als Partei der Saubermänner gezielt genutzt werden, um sie zu diskreditieren.

Dafür wurde die Massenzeitschrift »Speziell« erstellt. In ihrem Stil an der Boulevardpresse orientiert, liefert sie Hintergrundinformationen über die Gefahr von Rechts und Rassismus, die Verstrickung von NPD-Kadern in Kriminalität, Gewalttätigkeiten, etc. und liefert Argumente gegen Vorurteile gegenüber MigrantInnen.

Es bleibt abzuwarten, ob sich potentielle NPD-Wähler damit abhalten lassen, ihr Kreuz bei der NPD zu machen.


Rechtsextremismus im Land Brandenburg
Ein flaches Land, dünn besiedelt, kulturarm – und seit fünfzehn Jahren Tummelplatz von Rechtsextremen. Kein Wunder, denn Potenzial ist reich vorhanden. Einer Studie zufolge vertreten fast 50 Prozent der Bevölkerung rassistische Positionen, bundesweit der unangefochtene Spitzenwert. Angesichts solcher Daten überrascht es fast, dass die organisierten Rechtsextremen nicht noch erfolgreicher sind. Immerhin aber sitzt die DVU seit fast zehn Jahren in Fraktionsstärke im Landtag. Außer in Brandenburg ist es der Partei noch nirgendwo sonst gelungen, einen Wahlerfolg zu wiederholen. Auf 5,3 Prozent 1999 folgten 6,1 Prozent im Jahr 2004. Die sechs DVU-Abgeordneten bemühen sich fleißig, parlamentarisch mitzuarbeiten. Sie schaffen es jedoch nicht sonderlich gut, damit öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Nebenher veranstaltet ein Landesvorstandsmitglied nicht nur das jährliche DVU-Fest auf seinem Privatgrundstück, sondern auch beinharte Neonazi-Rechtsrockkonzerte. Probleme mit seiner Partei bekommt er deshalb nicht, obwohl die DVU offiziell sowohl Neonazismus als auch Rechtsrockmusik ablehnt. Neben der 250 Mitglieder zählenden DVU hat sich die NPD inzwischen zur zweiten bedeutenden rechtsextremen Partei im Land hochgearbeitet. Auch sie zählt mittlerweile 250 Mitglieder.

Bis vor zwei Jahren lag der NPD-Landesverband in Trümmern, nachdem der damalige Landeschef die Partei 2004 verlassen hatte. Unter dem aktuellen Vorsitzenden Klaus Beier (hauptberuflich Pressesprecher der Bundes-NPD) warb die Partei fleißig um Mitglieder, baute Lokalstrukturen auf und zeigte mit recht zahlreichen wenn auch teilnehmerschwachen Demonstrationen Präsenz auf der Straße. Die Brandenburger Kameradschaftsszene reiht sich bei diesen Events artig mit ein, ist aber nicht in der Lage, eigene Impulse zu geben. NPD und DVU kandidieren bei den Kommunalwahlen mit rund 50 bzw. 70 KandidatInnen nach Landkreisen getrennt voneinander, um nicht konkurrieren zu müssen. Die Listen sind gespickt mit militanten Neonazis, rechtsextremen Politmumien und verurteilten Gewalttätern. Nur drei Beispiele: Auf der DVU-Liste in Barnim steht Kai Hasselmann (Ex-Chef des »Nationalen Bündnis Preußen«); die NPD bietet in Guben Alexander Bode (Beteiligter an der tödlichen Hetzjagd von Guben 1999) und in Cottbus Frank Hübner (Ex-Chef der 1992 verbotenen Kühnentruppe »Deutsche Alternative«) auf.