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Für einen würdigen Gedenkort

Für die »Initiative für einen Gedenkort ehemaliges Jugendkonzentrationslager Uckermark e.V.« Wiltrut Cordes Andrea Behrend u.a.
Einleitung

Das ehemalige Jugendkonzentrationslager für Mädchen und junge Frauen und spätere Vernichtungslager Uckermark

»Ich dachte das war ein Kinderheim, ich wusste gar nicht was Uckermark eigentlich war« (Anita Köcke, 2005)
Ein bis heute weitgehend unbekannter und vergessener Ort des nationalsozialistischen Terrors ist das Jugendkonzentrationslager für Mädchen und junge Frauen und spätere Vernichtungslager Uckermark. Seine Geschichte ist weitgehend unbekannt, als Gedenkort ist er nie Teil der staatlichen Erinnerungskultur der DDR und BRD gewesen. Eine Initiative, die seit einigen Jahren auch antifaschistische, feministische Bau- und Begegnungscamps vor Ort organisiert, arbeitet dem Vergessen entgegen. Nach dem Wunsch der Überlebenden soll das ehemalige Jugend-KZ Uckermark, welches bis heute noch Jugendschutzlager heisst, zu einem würdigen Gedenkort werden.

Bild: attenzione-photo.com

Das ehemalige Frauenkonzentrationslager Ravensbrück einen Tag vor den offizilen Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag der Befreiung des Lagers. Auf dem Jugend bzw. Mädchen KZ Uckermark wurde das erste mal eine Gedenkveranstaltung abgehalten.

Das ehemalige Konzentrationslager, von dem heute nur noch Fundamente der Baracken zu sehen sind, liegt in unmittelbarer Nähe der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück und wurde 1942 speziell für Mädchen und junge Frauen im Alter zwischen 14 und 21 Jahren errichtet. Insgesamt wurden zwischen 1942 und Anfang 1945 circa 1.200 Mädchen und junge Frauen, sowie einige Jungen – und junge slowenische Partisaninnen in einem Sonderblock – inhaftiert. Der Haftgrund lautete für viele »Asozial«. Anfang 1945 wurden die meisten Häftlinge in das nahe gelegene Frauenkonzentrationslager Ravensbrück überstellt. Auf einem Teil des Geländes entstand ein Vernichtungslager für Frauen des Konzentrationslagers Ravensbrück. Bis zur Befreiung durch die Rote Armee Ende April 1945 wurden insgesamt 5.000 bis 6.000 Häftlinge ermordet.

Vergessene und stigmatisierte Opfer

Die vielfältigen Haftgründe, aufgrund derer Mädchen und junge Frauen in das bis heute verharmlosend bezeichnete »Jugendschutzlager Uckermark« gebracht wurden, lassen sich mit Ausgrenzung und Nichtanpassung an die nationalsozialistische Volksgemeinschaft zusammenfassen. Wechselnder Wohnort, Zeiten ohne Arbeitsnachweis, die Verweigerung des Dienstes beim BDM (Bund Deutscher Mädel), Bekanntschaften mit Männern, die selbst aus unterschiedlichen Gründen stigmatisiert oder diskriminiert wurden, konnten Beschuldigungen wie »Herumtreiberei« oder »sexuelle Verwahrlosung« nach sich ziehen und zur Einweisung in ein KZ führen. Der Vorwurf der »sexuellen Verwahrlosung« war ein spezifisch weiblicher Haftgrund. Schon ein abendlicher Kinobesuch mit einem Mann konnte zu dieser Anschuldigung führen. Eine Überstellung ins Konzentrationslager konnte auch dann erfolgen, wenn Mädchen aufgrund unmenschlicher Arbeits- und Lebensbedingungen weggelaufen waren, oder weil sie sich diesen Bedingungen widersetzten. Ebenso wurden »Zeuginnen Jehovas« inhaftiert. Dieses Jugend-KZ gehört zu den vergessenen Lagern und hatte aufgrund seiner Geschichte keinen Platz in den Gedenkkulturen der DDR und der BRD gefunden. Menschen, die als »asozial« stigmatisiert wurden, wurden nicht als Opfer wahrgenommen, sondern weiter ausgegrenzt, sie verschwiegen aus gutem Grund ihre Geschichte und hatten keine Lobby, die sich für sie einsetzte.

Die Arbeit der Initiative

Die »Initiative für einen Gedenkort ehemaliges Jugendkonzentrationslager Uckermark e.V.« und ihr Netzwerk arbeitet seit mehr als zehn Jahren daran, auf dem Areal des ehemaligen Jugendkonzentrationslagers einen Gedenkort zu gestalten und die Geschichte des Lagers weiter zu erforschen. Lange war das Gelände nicht zugänglich, da ein Teil zunächst von der Roten Armee und später von den GUS-Truppen genutzt wurde. Im Rahmen archäologischer Ausgrabungen in den Jahren 1997 und 2001 wurden Barackenfundamente, Teile der Lagerstrasse und weitere Materialien gefunden. Seit 1997 werden fast jährlich von der Initiative antifaschistische, feministische Bau- und Begegnungscamps organisiert, um die Geschichte dieses Lagers zu erforschen und um einen würdigen Gedenkort zu gestalten. Der Forschungsbedarf ist groß, es gibt kaum Archivmaterial, Akten sind nicht vorhanden bzw. bis heute unauffindbar. Die erste Gedenkveranstaltung auf dem ehemaligen Gelände des Jugendkonzentrationslagers und späteren Vernichtungslagers Uckermark fand 2005 – 60 Jahre nach der Befreiung – statt. Ausgeführt wurde sie von der »Initiative für einen Gedenkort ehemaliges KZ Uckermark«. Leider gibt es immer wieder Verwüstungen auf dem Gelände, die letzte im Frühjahr 2008. Eine Hinweistafel, die Informationsbox und mehrere Schilder wurden zerstört und gestohlen. Die Initiative arbeitet eng mit der Lagergemeinschaft Ravensbrück/Freundeskreis zusammen und sieht sich den Wünschen der Überlebenden verpflichtet. So wurde im April 2009 ein Gedenkstein auf dem Gelände eingeweiht. Dieser Gedenkstein wurde auf Wunsch und in Zusammenarbeit mit Überlebenden entworfen und von Handwerker_innen und Künstler_innen der Initiative umgesetzt.

Der schwere Weg zur Zugänglichkeit

Inzwischen ist das Gelände in das Wegeleitsystem der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück aufgenommen worden, dennoch ist es schwer zugänglich und im Moment offiziell verschlossen, da der Eigentümer – der Bund in Form der Bima (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) – nicht die Sicherheit gewährleisten will. Das Areal gehört nicht zu der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück und nicht zu der Stiftung Brandenburgerische Gedenkstätten und ist nicht in der Zielplanung vorgesehen. Die Initiative bemüht sich seit einiger Zeit um eine Konversion des Geländes, das heißt den Abriss der Panzerhallen durchzusetzen. Die Konversionsmittel stehen bereit, die Bima stimmt dieser Maßnahme aber nur zu, wenn es nach der Konversion zu einem Besitzerwechsel kommt. Bestrebungen einen neuen Besitzer zu finden, sind bisher gescheitert. Das Finanzministerium Brandenburg welches im Gespräch war, hat sich bis heute nicht positiv geäußert. Die Initiative hat über eine Kleine Anfrage im Landtag und über Unterstützer_innenschreiben bisher nicht das für sie notwendige Ergebnis erzielt. Noch in diesem Jahr muss eine positive Entscheidung für die Konversion auf dem Gelände erreicht werden, sonst werden die bereitstehenden Gelder für andere Projekte vergeben. Der Abbau der Panzerhallen ist ein wichtiger Schritt, um die Zugänglichkeit auf das Areal des ehemaligen Jugend-KZ zu ermöglichen. Die Initiative sieht sich mit ihrem Engagement auf dem Gelände als einen Teil der antifaschistischen Erinnerungskultur. Ihre Arbeit ist feministisch und antifaschistisch motiviert. Die Arbeit auf dem Gelände will das Konzept des »Offenen Gedenkens« umsetzen, das Raum lässt für verschiedenen Gedenkkulturen und Wünsche – eine aktive, selbstgestaltende Gedenkform. Dabei ist Gedenken für die Initiative immer verknüpft mit einem Erinnern an den Terror des Nationalsozialismus und die Einbindung dieses Ortes ins faschistische System. Besonderes Anliegen ist das Aufzeigen von Kontinuitäten bis in die heutige Zeit und eine kritische Betrachtung der staatlichen Erinnerungskultur. Dieser Ort und seine Geschichte dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Nach dem Wunsch der Überlebenden soll er zu einem würdigen Gedenkort werden.

LITERATUR:
· Limbächer Katja, Merten Maike, Pfefferle Bettina (2005): Das Mädchenkonzentrationslager Uckermark, Münster
· Höffinghoff Sandra, Klarenbach Viola (2000): Katalog der Ausstellung wir durften ja nicht sprechen, Münster

INFORMATIONEN:
· www.maedchen-kz-uckermark.de
· DVD – Das Jugendkonzentrations- und spätere Vernichtungslager für Mädchen und junge Frauen Uckermark (Bestellungen: behrendt(a)globale-medienwerkstatt.de, inf(a)maedchen-kz-uckermark)

KONTAKT:
gedenkort-uckermark(a)web.de

SPENDEN sind immer willkommen unter:
Initiative für einen Gedenkort ehemaliges KZ Uckermark e.V.
Kto. 468579106
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