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Auf dem »Heiligenhof« trifft sich die extreme Rechte

Robert Andreasch und Lara Schultz
Einleitung

Im Juni 2011 trafen sich in der sudetendeutschen Bildungsstätte »Heiligenhof« im unterfränkischen Bad Kissingen rund 30 Mitglieder des »Internationalen Willi-Wanka-Kreises« (IWWK) zu ihrem jährlichen »Pfingstseminar«. Die Referenten stammten überwiegend von rechts Außen: Der Wiener Gerhard Zeihsel, Bundesobmann der »Sudetendeutschen Landsmannschaft Österreich«, gehört zum extrem rechten Rand der FPÖ. Ebenso als Vortragender dabei: der US-amerikanische Geschichtsrevisionist Andreas Wesserle (Wisconsin), der im Jahr 2008 sein Buch »DieKriegsmacher« beim extrem rechten »Druffel & Vowinckel-Verlag« (Gilching) veröffentlicht hatte. 

Bild: Screenshot der Internetseite der Bildungsstätte »Der Heiligenhof«.

Als »Gesinnungsgemeinschaft« positioniert sich der IWWK bei den Sudetendeutschen noch rechts des revanchistischen »Witikobunds«. Seine Mitglieder hatten sich im Jahr 1975 aus Protest gegen die Ostpolitik Willy Brandts als »Wenzel-Jaksch-Kreis« von der sozialdemokratischen Seliger-Gemeinde abgespalten und 1993 in »Internationaler Willi-Wanka-Kreis« umbenannt.

Die antisemitische und nationalistische Ideologie des IWWK wird in Seminaren und in der eigenen Publikation »Sudetenbote« deutlich: Beim Pfingsttreffen 2010 sprach beispielsweise  neben »Deutsche-Stimme«-Autor Tomislav Sunic (NPD), der IWWK-Vorsitzende Dr. Rudolf Pueschel (Roseville, USA) über »die Unterwürfigkeit der Bundesrepublik Deutschland gegenüber Israel«. Zum Tag der deutschen Einheit 2009 zierte eine Karte von »Großdeutschland« die Rückseite des »Sudetenboten«, für die Aprilausgabe übernahm man im Jahr 2010 mit Quellenangabe einen Text von der Homepage der »Nationalen Sozialisten Mainz-Bingen-Kreuznach«. Mit anderen offen revanchistischen Gruppen wie der »Studiengruppe Erbland Sudetenland« (StES) und dem »Witikobund« schloss sich der IWWK im Jahre 2003 zur »Sudetendeutschen Initiative« zusammen, um gemeinsam vermeintliche Besitzansprüche in Tschechien durchzusetzen.

Seit mindestens sechs Jahren trifft sich der IWWK jährlich im »Heiligenhof«, der zentralen Bildungsstätte der »sudetendeutschen Volksgruppe«, die ihren Namen einem Roman des Blut-und-Boden-Schriftstellers Hermann Stehr verdankt. Stellvertretender Vorsitzender des »Heiligenhof«-Trägervereins  »Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk« ist der ehemalige Bundesvorsitzende des »Witikobundes«, Reinfried Vogler. Geschäftsführer ist der CSU-Ortsvorsitzende von Bad Kissingen, Steffen Hörtler.

Bei Hörtler, der sich selbst als »Rechtsextremismusexperte« bezeichnet, haben extrem rechte Gruppen leichtes Spiel: Vom 18. bis 20. März 2011 wurde bei einer »Studientagung« der NS-verherrlichenden »Kolbenheyer-Gesellschaft« im »Heiligenhof« unter anderem über die Frage referiert, warum »unser Volk die jetzige Anpassungskrise der weißen Menschheit bewältigen und überleben [kann]«. Als Hörtler noch Geschäftsführer der »Grenzlandbildungsstätte« Burg Hohenberg im Fichtelgebirge war, traf sich dort zum Jahreswechsel 2006/2007 die inzwischen verbotene neonazistische »Heimattreue Deutsche Jugend« (HDJ). »Die waren ganz nett und ganz normal«, gab Hörtler damals gegenüber dem »Spiegel« an, »es gab keinen Grund, irgendwas anzuzweifeln.«

Als im Herbst 2011 die Seminare des »Internationalen Willi-Wanka-Kreises« Schlagzeilen machten, rechtfertigte sich Steffen Hörtler in einer Lokalzeitung mit der Behauptung, der IWWK sei »sozialdemokratisch geprägt«. Die 91jährige Antifaschistin Olga Sippl, Mitbegründerin der sudetendeutschen Sozialdemokratie in der Bundesrepublik, sieht das ganz anders. Auf Anfrage teilte sie mit: »Bei einmaliger Teilnahme konnte ich feststellen, dass der Kreis überhaupt nichts mit der Politik sudetendeutscher Sozialdemokraten zu tun hat«. Hörtler hat noch eine andere Ausrede parat: mangels Teilnehmender sei das IWWK-Pfingstseminar 2011 »ausgefallen«, er habe zum gleichen Termin daher ein anderes Seminar konzipiert. Nachweislich sind in diesem von Steffen Hörtler geleiteten Seminar jedoch exakt jene Referenten aufgetreten, die schon der IWWK angekündigt hatte. Die »Sudetendeutsche Zeitung« leitete später gar ihren Veranstaltungsbericht mit den Worten ein: »Mitte Juni veranstaltete der Willi-Wanka-Kreis auf dem Heiligenhof in Bad Kissingen das Seminar ›Sind Vertriebene museumsreif?‹«. Unter dem vorgeschobenen Titel »Betrachtungen zum deutsch-tschechischen Verhältnis von beiden Seiten der Grenze« wurde es nun allerdings von der »Bundeszentrale für politische Bildung« (bpb) mit rund 3.500 Euro gefördert. Der »Heiligenhof« galt dort als grundsätzlich förderungswürdiger Träger, seine Anträge wurden inhaltlich nie geprüft.

In den vergangenen Jahren hatte der »Heiligenhof« mehrfach den IWWK als Kooperationspartner gegenüber der bpb verschwiegen. Zumindest die IWWK-Pfingstseminare in den Jahren 2008 und 2009 wurden so von der Bundeszentrale für politische Bildung mitfinanziert. Im Jahr 2008 waren zum Seminarthema »Ethnische Säuberungen gestern und heute« der IWWK-Beisitzende Adalbert Wollrab (»Nachkriegsverbrechen an den Deutschen«) und der Witikobundfunktionär Horst Löffler (»Rückkehr Deutscher in die alten Siedlungsgebiete – Wunschdenken oder denkbare Wirklichkeit?«) aufgetreten. Im Jahr 2009 beschäftigten sich die Versammelten mit »Vertreibungspolitiken in aller Welt«. IWWK-Vorsitzender Pueschel widmete sich einem Vergleich des Sudetenlands mit Palästina und der bekannte Geschichtsrevisionist Gerd Schultze-Rhonhof beklagte das »tschechisch-deutsche Drama 1918–1939«.


Recherchen von »Spiegel online« und der Zeitschrift »der rechte rand« hatten all dies eindeutig belegt. Der bayerische Verfassungsschutz stellte sich dennoch hinter Steffen Hörtler: Es »lägen keine Erkenntnisse über die Referenten vor. Und noch weniger sei der Heiligenhof jemals ein Thema gewesen« zitierte die lokale »Saale-Zeitung« einen Pressesprecher des Landesamtes.

Bpb-Chef Thomas Krüger dagegen bestellte Steffen Hörtler im Oktober nach Bonn ein. Um zukünftig überhaupt noch förderungswürdig zu sein, mussten der Heiligenhof-Geschäftsführer sowie der Trägerverein der Bildungsstätte einen »Fünf-Punkte-Plan« unterzeichnen. Dazu gehören eine eindeutige Distanzierung vom IWWK und dessen ReferentInnen sowie die Rückzahlung des Zuschusses für das Pfingstseminar 2011. Grundsätzlich verlangt die bpb vom »Heiligenhof« eine Änderung der ReferentInnenauswahl, denn eine Reihe weiterer ReferentInnen bei anderen »Heiligenhof«-Seminaren, so Thomas Krüger, hätten zumindest »Verbindungen zum Rechtsextremismus« gehabt.


In den wenigen Wochen seither hat Steffen Hörtler den »Fünf-Punkte-Plan« mehrfach ignoriert: Ende Oktober führte er gemeinsam mit dem IWWK-Referenten Horst Löffler (Stuttgart) für die »Stiftung Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk« eine »Spurensuche im Böhmerwald« durch. Mitte November leitete dann »Sudetenboten«-Autor Gerolf Fritsche (Offenbach) ein Seminar des »Pädagogischen Arbeitskreis Mittel- und Osteuropa« im »Heiligenhof«. Die Delegierten der »Sudetendeutschen Landsmannschaft« im Bezirk Unterfranken hatten da gerade ihren Vorstand gewählt. Stellvertretende Vorsitzende wurden IWWK-Vorstandsmitglied Edmund Liepold  – und Steffen Hörtler.