Skip to main content

DNA – Worthless or Almighty?

whentheykick.blogsport.de (Gastbeitrag)
Einleitung

Anlässlich einer DNA-Entnahmen gegen Antifaschist_innen aus Berlin möchten wir uns mit den gesellschaftspolitischen und kriminalistischen Hintergründen, den Dunkelfeldern der Debatte und dem repressiven Potential dieser Ermittlungsmethode auseinandersetzen. Unterschiedlichste Behörden machen mittlerweile reichlich davon Gebrauch, und die kritische Debatte hierüber führt abseits traditioneller Antirepressions- und Bürgerrechtsstrukturen ein Schattendasein.

(Foto, flickr.com; M SEAS; CC BY 2.0)

Zur Kritik am „genetischen Fingerabdruck“ 1

Am Morgen des 28. Februar 2017 drangen Beamte des Berliner Staatsschutzes in mindestens zwei Wohnungen in Berlin-Kreuzberg und -Mitte ein. Im Raum steht der Vorwurf der gemeinschaftlichen gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil eines Neonazis. Laut Durchsuchungsbeschluss soll der Sänger einer Neonaziband im Dezember 2015 in Berlin „diverse Prellungen“ erlitten haben. Nach einseitig geführten Ermittlungen kam es Ende Februar zur Vollstreckung mehrerer Durchsuchungsbeschlüsse, bei denen auch ein SEK zum Einsatz kam. In mindestens einem Fall wurde während der Durchsuchungen DNA entnommen. Ein weiterer Beschuldigter, der bei der Durchsuchungsaktion nicht zugegen war, hat sich den polizeilichen Maßnahmen bis auf Weiteres entzogen. Er verweist darauf, dass die Ermittlungsbehörden sein Alibi ignorieren und spricht von einem gezielten Versuch, Aktivisten der sozialen Bewegungen durch die Entnahme ihrer DNA nachhaltig einzuschüchtern. Ein „Soli-Blog“ berichtet über die tendenziösen Ermittlungen des Berliner Staatsschutzes und den weiteren Verlauf des Verfahrens.

Der aktuelle Fall repräsentiert ein klassisches Szenario politisch motivierter Verfahren. Einerseits haben die Ermittlungsbehörden kaum mehr als einen Anfangsverdacht, andererseits versuchen sie, umfangreiche und im Falle einer DNA-Entnahme auch anhaltende Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen zu legitimieren. Dass es den Ermittlungsbehörden dabei noch um die Aufklärung einer konkreten Straftat gehen soll, ist unglaubwürdig. Die Akteneinsicht zeigt, dass die Ermittlungsbehörden in den vergangenen eineinhalb Jahren auf der vermeintlichen Suche nach Täter_innen mit großem Aufwand Strukturen und Einzelpersonen durchleuchtet haben. Obwohl sie am Ende kaum etwas Verwertbares in den Händen halten, drängen sie zum Schluss darauf, dass zwei Betroffene ihre DNA abgeben.2 In einem Fall wurde diese Forderung bereits unter Zwang durchgesetzt, in einem anderen konnte sich der Betroffene bis dato dieser Maßnahme erfolgreich entziehen.3 Dabei ist klar: Nach umfangreicher Ermittlungsarbeit, unzähligen Zeug_innenbefragungen, Lichtbildvorlagen und drei Hausdurchsuchungen haben die Ermittelnden keinerlei stichhaltige Beweise gegen die Beschuldigten zur Hand. So wird auch die Analyse und Speicherung ihrer DNA weder zur Aufklärung einer Straftat, noch zur Entlastung der momentan Beschuldigten etwas beitragen können.

Denn entgegen ihrem Ruf als ultimatives und aussagekräftiges Beweismittel, lässt sich anhand eines Abgleichs entnommener DNA mit einer vermeintlichen DNA-Spur vom Tatort weder mit Gewissheit auf eine Anwesenheit zur Tatzeit schließen, noch lässt sich dadurch eine unterstellte Täterschaft in irgendeiner Weise derart widerlegen, dass die Ermittlungsbehörden sich veranlasst sehen würden, Ruhe zu geben. Obwohl die Entnahme und Speicherung von DNA selbst im Falle einer Übereinstimmung zweier Proben keinerlei weitere Ermittlungsansätze liefern würde, werden damit weitere Grundrechtseingriffe in Kauf genommen. Dahinter steht weder ein dummer Zufall noch ein Versäumnis, sondern das Interesse einer umfassenden Ausforschung und Kontrolle unliebsamer Aktivisten und die erhoffte Einschüchterung ihres Umfelds. Dass gerade jener Beschuldigter, der gezwungen ist, sich einer drohenden DNA-Entnahme zu entziehen, für die angegebene Tatzeit ein Alibi vorweisen kann, entzieht dem repressiven Schauspiel jeden Rest an Glaubwürdigkeit. Zum einen rechnet kaum jemand damit, dass dieses Ermittlungsfahren jemals zu einer Anklage, geschweige denn zu einer Verurteilung führt. Andererseits können die Betroffenen darauf wetten, dass die Behörden im Nachhinein erbitterten Widerstand leisten werden, wenn sie nach Abschluss dieses politisch motivierten Verfahrens die Vernichtung und Löschung bereits entnommener DNA-Proben und -Profile einfordern.

Der genetische Fingerabdruck — Was ist DNA?

Desoxyribonucleinsäure (DNA) enthält nach heutigem Forschungsstand die individuellen Erbinformationen eines jeden Menschen. Sie findet sich in sämtlichen Körperzellen wie Blut, Muskelgewebe, Haut, Knochen, Haaren, Sperma, Speichel, Schweiß und lässt sich bereits als mikroskopisch kleiner Rückstand dazu nutzen, im Labor ein genetisches Profil zu erstellen. 

Seit rund 15 Jahren nutzen auch die deutschen Ermittlungsbehörden die Möglichkeit, ein genetisches Profil zur Identifikation von Personen anzulegen. Indem sie DNA-Spuren bis zu einer bestimmten Anzahl festgelegter Marker auslesen, erlangen sie ein Profil, mit dem spätere Abgleiche möglich sind — Internationaler Standard sind 12 Merkmalssysteme, während in Deutschland 13 üblich sind. Derzeit rühmt sich das Bundeskriminalamt (BKA) damit, dass die Datei 2016 einen Bestand von 1.167.087 Datensätzen aufwies. Dabei handelte es sich bei 864.630 Datensätzen um DNA-Profile von Personen und bei 302.457 um sogenannte „Spurendatensätze“. Beide Kategorien verzeichneten seit 2013 etwa ein Plus von 60.000 Datensätzen. Insgesamt 235.715 Treffer seien seit Einrichtung der Datei im Jahre 1998 erzielt worden (Stand 31. Dezember 2016). In 49.188 Fällen handelte es sich dabei um sogenannte Spur-Spur-Treffer, bei denen ein Tatzusammenhang zwischen verschiedenen Tatorten hergestellt wurde. Grob überschlagen ist das ein Zuwachs von rund einem Drittel gegenüber den gesamten Fallzahlen sogenannter Spur-Spur-Treffer von 2013 (32.482). In 186.527 Fällen konnte seit 1998 „Tatortspuren“ einer Person zugeordnet und „damit vermutlich eine Tat aufgeklärt“ werden. Gegenüber den absoluten Fallzahlen von 2013 (123.845) ergibt sich damit ebenfalls ein Anstieg der absoluten Zahlen von circa einem Drittel. Dass sich der Anstieg der Fallzahlen, in denen „vermutlich eine Tat aufgeklärt“ werden konnte, überproportional zum Anwachsen der Datei verhält, könnte einem Erfolg der DNA-Analysedatei aus kriminalistischer Sicht Recht geben.

Vergleicht man jedoch die Statistiken von heute mit jenen von vor 14 Jahren, wird offensichtlich, dass der Anstieg von Treffern keineswegs einer Steigerung der Aufklärungsquote schwerer Straftaten gegen das Leben oder die sexuelle Selbstbestimmung zu verdanken ist. Vielmehr lässt sich der Zuwachs an vermeintlichen oder möglichen Ermittlungserfolgen dadurch erklären, dass das Mittel der DNA-Analyse seit seiner Einführung stetig auf weitere Deliktfelder ausgeweitet wurde. So sind 78 Prozent aller tatverdächtigen Personen, die seit 1998 mittels DNA-Analyse ermittelt wurden, nicht einer Vergewaltigung oder eines Mordes verdächtig, sondern Menschen, die aufgrund von Eigentumsdelikten mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind.

DNA-Analyse in der Praxis und ihre Beweisproblematiken vor Gericht

In der Praxis wird das Instrument der DNA-Analyse zunehmend inflationärer eingesetzt, z.B. indem Ermittelnde an „Tatorten“ alles einsammeln, dessen sie habhaft werden, um die DNA-Analysedatei damit zu füttern. Ein eindrucksvolles Beispiel aus der jüngeren Zeit liefert das sogenannte Kotti-Verfahren aus Berlin aus dem Jahre 2013.4 Im Anschluss an eine Spontandemonstration, bei der es zu Gewalttätigkeiten gegen Polizeibeamte kam, sammelten Ermittelnde in ganzen Straßenzügen vermeintliche Spurenträger ein. Mehrere „Treffer“ in der Kartei führten nicht nur zu zahlreichen Beschuldigungen, sondern unter anderem auch zu Hausdurchsuchungen an mehreren Orten.

Mittlerweile kann jede dritte an einem Tatort gefundene DNA-Spur einer Person zugeordnet werden. Durch den Abgleich von an Tatorten gefundenen DNA-Spuren mit der DNA-Analysedatei können Täter überführt, Verbrechen aufgeklärt, potenzielle Opfer vor Wiederholungstätern geschützt und Unschuldige entlastet werden“, schreibt das BKA auf seiner Homepage. Wie auch dieses Zitat belegt, erscheint für die Ermittelnden zum Erfolg eines DNA-Abgleichs unerheblich, dass eine gefundene DNA-Spur an einem sogenannten „Tatort“ in den meisten Fällen kaum etwas darüber auszusagen vermag, wann oder auf welchem Wege sie dort hingelangt ist. So lässt sich auch mittels einer DNA-Spur häufig nicht belegen, ob eine betreffende Person zum Tatzeitpunkt überhaupt anwesend war. Selbst im Falle von am Tatort zurückgebliebenen DNA-Spuren an sogenannten „Tatwerkzeugen“ lässt sich vor Gericht schwerlich ausschließen, dass eine DNA-Anhaftung nicht indirekt oder zu einem weit früheren Zeitpunkt an das „Tatwerkzeug“ gelangt ist.

Vor Gericht entpuppt sich der vermeintlich sichere DNA-Treffer, den das BKA in seiner Statistik aufführt, damit so manches mal als Papiertiger. Und so muss auch das BKA letztendlich eingestehen: „Die DNA-Analyse ersetzt jedoch nie die weitere Tatortarbeit oder kriminalistische Ermittlungstätigkeit; sie ergänzt diese allerdings sehr wirkungsvoll.

Die DNA-Analyse und ihre Fehleranfälligkeit im kriminologischen Alltag

Dass die DNA-Analyse nicht nur wirkungsvoll, sondern auch anfällig für Fehler ist, wurde seit ihrer Einführung schon mehrfach deutlich. Wie schwer es ist, die Ausbreitung oder Übertragung von DNA durch Dritte zu kontrollieren und wie fragwürdig es deshalb auch ist, das Auffinden von DNA an einem „Tatort“ als aussagekräftiges Beweismittel anzusehen, mussten Ermittlungsbehörden schon mehrfach feststellen. Wer erinnert sich noch an das „Phantom von Heilbronn“ nach dem mit über 40 Spur-Spur-Treffern jahrelang und republikweit gefahndet wurde? Der Name leitet sich ab vom vermeintlichen Fundort einer DNA-Spur an dem Ort, an dem der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) im April 2007 eine Polizistin erschoss und ihren Kollegen schwer verletzte. Später entpuppte sich das „Phantom“ als Mitarbeiterin einer Fabrik für Wattestäbchen, die von den Ermittlungsbehörden offenbar bundesweit zur Entnahme von DNA-Proben verwendet wurden.

In einem im Juli 2010 an den Innenausschuss des Deutschen Bundestages übermittelten vertraulichen Bericht5 heißt es, dass die interne BKA-Gruppe in der Analysedatei 74 sogenannte Spur-Spur-Serien gefunden habe — DNA-Spuren, die ähnlich wie beim Phantom von Heilbronn mit hoher Wahrscheinlichkeit derselben noch nicht bekannten Person zugeordnet werden können. Sieben dieser Serien hatten die zuständigen Landeskriminalämter bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des vertraulichen Berichts tatsächlich als Kontaminationen, als sogenannte Trugspuren bestätigt. Bei damals 185.000 Spur-Spur-Treffern in der DNA-Analysedatei des BKA entsprachen diese sieben bestätigten Fälle seinerzeit einer Fehlerquote von 1 zu 26.000. Laut den internen Aussagen des BKA, sei deshalb nicht auszuschließen, dass in der DNA-Analysedatei ein weiteres Dunkelfeld von Mitarbeiterkontaminationen besteht. Also Verunreinigungen, die von Polizei-Mitarbeitenden bei der Spurensicherung oder -auswertung verursacht wurden.

Offen bleibt, wie sich Betroffene in Zukunft vor Fehlermittlungen und deren Konsequenzen schützen können. Zumal Ermittelnde und weitere Teile der Öffentlichkeit auf den vermeintlichen DNA-Beweis noch immer große Stücke halten. Jüngste Studien stellen die Aussagekraft von DNA-Spuren im Strafprozess sogar noch weiter in Frage. So stellten Forschende im Jahr 2015 fest, „dass ein tertiärer Transfer tatsächlich möglich ist und das sogar zu einem hohen Prozentsatz.“ Ein „tertiärer Transfer“ meint, dass eine dritte Personen die DNA-Spur eines vermeintlichen Verursachers „zu einem hohen Prozentsatz“ an einer Stelle z.B. an einer Türklinke oder einer Fernbedienung aufnehmen und diese Spur später unbeabsichtigt an einem „Tatort“ zurücklassen kann ohne, dass die Person, deren DNA später dort sichergestellt und dokumentiert wird, jemals vor Ort gewesen ist.

DNA-Analyse und Speicherung aus Grundrechtsperspektive

Um eine DNA-Spur einer Person zuordnen zu können, benötigen die Ermittlungsbehörden eine Vergleichsspur. Diese wird Verdächtigen entweder im Rahmen einer vorläufigen Festnahme unmittelbar entnommen, später mittels einer Vorladung oder in dem Fall, dass ein richterlicher Beschluss vorliegt, auch mittels einer Zwangsvorführung. Da es sich bei der „Entnahme und molekulargenetischen Untersuchung von Körperzellen zur Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren“ laut BGH um einen staatlichen Eingriff in das verbürgte Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung handelt, steht die Maßnahme bis heute unter Richtervorbehalt. In der Praxis versuchen Polizei und Staatsanwaltschaft jedoch unter Berufung auf „Gefahr im Verzug“ oder durch anderweitig angedrohten Zwang, oftmals Druck auf Betroffene auszuüben, damit sie einer DNA-Entnahme ohne Richtervorbehalt zustimmen. Hierbei hat sich schon mehrfach gezeigt, dass es sich lohnt, bei alleinigem Druck von Polizei und Staatsanwalt­schaft standhaft zu bleiben, nicht immer kamen die Ermittlungsbehörden anschließend bei einer/einem Ermittlungsrichter_in mit Ihrem Ersuchen zum Ziel.

No way out? — Einmal drin in der Kartei

Einmal in die Kartei gelangt, ist es für Betroffene hingegen schwer, wieder heraus zu kommen. Die gesetzlichen Fristen zu Löschung betragen bei Jugendlichen 5 und bei Erwachsenen 10 Jahre — sofern in diesem Zeitraum aus polizeilicher Sicht keine Erkenntnisse hinzukommen, die eine Löschung in Frage stellen. Da der zur Einführung der DNA-Analysedatei im Jahre 1998 in einer gemeinsamen Richtlinie der Datenschutzbeauftragen des Bundes und der Länder geforderte Richtervorbehalt einer langfristigen Speicherung von DNA-Proben niemals im Gesetz berücksichtigt wurde, liegt es heute faktisch im Ermessen der Polizeibehörden bzw. des BKA, welche der erhobenen Daten gespeichert werden. Erschwerend kommt hier die faktische Verkehrung der Unschuldsvermutung hinzu: Wer den Behörden einmal als tatverdächtig galt, bleibt dies aus Sicht der Ermittler schließlich bis zum Beweis seiner Unschuld, beziehungsweise bis zu einem Freispruch erster Klasse.

Konkret bedeutet dies für alle, die einmal von den Ermittlungsbehörden falsch verdächtigt wurden, ohne dass es jemals zu einer Verfahrenseröffnung kam oder letztenendes zu einem Freispruch oder einer Einstellung mangels Tatverdacht, dass die im Zuge eines solchen Verfahrens erhobenen DNA-­Profile weiter in der Datenbank potentiell tatverdächtiger Personen geführt werden. Dagegen zu Klagen bedeutet ein oft jahrelanges und kostspieliges Verfahren mit ungewissem Ausgang. Angesicht des Wissens darum, dass 97 Prozent aller §129a-Verfahren, die in den 1990er Jahren zum Teil über Jahre mit massivem Überwachungsaufwand gegen zahlreiche Einzelpersonen und linke Strukturen geführt wurden, nie vor ein Gericht kamen, zeichnet dies ein düsteres Bild. Denn in Staatsschutzverfahren ist es bis heute keine Seltenheit, dass die Behörden, um auf „die Szene“ Druck auszuüben, oftmals nur auf Basis eines kaum haltbaren Anfangsverdachts gegen ausgemachte Aktivist_innen vorgehen.

Die derzeitige Rechtspraxis begünstigt sie noch darin, auch in Zukunft auf solchem Wege gewonnene DNA-Profile weiter verwenden zu dürfen. Der Einschüchterung und anhaltenden Kontrolle ist damit Tür und Tor geöffnet. Die gesetzlichen Löschfristen können zwar als letzte Hoffnung gelten, dabei ist es jedoch kein Geheimnis, dass die von den Datenschutzbeauftragen des Bundes und der Länder durchgeführten Überprüfungen der behördlichen Selbstkontrolle immer wieder schwerwiegende Verstöße gegen gesetzliche Datenschutzbestimmungen, insbesondere gegen Löschfristen feststellen.

Fazit

Festzustellen ist, dass die Beweis- und Aussagekraft von DNA-Vergleichs-Analysen in der Öffentlichkeit um ein Vielfaches überschätzt wird. Neben dem oftmals fragwürdigem Stellenwert, welcher der DNA im Ermittlungs- und Strafverfahren beigemessen wird und nicht weniger beweisproblematischen Schlüssen, die im Zuge von Ermittlungsverfahren aus ihr gezogen werden, hat sich im kriminologischen Alltag wiederholt gezeigt, dass der Erfassung und Auswertung genetischer Profile ein viel größeres Fehlerpotential innewohnt, als gemeinhin angenommen. In der behördlichen Darstellung der DNA-Analyse erfahren „Trugspuren“ und auch andere mögliche Beweisproblematiken kaum Beachtung. Vielmehr erleben wir seit der flächendeckenden Einführung dieses Ermittlungsinstrumentes in den 1990er Jahren einen Hype, der sich in der stetigen Erweiterung ihrer technologischen und rechtlichen Handlungsspielräume auf immer neue und geringfügigere Tatbestände ausdrückt. Die Interpretation von aus der DNA gewonnenen vermeintlich objektiven Informationen ist gesellschaftlich noch immer umkämpft. Und es besteht nach wie vor ein großes Potential zur Diskriminierung und Kriminalisierung sowohl Einzelner, als auch konstruierter Gruppen, deren kriminologische oder (folgt man den Forderungen von Law & Order) in naher Zukunft auch genetische Zuschreibung, als Anhaltspunkt für unerwünschtes Verhalten gilt.

Für die Behörden gibt es mittlerweile jede Menge Schlupflöcher, um an die DNA eines Betroffenen zu gelangen und in der Folge auch eine anhaltende Speicherung durchzusetzen. Internationale Weitergabe aber auch die Speicher-Praxis hiesiger Datenbanken stellen den Schutz von Grundrechten in Frage. Einmal in einer DNA-Analysedatei gelandet, gibt es für Betroffene nur unzureichende Möglichkeiten, sich gegen eine Speicherung zur Wehr zu setzen. Wiederholt zeigt sich die Kontrolle von Flucht- und Migrationsbewegungen als repressives Testfeld mit der Folge für Betroffene, dass ihnen im Asylverfahren noch weniger Möglichkeiten zugestanden werden, sich gegen anhaltende Kontrolle und Überwachung zu wehren. Zum einen handelt es sich bei der Speicherung eines genetischen Fingerabdrucks um einen schwerwiegenden Eingriff in die informelle Selbstbestimmung, zum anderen ist im Hinblick auf das, was Politik und Behörden mit dieser Technologie offensichtlich vorhaben, noch lange kein Ende der Fahnenstange erreicht. Angesichts immer schneller anwachsender Datenbanken ist eine breite gesellschaftliche Debatte über den Umgang mit DNA-Entnahmen überfällig. 

Spendenkonto für die betroffenen Antifaschist_innen aus Berlin:

Konto: Rote Hilfe e.V.
Institut: GLS-Bank
IBAN: DE55 4306 0967 4007 2383 17
BIC: GENODEM1GLS
Verwendung: „whentheykick“