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NPD-Parteitag: Alles beim Alten, auch die Spaltung

Einleitung

Der Zustand der NPD ist in den letzten Jahren desaströs. Als Wahlpartei spielt sie keine Rolle mehr. Mitte Mai 2022 trafen sich die Neonazis nun zum Parteitag in Hessen, um eine neue Strategie und einen neuen Namen zu beschließen. Am Ende blieb alles beim Alten und eine erhebliche Spaltung der Partei.

Foto: Christian Ditsch

2004 jubelte die NPD über ihren Einzug in den sächsischen Landtag. Heute jubelt bei der NPD niemand mehr.

Am 14. und 15. Mai 2022 fand der Bundesparteitag der NPD in Altenstadt in Hessen statt. Die Aufmerksamkeit für einen NPD-Parteitag ist mittlerweile ähnlich groß, wie die politische Bedeutung der Partei: Kaum noch vorhanden. Dies ist auch vielen Funktionären der Partei bekannt. In den letzten Jahren kehrten immer mehr hochrangige NPD-Kader der Partei den Rücken und dies häufig mit Verweis auf den desaströsen Zustand der NPD.

Als Tobias Schulz, der gern unter dem Namen "Baldur Landogart" auftritt, die Führungsspitze der Partei im Sommer 2019 verlies, attestierte er: „Der Status quo der NPD ist mittlerweile und im Gesamten betrachtet derart desaströs, wie – nach meinem Kenntnisstand – zu keinem vergleichbaren Zeitpunkt unserer Parteigeschichte.“ Und im Frühjahr 2020 verließ der langjährige Parteifunktionär Karl Richter das sinkende Schiff NPD mit einer düsteren Prognose für die langjährigen Kameraden: „Die NPD ist heute kein ernstzunehmender politischer Faktor mehr. Nichts spricht dafür, daß [sic] sie es je wieder sein wird.

Diese Einschätzungen von ehemaligen Führungskräften spiegelt sich aktuell auch in den Wahlergebnissen der Partei wieder. Bei der Europawahl 2019 erreichte die Partei nur 0,3 Prozent und verlor ihren Abgeordneten, bei der Bundestagswahl 2021 waren es nur noch 0,1 Prozent. Bei Landtagswahlen tritt die Partei kaum noch an und wenn,dann ist selbst schon die 1-Prozent-Hürde für die Wahlkampfkostenerstattung ein unüberwindbares Hindernis, selbst in ehemaligen Hochburgen der Neonazi-Partei. Jenseits vereinzelter lokaler Verankerungen ist die Partei politisch bedeutungslos.

Dieser Zustand bildet seit mehreren Jahren auch die Grundlage für innerparteiliche Diskussionsprozesse. Die Muster dabei scheinen sich alle Dekade zu wiederholen: Vermeintliche „Modernisierer“ kämpfen gegen „Traditionalisten“. Dies galt bereits bei den Kandidaturen von Andreas Molau oder Holger Apfel gegen Udo Voigt. Und diese Situation bildete auch vor dem Parteitag in Altenstadt die Ausgangslage.

Im Vorfeld: Neuer Name und neues Konzept

Im Vorfeld hatte die Partei über mehrere ihrer Kanäle eine innerparteiliche Diskussion angestoßen. Diese fand sowohl in der Parteizeitung „Deutsche Stimme“ wie auch über ein mehrteiliges Youtube-Format statt. Dort konnten Parteifunktionäre wie Frank Franz, Ronny Zasowk oder Jürgen Gansel ihre Konzepte und Ideen für die Zukunft der NPD vorstellen. Zasowk beispielsweise schrieb in der „Deutschen Stimme“: „Die Partei sollte sich künftig als Netzwerker und Dienstleister des patriotischen Protests sehen, um so zur Einheit der Patrioten beizutragen und neue Bündnisse zu ermöglichen.“ Ein Konzept, was deutlich an die „neurechte“ Initiative „Ein Prozent“ erinnert. Und Jürgen Gansel träumte im Vorfeld gar von einer neuen „Landvolk-Bewegung“: „Trotz Wahlniederlagen hat die NPD neben gewissen wirtschaftlichen Ressourcen etwas von unschätzbarem Wert vorzuweisen: politisch erfahrene und entschlossene Mitstreiter. Sie und ihr Umfeld können zur Keimzelle einer neuen Landvolk-Bewegung werden, die im von der herrschenden Politik vergessenen ländlichen Raum die Lebenswelt prägt. [...] Es geht um eine ethno-kulturelle Reconquista, eine Rückeroberung unseres Landes von fremden und volksfeindlichen Kräften. [...] Nationale haben vielmehr die geistige Hegemonie in ländlichen Räumen anzustreben und lebensweltlich prägend zu wirken.

Die NPD als Wahlpartei scheint für die meisten Funktionäre keine Option mehr dazustellen. Frank Franz sprach im Vorfeld von einer „Findungsphase“ in der sich die Partei befinde und weiter: „Eine Weiterentwicklung der Partei mit altem Namen hilft nicht, aber eine bloße Umetikettierung hilft auch nicht, wenn alles beim Alten bleibt.“ Und auch die „Jungen Nationalisten“, die Jugendorganisation der NPD, erhöhte im Vorfeld den Druck. So erklärte der Bundesvorstand zur geplanten Namensänderung: „Die JN wird nach dem anstehenden Bundesparteitag nicht mehr die Jugendorganisation der NPD sein. Entweder, weil das Laster des Parteinamens dann zeitnah abgelegt wird, oder weil eben dies nicht geschieht und wir uns von der Mutterpartei trennen.“

Es sollte also in Altenstadt um nicht weniger als ein neues Konzept und einen neuen Namen für die alte NPD gehen. Für dieses Vorhaben benötigte die Parteispitze um Frank Franz allerdings eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Delegierten, da es sich bei der Namensänderung um eine Satzungsänderung handelt.

Parteitag der Uneinigkeit

Der Parteivorstand um Frank Franz verfehlte die benötigte Mehrheit für die Umbenennung der Partei um nur 3 Stimmen. Etwas trotzig twitterte Frank Franz schon währen des Parteitages: „Kein wesentlicher Verband wird noch unter dem alten Kürzel antreten.“ Und sprach außerdem davon, dass die Umbenennung an einer „überwiegend destruktiven Minderheit“ gescheitert sei. Trotz Ankündigung, im Falle eines Scheiterns der Umbenennung nicht mehr anzutreten, wurde Franz gegen Lennart Schwarzbach aus Hamburg erneut zum Parteivorsitzenden gewählt. Seine Kandidatur begründete Franz damit, dass ohne seine Bereitschaft ein Großteil des amtierenden Bundesvorstandes nicht mehr zu Wahl zur Verfügung gestanden und er unter diesem Druck erneut einer Kandidatur zugestimmt hätte. Den Gegnern der Umbenennung warf er indes vor, keine eigenen Konzepte gehabt zu haben und dass es ihnen vor allem darum gehe, „alte Rechnungen zu begleichen“.

Schwarzbach sprach hingegen in einem Statement davon, dass die „NPD-Abschaffung verhindert!“ worden wäre und so der nächste „Schritt des Anpassungskurses der NPD“ nicht erreicht wurde. Schwarzbach kommentierte den Parteitag weiter: „Wer sich von diesem Parteitag nun Klarheit über die Positionen des Vorsitzenden erhoffte, wurde einmal mehr enttäuscht. Nicht nur die Rechtmäßigkeit der Wahl, auch die Vorstellung nun ggf. weiterhin einen Vorsitzenden zu haben, der die NPD abwickeln möchte, ist dem politischen Erfolg sicher weniger dienlich.“

Die rheinland-pfälzische NPD-Funktionärin Ricarda Riefling fasste das Ergebnis des Parteitages so zusammen: „Am Ende blieb alles beim Alten: Frank Franz ist immer noch Parteivorsitzender und die NPD ist immer noch die NPD. Einziger Unterschied ist nun, daß [sic] wir von einer Geschlossenheit erstmal nicht mehr reden müssen. Da sind wir weit entfernt.“ Zumindest die „Jungen Nationalisten“ werden sich von der Partei nicht abspalten. In einer weiteren Erklärung sprach die JN davon, einen weiteren Parteitag zu erwarten, auf dem die Umbenennung dann umgesetzt werde.

Damit sind die zukünftigen Probleme der NPD, auch jenseits ihrer politischen Bedeutungslosigkeit, wohl vorweggenommen: Die Partei steht (wieder mal) vor erheblichen innerparteilichen Auseinandersetzungen. Da dürfte auch die von Franz im Nachgang beteuerte Liquidität der Partei, die über ein Vermögen von mindestens einer halben Millionen Euro verfüge, nichts ändern.