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»Zuerst!« am Kiosk

Einleitung

Ein neues Zeitschriftenprojekt der extremen Rechten geht an den Start

Mit dem Titel »Wer regiert Deutschland wirklich?« kam die Zeitschrift »Zuerst! – Deutsches Nachrichtenmagazin« zum Jahreswechsel 2009/2010 auf den Markt. Als Antwort wurden in verschwörerischem Ton »Banker und Politiker – Spekulanten und Strippenzieher« geliefert. Der extrem rechte Verleger Dietmar Munier will mit der »Zuerst!« »die Umerziehungsmedien Spiegel, Focus und Stern herausfordern«. Die Verlagsgruppe aus diversen extrem rechten Verlagen und Buchdiensten um die Lesen & Schenken GmbH (ansässig in Martensrade/Schleswig-Holstein) gibt unter anderem die Deutsche Militärzeitschrift heraus. Für seine zweite Zeitschrift konnte Munier den Ex-Kulturchef der »Welt«, Journalist Günther Deschner, als Chefredakteur gewinnen.

Bild: Screenshot der Sendung »ZAPP« des NDR

Günther Deschner, Chefredakteur der »Zuerst« im Interview.

»Die starke Stimme für deutsche Interessen«

Die Erstausgabe der »Zuerst!« erschien nach Eigenaussage in einer Auflage von fast 90.000 Exemplaren und soll neben dem Abonnement vor allem an Kiosken bundesweit erhältlich sein. Das Heft soll über die bisher erschlossenen rechten LeserInnenschichten hinaus ein Publikum finden. Auch die beiden nächsten Ausgaben folgten dem populistischen Aufmacher der Erstausgabe und titelten mit »Der dumme Deutsche – Von der Ausländer-Integration zur Inländer-Diskriminierung« und »Linke Gewalt – Angriff auf den Rechtsstaat«. »Zuerst!« greift aktuelle Themen in ausführlichen Artikeln auf und liefert der Leserschaft rechte Erklärungsmuster. Wiederkehrendes Thema ist die Integrationspolitik in Deutschland, die anhand von »Ausländerkriminalität« und Zuwanderung verhandelt wird. Eine wichtige Rolle in der Berichterstattung nimmt Österreich ein. Hier wird vor allem auf die Positionen von VertreterInnen der rechtspopulististischen FPÖ zurück gegriffen. Aber auch »klassische« Themen der extremen Rechten wie die »Südtirolfrage« und »Vertreibung« werden anhand aktueller Ereignisse behandelt. Berichte oder Darstellungen über die verschiedensten rechten Gruppierungen in Deutschland finden dagegen kaum Platz in der »Zuerst!«, sondern werden über ausführliche Vorstellungen von Einzelpersonen vollzogen. Bisher wurden Andreas Mölzer (Europaabgeordneter der FPÖ), der rechte Dark-Wave-Musiker Josef Maria Klumb und schließlich Alfred Mechtersheimer von der rechten Deutschland-Bewegung porträtiert. Ergänzend zu den eigenen Artikeln nehmen Interviews einen festen Platz ein. Neben den üblichen VertreterInnen der extremen Rechten werden auch andere GesprächspartnerInnen interviewt. So zum Beispiel der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, über Integration und der Historiker Michael Wolffsohn (Universität der Bundeswehr München) über Staatssicherheit und Neonazischmierereien.

Autoren und Verlag

Der Chefredakteur Günther Deschner sammelte bereits journalistische Erfahrung als Ressortleiter bei der »Welt« und später als Autor der rechten Wochenzeitung »Jungen Freiheit« (JF). Unter den AutorInnen der »Zuerst!« sind auch einige bekanntere, so der beim Deutschlandfunk tätige Journalist Jürgen Liminski. Darüber hinaus gelang es Deschner bisher nicht, namhafte AutorInnen für die »Zuerst!« zu gewinnen. Dem Verleger Dietmar Munier (Jahrgang 1954) gelang es, nach der Übernahme vor sechs Jahren, die rechte »DMZ – Deutsche Militärzeitschrift« als Zeitschrift der Lesen & Schenken GmbH fest auf dem deutschen (Bahnhofs-)Zeitschriftenmarkt zu etablieren. Das Hochglanzmagazin widmet sich vor allem militärhistorischen Themen mit dem Schwerpunkt Zweiter Weltkrieg. Auch bei der DMZ nehmen Interviews mit rechten und nichtrechten InterviewpartnerInnen als ExpertInnen großen Raum ein. Geleitet wird die Zeitschrift vom ehemaligen Redakteur der JF Manuel Ochsenreiter, der auch an der »Zuerst!« inhaltlich mitarbeitet. Zur Verkaufsförderung und besseren Leseranbindung führt Lesen & Schenken regelmäßig »Lesertreffen« durch, in deren Mittelpunkt inhaltliche Referate verschiedener AutorInnen des Verlagsnetzwerkes stehen. Auf dem nächsten »Lesertreffen« vom 19. bis 21. März 2010 im Schloß Weißenstein (Pommersfelden/Bayern) will Deschner die »Zuerst!« als »publizistisches Sturmgeschütz« präsentieren.

Der Vorgänger »Nation & Europa«

Mitte des Jahres 2009 wurde vermeldet, dass die Zeitschrift »Nation & Europa« zum Jahresende eingestellt wird. Diese war seit ihrer Gründung 1951 durch den SS-Offizier Arthur Ehrhardt das wichtigste Theorie- und Diskussionsorgan der extremen Rechten in Deutschland. In den letzten Jahren hatte das Heft, ebenso wie der dazugehörige »Verlag Nation Europa«, jedoch immer mehr an Bedeutung verloren. Dietmar Munier kaufte und integrierte den Verlag in sein weitreichendes Verlagsgeflecht und nutzte die AbonnentInnen als Grundstock für die neu gegründete Zeitschrift »Zuerst!«. Personell fand nur der ehemalige Herausgeber Harald Neubauer als fester Kolumnist den Weg in die »Zuerst!«.

Reaktionen von rechts

Das neue Projekt sorgte bereits bei verschiedenen rechten Zeitschriften und Internetseiten für Gesprächsstoff. Die Junge Freiheit lehnte eine bezahlte Anzeige der »Zuerst!« mit der Begründung ab, diese sei »zu rechts« und will erstmal »ein paar Ausgaben abwarten«. Auch das »neurechte« Institut für Staatspolitik (IfS) ging eher auf Distanz zur »Zuerst!«. Gab es in der Erstausgabe noch eine Anzeige des IfS, entfernte Götz Kubitschek eine Diskussion um die neue Postille, die er mit »ein Keil oder ein Eimer Zement, jedenfalls etwas, das wir nicht brauchen« eröffnet hatte, schließlich von seinem Internetblog. Positiv aufgenommen wurde das Projekt dagegen von der rechten Internetseite gesamtrechts.net, die nicht nur mit Munier ein ausführliches Interview führte, sondern auch zahlreiche Artikel der »Zuerst!« als Werbung veröffentlichte. Ebenfalls wohlwollend, aber zurückhaltender zeigte sich die NPD-Zeitung Deutsche Stimme in einer Beschreibung der Person Günther Deschner und seines Projektes. Dabei wurde die »Zuerst!« eher positiv bewertet.

Fazit

Bisher sind im öffentlichen Zeitschriften- und Zeitungshandel nur wenige Publikationen der (extremen) Rechten vertreten. Dazu gehören neben der Wochenzeitung Junge Freiheit, der DMZ und Militär & Geschichte auch die Deutsche Stimme und neuerdings die Preußische Allgemeine Zeitung der Landsmannschaft Ostpreußen. Ausgeliefert wird Muniers Zeitschrift durch ein Tochterunternehmen der Bauer Media Group (Bravo, Fernsehwoche u.v.a.), welche sich kritischen Nachfragen durch den Hinweis auf die Pressefreiheit entzieht. »Die Zuerst!« hat mit der GmbH Lesen & Schenken einen finanzstarken Herausgeber im Hintergrund. Ob dieser aber die kostenintensive Herausgabe eines Hochglanzmagazins in hoher Auflage über einen längeren Zeitraum leisten kann, wird sich zeigen. An die Auf lagenhöhe der drei großen Nachrichtenmagazine wird die »Zuerst!« nicht heranreichen, aber es kann ihr durchaus gelingen, Käuferschichten zu erreichen, die bisher keine rechten Zeitschriften und Zeitungen bezogen.