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Souverän Peter und die Königreich (Neu)Deutschland GmbH und Co. KG

Einleitung
Wie ein Wittenberger Esoteriker zum Selfmade-Imperator wurde

Im September 2012 durfte sich Peter Fitzek an einem seiner Ziele wähnen. Vor einer andächtigen Zuschauerschaft ließ sich der Mann aus Wittenberg in Sachsen-Anhalt zum Souverän des „Königreichs Deutschland“ krönen. Auf den mittelalterlichen Pomp einer Kaiser-Krönung konnte dabei nicht verzichtet werden und so empfing Fitzek purpurnen Mantel, Schwert, Zepter und Reichsapfel, um anschließend als König zu seinen Untertanen zu sprechen. Ein Grundkönigreich war da mit dem Neun-Hektar-Areal eines ehemaligen Krankenhauses am Stadtrand und einigen anderen Grundstücken bereits vorhanden.

Foto: Screenshot der Website Königreich Deutschland

Der „König von Deutschland“ Peter Fitzek (mitte) und der (Ex-) Neonazi und „Minister für Einwanderung und auswärtige Angelegenheiten“ der „Republik Castellum“ Nick Greger (rechts) posieren im Internet anläßlich der Eröffnung der „Königlichen Reichsbank“. (Vgl. AIB Nr. 98 und Nr. 102)

So skurril die beschriebene Szene auch anmuten mag: die Krönung ist zu einem medial vielbestaunten Ereignis geworden. Von lokalen und überregionalen Zeitungen bis hin zu TV-Reportagen wurde ausführlich berichtet, und die Zeremonie kann weiterhin im Internet bewundert werden. Mit der Neugründung des „Königreichs Deutschland“ hat Fitzek zumindest Aufmerksamkeit erreicht. Dass es ihm dabei nur um die Rettung der (deutschen) Welt geht, findet bei jeder Gelegenheit ausführlich Erwähnung. In seiner Krönungsansprache erklärte „Peter Imperator Fiduziar“, wie sich Fitzek seither nennen lässt, dass es nun soweit sei, „den Deutschen nach über sec­hzig Jahren endlich wieder eine Heimat zu geben“. Womit deutlich wird, dass Fitzek und seine Anhänger eine weitere Spielart der sogenannten Reichsregierungen sind. (Vgl.  AIB Nr. 98).

Seinen Anhängern ist die Notwendigkeit, einen „wirklichen“ deutschen Staat zu gründen, längst vertraut und auch Fitzek behauptet die Nicht-Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat bereits seit vielen Jahren — nicht nur in seinen esoterischen Seminaren und bei der Begründung der Alternativ-Währung „Engelgeld“. Auf dem weiten Feld der Truther, Verschwörungsideologen und Reichsgründer ist Fitzek mit seiner Variante des Reiches etwas Besonderes. Verglichen mit den konkurrierenden Scheinmonarchien und Phantasie-Regierungen hatte er ein für eine gewisse Zeit funktionierendes Geschäftsmodell entwickelt und hörig folgende Untertanen um sich versammelt. Dies dürfte nicht zuletzt da­rin begründet liegen, dass Fitzek seit vie­len Jahren an einem Geflecht aus esoterischen Erweckungsprodukten, spirituellem Krimskrams und antisemitischer Verschwö­rungstheorie feilt und dabei Verkäuferquali­täten beweist, auch wenn die heil-suchenden Tourist_innen der Lutherstadt einen Gutteil seiner Kundschaft ausmachen dürften.

Das Phänomen Reichsbürger beschäftigt in jüngster Zeit auch die Behörden. In der „Verwaltungsrechts-Zeitschrift“ (12/12), einer gemeinsamen Publikation verschiedener Bundesländer zu Landes- und Kommunalverwaltung, wird davor gewarnt, dass die sogenannten Reichsbürger Verwaltungshandeln zu untergraben und die Behörden zu delegitimieren versuchten. Der wesentliche Rat der Verwaltungsfachleute zum Umgang: keine Diskussionen (insbesondere über die Existenz von Staaten) und die konsequente Anwendung bestehender Gesetze und Verordnungen.

Engel für den Einkauf

Angefangen haben Fitzek und Anhänger mit Seminaren zur Lebenshilfe, Ernährung und Esoterik, wenngleich auch hier schnell extremere Ausprägungen erreicht wurden. Neben gesunder Ernährung und Ähnlichem gehörte bald auch „Neue Germanische Medizin“ zum Angebot des Wittenberger „Lichtzentrums“. Einen entscheidenden Entwicklungsschritt bedeutete die Einführung des „Engelgeldes“, das zunächst im Stadtgebiet etabliert wurde. Doch bereits beim Verbreiten der regionalen Ersatzwährung zeigten sich Unterschiede zu ähnlichen Projekten. So konnte Fitzeks „Engelgeld“ (mittlerweile auch die „Neue Deutsche Mark“) zwar zum Kurs 1:1 eingetauscht werden, ein Rücktausch blieb jedoch ausgeschlossen. Mit den „Engeln“ konnte nur an entsprechenden Akzeptanzstellen gekauft werden. Trotz der schlechten Konvertibilität erreichte der Engel zumindest zeitweise eine hohe Verbreitung in der Stadt. Auch in anderen Regionen wie in Halle (Saale) oder der Region Neuruppin wurden Versuche bekannt.

Mit einer Ersatzwährung allein wollte man sich freilich nicht zufrieden geben, denn damit würde sich die Welt nicht von „Zinsknechtschaft“ und „internationaler Hoch­finanz“ befreien lassen, wie Fitzek seine Mission erklärte. Bereits vor der Staatsgründung entstanden die „Neudeutsche Gesundheitskasse“ und die „Rentenkasse“, in die Fitzeks Anhänger statt in reguläre Versicherungen einzahlen sollten. Laut einer Anklage vom Dezember 2013 ist von mehr als 300.000 Euro unerlaubter Einnahmen auszugehen, wie die örtliche Zeitung berichtete. Seit spätestens 2010 erhielt Fitzek von der Bundesanstalt für Finanzdienst­leistungsaufsicht (Bafin) wegen seiner Versicherungs- und Bankgeschäfte wiederholt Unterlassungsaufforderungen, fühlte sich daran aber offenbar nicht gebunden.

Rund ein Jahr nach der „Staatsgründung“ wurde im vormaligen Esoterikladen in der Wittenberger Innenstadt die „Königliche Reichsbank“ eröffnet. Vor zahlreichen Gästen inszenierte Fitzek seinen vorerst letzten Coup, der ein weiteres Mal mediale Aufmerksamkeit erzeugte und offenbar auch einige Sparer lockte. Eigenen Angaben zufolge wird Geld von mehr als 300 Anlegern verwaltet. Unter den Gästen der Eröffnungs­feier war auch der deutsche (Ex)-Neonazi Nick Greger, der später dem Magazin „Vice“ erklärte, er sei als Gesandter eines Staates und Diamantenhändler dort gewesen, um diplomatische Beziehungen auszuloten. (Zu Greger und seinem fanatischen Kampf gegen den Islam vgl. AIB Nr. 98)

Mit seiner „Staatsbank“ scheint Fitzek den Bogen überspannt zu haben. Einerseits musste sich der Selfmade-Monarch mit enttäuschten Anhängern auseinandersetzen. Andererseits stieg der Behördendruck. Im April 2013 wurden Liegenschaften des „Königreichs“ im Auftrag der Bafin durchsucht und Unterlagen beschlagnahmt, die unerlaubte Praktiken belegen sollen. Im Oktober 2013 beliefen sich die Strafandrohungen bereits auf etwa 900.000 Euro. Hinzu kamen Forderungen des Landkreises Wittenberg sowie Prozesse wegen Fahrens ohne Führerschein. Schließlich hatte sich Fitzek — in bester Reichsbürgermanier — bei Verkehrskontrollen auf den von seinem eigenen „Königreich“ ausgestellten Führerschein berufen und Bußgeldbescheide der „illegitimen Systembehörden“ ignoriert.

In einem der Prozesse schlug die Richterin sogar vor, Fitzek solle sich auf Schuldunfähigkeit hin untersuchen lassen — offenbar aufgrund seiner unkontrollierten Renitenz. Fitzek hingegen fühlt sich psychisch wie physisch auf dem Zenit und geht seinerseits zum Angriff über. Via Internet werden seine Anhänger zur Vergeltung gegen namentlich benannte Strafverfolger aufgerufen.

Auch wenn er trotzig verkündet, sich dem Druck nicht beugen zu wollen: einige Vorkehrungen scheint er trotzdem getroffen zu haben. 2011 hatte er sich noch die alleinige Vertretungsberechtigung für den „Ganzheitliche Wege e.V.“ eintragen lassen. Im Oktober 2013 zog er sich aus der Verantwortung beim einzig eingetragenen Ver­ein hinter seinem gesamten (Neu) Deutschland- und „Königsreichs“-Konstrukt zurück. Dort sind nun getreue Fitzek-Anhänger eingetragen. Auch auf den Webseiten tragen mittlerweile andere die Verantwortung, und die Überweisungen — etwa für die je Teilnehmer rund 400 Euro teuren „Einbürgerungskurse“ — gehen auf das Konto eines der wenigen, verbliebenen Untertanen.

Von Durchsuchungen und Prozessen offenbar wenig beeindruckt versucht Fitzek, seine Pläne weiter zu verfolgen. Auf den Webseiten des Königreiches finden sich Ankündigungen zu weiteren Seminaren und stolz wird die Eröffnung einer neuen Handelsplattform verkündet. Die neueste Gründung im Reich nennt sich „Kadari“ („Kauf das Richtige“) und ist als eine Art Ebay für die Anhänger des Königreichs angelegt. Eine im März zur Vollstreckung der erhobenen Zwangsgelder durchgeführte Razzia nutzte Fitzek, um sich einmal mehr als Medienphänomen zu präsentieren. Die Bild berichtete bspw. beinahe ganzseitig.

Für den Fall weiterer Verurteilungen kann seine Durchlaucht vielleicht seine Drähte nach Paraguay nutzen. Einem ehemaligen Anhänger zufolge hat er dort Immobilien. Außerdem prahlt Fitzek gern damit, dass der südamerikanische Staat diplomatische Beziehungen zum „Königreich“ habe.
Um seine Verbindungen außerhalb des eigenen kleinen Königreiches zu pflegen, ließ sich Fitzek auch an einem der neuen Wallfahrtsorte der Verschwörungstheoretiker und Reichsideologen blicken: am 12. Mai 2014 reiste er zur Montagsmahnwache nach Berlin.