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Viktor Orbán: Mentor der Globalen Rechten

Ulli Jentsch (Gastbeitrag)
Einleitung

Die diesjährigen CPAC-Konferenz in Ungarn war ein Schaulaufen der globalen extremen Rechten mit einer Premiere: Zum ersten Mal durfte mit Alice Weidel eine Rednerin der AfD in Budapest auf die große Bühne. Ihre Fans bejubeln den „Durchbruch auf europäischer Ebene“.

Weidel Orban
(Bild: Montage mit Screenshot youtube/WahrheitHeute-k1k und flickr; Bill Bradford; CC BY 2.0)

Der Auftritt von Alice Weidel wird von der rechten Presse als „Durchbruch“ gefeiert.

Nachdem im vergangenen Winter die anderen europäischen Rechtsaußen-Parteien ihre großen Konferenzen abgehalten haben, kam Ende Mai 2025 in Budapest die internationale extreme Rechte zur „Conservative Political Action Conference“ (CPAC) nach Budapest, im vierten Jahr in Folge. Die ungarischen Gastgeber vom „Center for Fundamental Rights“ (Alapjogokért Központ, Zentrum für Grundrechte) haben an zwei Tagen fast 100 Redner*innen und mehrere Tausend Teilnehmende versammelt, die „breiteste konservative Allianz der Geschichte“, wie man selbstbewusst verkündete. 

Das Schaulaufen der rechten Promis und die schiere Menge der beteiligten Länder war darauf angelegt, zu beeindrucken. In dem inzwischen bei der CPAC üblichen TV-Show-Format – große Bühne mit ausuferndem Bühnenbild, riesige Bildschirme und einer durchgehenden Moderation – wurden zwei Tage lang Soloauftritte, Diskussionen und auch Talkformate (Ben Shapiro, Michael Knowles) abgehalten. Politik wird bei der CPAC als sorgsam gescriptete Propagandashow und Social Media-Event inszeniert, allzu viele Diskussionen oder gar kontroverse Inhalte kann man daher nicht erwarten.

Vor allem aber ist der Terminplan der weltweiten „CPAC-Roadshow“ gut abgestimmt auf die Wahlkämpfe des Trump-Lagers. Direkt vor der Konferenz in Ungarn fand ein weiteres CPAC-Treffen statt, das erste Mal in Polen. Tomasz Froelich, AfD-Mitglied im Europa-Parlament, betrat in Polen als erster AfDler eine CPAC-Bühne als Teilnehmer einer Diskussionsrunde.
‚Heimatschutz’-Ministerin Kristi Noem griff als Vertreterin der US-Regierung direkt in den damals noch laufenden polnischen Präsidentschaftswahlkampf ein. Sie forderte dazu auf, den „richtigen“ Kandidaten zu wählen und nannte den Kandidaten der Bürgerplattform, Rafal Trzaskowski, „an absolute train-wreck as a leader“. Nur wenige Tage später gewann der extrem rechte Karol Nawrocki hauchdünn die Stichwahl.

Wie schon bei der Stichwahl in Rumänien um das Amt des Präsidenten, den allerdings der liberale Kandidat gewann, warfen die internationalen Fans von Trump und MAGA (Make America Great Again) ihr gesamtes Gewicht in den Kampf: von der US-amerikanischen „Heritage Foundation“ über das „Heartland Institut“ bis hin zu der Fraktion der „Europäischen Konservativen und Reformer“ (EKR) im Europa-Parlament unter Mateusz Morawiecki, der Orbán-Fraktion „Patrioten für Europa“ (PfE) bis hin zu Vertreter*innen der AfD-Fraktion „Europa Souveräner Nationen“ (ESN).

AfD - endlich mittendrin

Die AfD hatte in den vergangenen Jahren kaum eine Rolle in den internationalen Vernetzungen der extremen Rechten. Nachdem während des Europawahlkampfes 2024 der Spitzenkandidat Maximilian Krah mit seiner Ehrenerklärung für deutsche SS-Männer für einen Skandal gesorgt hatte, flog die Partei auch noch aus der damaligen Rechtsaußen-Fraktion im Europa-Parlament. Der französische „Rassemblement National“ (RN - Nationale Sammlungsbewegung) weigert sich seitdem, mit den Deutschen zusammen zu arbeiten, genauso wie die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Die weitgehende Isolation der AfD auf internationaler Ebene war im Bundestagswahlkampf durch Elon Musk beendet worden und zu Trumps Amtseinführung im Januar 2025 war die Parteispitze bereits eingeladen worden. Im Februar 2025 schon folgte ein erster Empfang der AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel in Budapest durch Viktor Orbán.

In seiner Eröffnungsrede wandte sich Orbán direkt an Alice Weidel als „Repräsentantin der ESN-Familie“, deren Besuch er als „besonders wichtig“ bezeichnete. Man wisse, dass der Hauptgegner in Brüssel ein Deutscher sei: Manfred Weber, der CSU-Vorsitzende der christdemokratischen EVP-Fraktion, der „hungarophob, kleinlich und rachsüchtig“ sei. Weber wird von Orbán persönlich dafür verantwortlich gemacht, dass seine Fidesz 2021 die EVP-Fraktion in Brüssel verlassen musste und dass es so deutliche Gegenwehr auch heute gegen seinen politischen Kurs gibt. Orbán machte sehr deutlich, dass der Fokus der globalen Rechten jetzt die Erringung der Macht ist: „Heute und in den nächsten Jahren wird es in der europäischen Politik darum gehen, welcher Plan sich durchsetzt. Dieser Kampf muss zuerst von allen zu Hause und dann gemeinsam in Brüssel gewonnen werden. (...) Wir müssen zusammenarbeiten – langsam, Schritt für Schritt, sicher. Wenn die entscheidende Schlacht kommt, müssen wir geeint sein. Aber jetzt, liebe Freunde, müssen wir alle zu Hause gewinnen (...). Dann haben wir es geschafft.“

Erst am folgenden Tag richtete sich Weidel an das CPAC-Auditorium und sie hatte vor allem zwei Nachrichten an die internationale Rechte: die AfD sei die kommende Regierungspartei in Deutschland – „the next ruling party“ – und das Establishment, Merz und der Verfassungsschutz unterdrücke auf autoritäre Weise die legitime Opposition. „Einflussreiche Politiker haben sich entschlossen, die stärkste Oppositionspartei zu verbieten, uns, die AfD, zu verbieten. Sie würden damit die politische Kraft beseitigen, die bald in mehreren ostdeutschen Regionen die Regierung bilden wird“, so die Ko-Vorsitzende in ihrem auf Englisch gehaltenen Vortrag. Weidel bedankte sich emotional bei Gastgeber Orbán, einem „wahren Leuchtfeuer der Freiheit“, und auch bei US-Vizepräsident J.D. Vance, dessen Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz der AfD ebenfalls einen Schub in der internationalen Wahrnehmung gegeben hatte. Das Publikum in Budapest beantwortete Weidels Rede mit stehenden Ovationen. 

In Deutschland wurde die Tatsache, auf einer Bühne mit den Rechtsaußen-Prominenten zu stehen, von der rechten Presse begeistert aufgenommen. „Der AfD gelingt Durchbruch auf europäischer Bühne“ kommentierte die „Junge Freiheit“, die genauso wie das „Medienportal“ NIUS (Pauline Voss) auf der CPAC anwesend war. Das „COMPACT Magazin“ ließ sich dazu hinreißen, Weidel als Rockstar zu bezeichnen.

Viktor Orbán hat sich mit viel Aufwand erneut als Mentor der Globalen Rechten in das Zentrum des Interesses gerückt. Die vielen lobenden Worte der angereisten Politiker*innen dürften ihm gut getan haben, denn die Statur des autokratischen Ministerpräsidenten hatte zuletzt Risse bekommen, außen- wie innenpolitisch. In Ungarn ist ihm mit dem Führer der oppositionellen Tisza-Partei, Peter Magyar, das erste Mal ein ernsthafter Gegner erwachsen. Die Tisza (Tisztelet és Szabadság Párt, Respekt- und Freiheitspartei), die zu der Gruppe der europäischen christdemokratischen Parteien unter Manfred Weber (CSU) gehört, hat in Umfragen die regierende Fidesz überholt. Das stellt eine reale Bedrohung für die Zukunft Orbáns dar. Dieser reagierte, indem eine Reihe von Gesetzen verabschiedet wurden, die seine Macht zementieren und Kritik bestrafen sollen. Ein neues „Transparenz-Gesetz“ nimmt NGOs ins Visier, die keine Gelder aus dem Ausland annehmen dürfen, wenn sie auf die ungarische Innenpolitik Einfluss nehmen. Wer auf einer Liste landet, erhält keine Steuerbegünstigung mehr für an sie gerichtete Spenden. Die Teilnahme an einer Pride kann in Ungarn mit einer Strafe belegt werden. Die ungarische Zivilgesellschaft sowie die europäischen Institutionen reagierten ebenso deutlich wie massiv und Orbán muss nach langer Zeit die Möglichkeit sehen, dass seine Tage als Ministerpräsident vorbei sein könnten, wenn 2026 gewählt wird. Hinter den Kulissen wird daher wohl bereits an einem Plan B in seiner eigenen Partei gebastelt.

Die Redner*innen:

u.a. Viktor Orbán (Ungarn), Antonio Giordano (Fratelli d’Italia, Italien), Mateusz Morawiecki (President EKR, Polen), Andrej Babiš (Tschechien), Herbert Kickl, Harald Vilimsky (FPÖ, Österreich), Irakli Kobakhidze (Premierminister Georgien), Tony Abbott (Australien), Liz Truss (UK), Geert Wilders (NL), Alice Weidel, Martin Helme (EKRE, Estland), Afroditi Latinopoulou (Griechenland), Miklós Szánthó (Ungarn), Amichai Chikli (Israel), Santiago Abascal (Präsident von PfE und VOX, Spanien), Jorge Buxadé (VOX, Spanien), Matt Schlapp (Präsident der CPAC Foundation, USA), Stephen Bartulica (Kroatien), Ernst Roets (Südafrika), Morten Messerschmidt (Dänemark), Agustín Laje (Argentinien), José Antonio Kast (Chile), Ram Madhav (Indien)

Teilnehmende u.a. aus Deutschland:

Irmhild Bossdorf, Rene Aust, Petr Bystron, Alexander Jungbluth, Rainer Rothfuss, Beatrix von Storch, Jan Nolte, Diana Zimmer, Markus Frohnmaier, Damian Lohr, Carlo Clemens, Sven Tritschler, Dimitri Schulz, Anna Nguyen, Martin Kohler, Jurij Kofner, Hans-Georg Maaßen, Paul Klemm (COMPACT), Dieter Stein, Vadim Derksen, Johannes Schüler, Fabrice Ambrosini, Sven von Storch.