Schwarz-braunes Bündnis gegen Flüchtlinge in Berlin Treptow ?
Berliner CDU-Politikerin unterstützt Proteste am Stadtrand gegen eine Flüchtlingsunterkunft. Trotz Neonazi-Beteiligung und Attacken auf die Baustelle, will sich die Hinterbänklerin im Berliner Abgeordnetenhaus Katrin Vogel weiterhin beteiligen.
Rechtes Buhlen um Berlin-Altglienicke
Seit Anfang Mai 2016 versammeln sich alle zwei Wochen rund 250 Menschen bei einem sogenannten „friedlichen Anwohnertreff“ gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft im Berliner Ortsteil Altglienicke im Bezirk Treptow-Köpenick. Bei den Kundgebungen der eigens gegründeten „Bürgerinitiative Bahnweg/Molchstraße“ wird sich über eine „massive Konzentration von Asyl- und Flüchtlingsunterkünften“ beklagt und eine „gleichmäßige Verteilung von Asylanten“ gefordert. Zudem fühle man sich vom Bezirksbürgermeister schlecht informiert. Unterstützung erhalten die Proteste nicht nur von der Berliner CDU-Abgeordneten Katrin Vogel, die auf den Kundgebungen als Rednerin auftritt, sondern auch von Neonazis.
So war unter den Teilnehmern nicht nur beide Male der Marzahner NPD-Vorsitzende Andreas Käfer zu finden, sondern auch eine Gruppe von Anhängern der „Cöpenicker Patrioten“, die seit Monaten gegen eine Flüchtlingsunterkunft mobil machen und in einheitlichem Dress auftraten. Die NPD-Aktivistin und Anmelderin der flüchtlingsfeindlichen Proteste im Köpenicker Allende-Viertel Nadine Leonhardt beteiligte sich am vergangenen Montag ebenfalls an der Kundgebung. Deutlich erkennbar waren zudem weitere Teilnehmer in T-Shirts extrem rechter Bekleidungsmarken.
Umtriebiger Neonazi am Mikrofon
Unter den Heimgegnern befand sich auf einer der Montags Versammlungen mit Frank-Eckart Czolbe-Senft auch ein langjähriger Neonazi, der nicht nur Teilnehmer war sondern auch beim Aufbau half und selbst am Mikrofon stand.
Anfang Februar 2001 wurde er einer breiteren Öffentlichkeit in Berlin bekannt: Frank-Eckart Czolbe-Senft provozierte zusammen mit dem (späteren) Berliner Neonazi Funktionär Rene Bethage Auseinandersetzungen auf einer Veranstaltung mit dem Titel "Der Holocaust - Instrumentalisiert und vermarktet ?" in der Berliner Urania. Die beiden rechten Aktivisten hatten vor laufenden Fernsehkameras die Neonazi-Parole "frei sozial und national" skandiert.
Im Mai 2002 trat er vor der FDP-Zentrale in Berlin mit einem Schild "Die zionistische Lobby stranguliert die Welt" vor die Presse. Czolbe-Senft beteiligte sich auch an einem Aufmarsch gegen das Holocaust-Mahnmal und war regelmäßiger Besucher der Prozesse des Shoa-Leugners Horst Mahler. Fortan war Czolbe-Senft bei den antisemitischen Al-Quds Märschen sowie verschiedenen Veranstaltungen von NPD und „Freien Kräften“ anzutreffen.
Die CDU-Abgeordnete Vogel will sich auch weiterhin an den Protesten beteiligen. Sie will hier keine Neonazis gesehen haben und sieht darin auch kein Problem, wie sie im Nachgang im Sprachrohr der Neuen Rechten, der Wochenzeitung „Junge Freiheit“ verlautbaren ließ: „Ich habe da keine Rechten gesehen. Und wenn welche da waren, dann kenne ich die nicht. Das spielt auch gar keine Rolle“. Doch die angebliche Unwissenheit ist nur schwer zu glauben, denn Czolbe-Senft dürfte den politischen Akteuren in Berlin-Treptow nicht unbekannt sein, bereits 1995 kandidierte er für die rechte Partei "Die Republikaner" im Bezirk.
Feuer auf Baustelle
Dabei wurden von Anfang an auch Überlegungen angestellt, wie die Flüchtlingsunterkunft auch jenseits von Kundgebungen verhindert werden könne: Sollten die Proteste nichts bewirken, „dann müssen wir uns auch andere Gedanken machen, was wir tun können, um dieses Bauvorhaben zu verhindern“, sagte der Initiator der Bürgerinitiative Rüdiger Schreiber auf der ersten Kundgebung. Das es sich dabei nicht nur um Willensbekundungen handelte, sondern Anwohner auch konkret in Aktion treten ließ, mussten die Bauarbeiter der Unterkunft mittlerweile mehrfach feststellen. So wurden sie Mitte Mai bei Rodungsarbeiten von mehreren Personen bedrängt, das Lieferfahrzeug mit den Bauzäunen am Folgetag von Anwohnern blockiert und schließlich kam es letzte Woche bereits zu einer Brandstiftung auf dem Gelände.
Die Berliner NPD versucht sich derweil parallel zu den Protesten als rassistisches Original zu inszenieren und hofft im laufenden Wahlkampf in Altglienicke von der Stimmungsmache gegen Flüchtlinge zu profitieren. Landeschef Sebastian Schmidtke, Bundesvorstandsmitglied Jens Pühse und das Berliner Vorstandsmitglied Oliver Niedrich waren mehrfach mit Infoständen im Ortsteil unterwegs.
Das die gefühlte „massive Konzentration“ von Unterkünften gar keine ist, war am Donnerstag im Bezirksparlament zu erfahren. Gleich mehrfach waren die geplanten Einrichtungen in Altglienicke Thema in der Bezirksverordnetenversammlung. Nur war von den „besorgten Anwohnern“ keiner erschienen, um Informationen aus erster Hand zu bekommen. Das Fakten bei den Protesten offensichtlich „zumindest keine prominente Rolle spielen“ hatte ein Journalist bei der Betrachtung der Forderungen in seinem Blog bereits Anfang letzter Woche festgestellt.1