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Institut für Staatspolitik: Im Zeichen des Widerstandes

Patrick Schwarz
Einleitung

Das Institut für Staatspolitik (IfS) wurde in den letzten Jahren zur maßgeblichen Institution der Neuen Rechten neben der Jungen Freiheit. Agierte das Institut bis dato vor allem fernab der Öffentlichkeit drängte es im Zuge der rassistischen Mobilisierung gegen Geflüchtete zunehmend auf die politische Bühne.

Foto: Metropolico.org/CC BY-SA 2.0

Der IfS-Leiter Götz Kubitschek als Redner bei PEGIDA am 13. April 2015.

Am 21. Januar 2015 trat der Mitgründer des IfS, Götz Kubitschek, vor etwa 15.000 TeilnehmerInnen erstmals auf die Bühne von LEGIDA in Leipzig. Flankiert wurde er dabei u. a. von Jürgen Elsässer, der ebenfalls als Redner auftrat. Einige Wochen später folgte der erste Auftritt Kubitscheks bei PEGIDA in Dresden. In der Öffentlichkeit wurden diese Auftritte vor allem als eine forcierte Politisierung von PEGIDA und seinem Ableger durch den vermeintlichen „Kopf der Neuen Rechten“ interpretiert. Für weiteres Aufsehen sorgte im November 2015 ein Auftritt beim IfS. Der thüringische Vorsitzende der AfD-Landtagsfraktion Björn Höcke referierte auf dem „Staatspolitischen Kongreß“ des Instituts unter dem Titel „Asyl — Eine politische Bestandsaufnahme“. Doch erst mit der Veröffentlichung im Internet durch das Institut selber gelangten die Inhalte der Rede in die Öffentlichkeit. Die eindeutig rassistisch-völkische Positionierung des Redners hatte allerdings weder rechtliche noch parteipolitische Konsequenzen. Im Gegenteil, Björn Höcke konnte seine Position als Rechtsausleger innerhalb der AfD festigen.

In den letzten Monaten standen mit Kubitschek oder dem Geschäftsführer Erik Lehnert immer wieder maßgebliche Figuren des IfS für Veranstaltungen der Zeitschrift Compact als Referenten zur Verfügung1 . Die Zeitschrift "Compact – Magazin für Souveränität" von Jürgen Elsässer entwickelte sich, fernab des klassischen Spektrums der Neuen Rechten, zu einen engen Kooperationspartner des IfS.

Auch das neue Projekt „Ein Prozent für unser Land“ (einprozent) wird maßgeblich vom Verleger Kubitschek bzw. dem IfS und Jürgen Elässer sowie dem Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider getragen. Als Leiter tritt Philip Stein auf, der in der Vergangenheit vor allem durch seine Tätigkeit bei der rechten (ehemaligen Schüler-) Zeitschrift „Blaue Narzisse“ in Erscheinung trat. Die AfD ist mit Hans-Thomas Tillschneider, Sprecher der „Patriotischen Plattform“ und Mitinitiator der „Erfurter Resolution“, ebenfalls personell präsent. Das im November gestartete Projekte steht derzeit im Mittelpunkt der Aktivitäten der Personen um das Institut.

Aktionismus zum Widerstand

Der Name „Ein Prozent für unser Land“ steht nach dem Selbstverständnis der „Bürgerinitative“ für den Bevölkerungsanteil von einem Prozent, der angeblich gebraucht wird, um politische Veränderungen durchzuführen. Im Mittelpunkt steht als zentrales Thema die aktuelle Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik, die als „Massenansturm auf Europa und Deutschland“ dargestellt wird. Aktuell sprechen die Macher des Projektes von über 20.000 Unterstützenden — wobei aber unklar bleibt, ob es sich dabei um virtuelle Zustimmung via Facebook handelt oder um reale Personen. Anfänglich warb „einprozent“ unter dem Motto „wir doku­mentieren“ für die Finanzierung von Videoteams zur Dokumentation verschiedenster Proteste gegen Geflüchtete — mit dem Ziel diese rassistische Mobilisierungen zu stärken. So wurden Filme beispielsweise bei rassistischen Demonstrationen in Zwickau, Chemnitz-Einsiedel oder dem österreichischen Grenzort Spielfeld gedreht. Neben der Verbreitung von Propagandamaterial reichte „einprozent“ am 2. Februar 2016 eine Verfassungsklage ein. Erstellt wurde diese von dem emeritierten Professor Karl Albrecht Schachtschneider mit dem Ziel, die „Suspendierung und Amtsenthebung von Angela Merkel und Sigmar Gabriel sowie die Sicherung der Grenzen und die Abschiebung der illegal Eingereisten zur Wahrung der deutschen Verfassung“ zu erwirken. „Einprozent“ vertritt die Position, dass „jede Möglichkeit des angemessenen Widerstands gegen die planlose Regierungspolitik und den schleichenden Staatsstreich“ ausgelotet werden muss. Trotz der, wenige Tage nach Einreichung, erfolgten Ablehnung war der „Gang vor dieses Gericht [...] notwendig, um ihn als Sackgasse zu markieren“.

Im Vorfeld der Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt am 13. März warb „einprozent“ um WahlbeobachterInnen direkt vor Ort in den einzelnen Wahllokalen, da „die herrschende Klasse [...] vor Betrug und Fälschung nicht zurückschrecken“ wird „um an der Macht zu bleiben“. Die Wahlbeobachtung sollte also der Verhinderung von Wahlbetrug zu Lasten der AfD dienen.

Schnittmengen zur AfD

Das Verhältnis des „Instituts für Staatspolitik“ zur AfD war in den ersten Monaten eher von einer kritischen Nähe u. a. aufgrund ideologischer Differenzen gekennzeichnet. Lehnte doch das IfS jahrelang und energisch Gründungen von Rechtsparteien ab und sah keine erfolgversprechenden Aussichten in das herrschende Parteiensystem einzugreifen. Dieses real-politische Verständnis von Politik bzw. Verhältnis zur AfD sorgte wohl auch für den Abgang des bisherigen ideologischen Kopfes des IfS Karlheinz Weißmann hin zur „Jungen Freiheit“. Auch Götz Kubitschek versuchte es bei der AfD und stellte einen Aufnahmeantrag, der aber nach Streitigkeiten mit dem Bundesverband, der sich gegen eine Aufnahme aussprach, letztlich abgelehnt wurde. Die neue Partei war damals noch gekennzeichnet von der halbherzig praktizierten Abgrenzung nach rechts unter ihrem ersten Vorsitzenden Bernd Lucke. Doch spätestens mit dessen Abwahl und den guten Wahlaussichten verstummten weitestgehend die AfD-kritischen Stimmen beim Institut und in dem ihm nahestehenden Heft „Sezession“. Auch ohne Parteibuch wirken Götz Kubitschek und das IfS mit ihren Inhalten, Themen und Veröffentlichungen in die AfD bzw. deren Umfeld. Nicht nur das aktuelle Projekt „Ein Prozent für unser Land“ zeigt die ideologischen und personellen Schnittmengen.

IfS und Identitäre Bewegung

Mehr Interesse zeigte das „Institut für Staatspolitik“ — hier vor allem Götz Kubitschek — für die „Identitäre Bewegung“ (IB), die sich seit Ende 2012 auch in Deutschland als neurechte Jugendbewegung zu etablieren versucht.
Zwar kritisierte das IfS bzw. dessen Umfeld auch die IB, versuchte aber ziemlich schnell diese neue aktionistische Bewegung ideologisch zu fördern. Hatte die IB in der ersten Zeit in Deutschland im Gegensatz zu Österreich einige Anlaufschwierigkeiten und wurde vor allem durch virtuelle Präsenz im neurechten Spektrum wahrgenommen, konnten sie später einige Akzente setzen und sich organisatorisch wie auch personell festigen. Eine nicht unwesentliche Rolle spielte hierbei wohl das IfS. So ist es kein Wunder, dass einige Akteure und Protagonisten beim „Institut für Staatspolitik“ oder der Zeitschrift „Sezession“ auftauchen. Auch bei der derzeitigen rassistischen Mobilisierung gegen Geflüchtete ist die „Identitäre Bewegung“ zunehmend präsenter. So wurden zum Beispiel die rassistischen Proteste im österreichischen Spielfeld maßgeblich von der IB angemeldet bzw. getragen. Nicht nur bei diesen Aufmärschen waren sie mit ihren gelben Fahnen mit schwarzen Lambda-Symbol vertreten. Ähnlichkeiten von Aktionen und Auftreten der IB und der vom IfS getragenen „konservativ-subversiven Aktion“ (KSA) in den Jahren 2007 bis 2009 sind wohl mehr als zufällig: vielmehr scheinen sie gegründet auf den ideologischen Gemeinsamkeiten, die auf die Veröffentlichungen des Verlag Edition Antaios von Kubitschek zurückgehen.

Alte Probleme und neue Partner

In den inzwischen mehr als fünfzehn Jahren seines Bestehens konnte das IfS kontinuierlich seine Arbeit und Rolle im neurechten Spektrum und darüber hinaus ausbauen. Es führte eine Vielzahl von Veranstaltungen wie den Zwischentag oder auf die Nachwuchsarbeit ausgerichtete Semi­nare überwiegend erfolgreich durch. Publizistisch ist nicht nur die Zeitschrift des Instituts „Sezession“ eine erfolgreiche Nachfolgerin ihres „Vorbilds“ „Criticón“. Auch die zahlreichen Veröffentlichungen aus dem Hause „Edition Antaios“ sind derzeit stilprägend für die Neue Rechte. Neben der Veröffentlichung von eigenen Publikationen aus dem Umfeld oder von Autoren der „Sezession“ wurden Neuauflagen oder Übersetzungen ins Verlagsangebot aufgenommen. Dabei profitiert der Verlag von den derzeitigen rechten Debatten im Rahmen der rassistischen Mobilisierungen und dem Aufstieg der AfD.

Das „Institut für Staatspolitik“ bzw. der Verlag „Edition Antaios“ sind durch ihre Veranstaltungen und Veröffentlichungen nicht nur stichwortgebend für Debatten in der (extremen) Rechten, sondern greifen zunehmend auch direkt in das politischen Geschehen rechts der CDU ein — sei es durch die Auftritte bei PEGIDA und für „Compact“, durch das Projekt „Ein Prozent für unser Land“ oder ihre Nähe zur AfD. Das klassische neurechte Spektrum als ausschließlichen Bezugspunkt ihrer Arbeit hat das Institut inzwischen weitestgehend verlassen und erlangt derzeit zunehmend Wirkung darüber hinaus.