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Isoliert und radikalisiert

Einleitung

Die Berliner Neonazisszene

Etwa 30 Neonazis aus Berlin und Brandenburg provozierten am 22. Januar 2011 mit einem antisemitischen Transparent und Sprechchören bei einer Anti-Gentechnik-Demonstration in Berlin.

Eine Berliner Neonazigewaltkarriere der 1990er Jahre: Am 14. Oktober 1992 versucht der 18-jährige Oliver Werner einen alternativen Jugendclub anzuzünden. Im Oktober 1993 beschlagnahmte die Polizei laut »Drahtzieher im braunen Netz (Nr. 2)« in Werners Wohnung Bombenbauanleitungen, eine Hülse für Rohrbomben und professionelle Zünder. Am 13. August 1994 beschießt er im Vorfeld einer Antifa-Demonstration mit einer Zwille von einem Hausdach Journalist_innen. Bei einer anschließenden polizeilichen Durchsuchung werden auch Brandsätze beschlagnahmt. Zweieinhalb Jahre später, am 19. Februar 1997, dringt Werners enger Kamerad Kay Diesner mit einer Pumpgun in eine linke Buchhandlung in Berlin-Marzahn ein und feuert auf den 63-jährigen Besitzer. Bei seiner anschließenden Flucht schießt Diesner auf zwei Polizisten, einer von ihnen stirbt. Der Buchhändler überlebt mit bleibenden Schäden.1 Die Liste der Taten Werners ist lang: Verstoß gegen das Sprengstoff- und Waffengesetz, Zuhälterei, Körperverletzung, Sachbeschädigung.

Sommer 2011: Am 3. August geraten die zwei für Gewalttaten bekannten Neonazis Sebastian Thom (24) und Julian Beyer (21) mit drei Personen in Streit, die NPD-Wahlplakate entfernt haben sollen. Beyer, NPD-Kandidat für die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) in Neukölln, droht laut Polizei mit einem Messer und attackiert eine Person mit Pfefferspray. Auch bei Thom, NPD-Kreisverbandschef von Neukölln und Kandidat für das Abgeordnetenhaus sowie für die BVV Neukölln findet die Polizei Messer und Pfefferspray. Thom ist wegen eines Angriffs auf einen Linkspartei-Infostand im Wahlkampf 2006 und auf einen Polizisten vorbestraft.

Zwischen den Vorkommnissen aus den 1990ern und dem aktuellen Ereignis besteht eine personelle Verbindung: Am 9. Juli 2011 stehen Oliver Werner und sein »Ziehsohn« Sebastian Thom hinter einem Wahlkampfstand der NPD im Neuköllner Stadtteil Britz. Von Werner übernahm Thom sein aggressives Auftreten und wurde von ihm auf die NS-Ideologie eingeschworen. Neben weiteren Mitgliedern des Neuköllner Kreisverbands ist auch Julian Beyer anwesend, der bereits wegen einer Zündelei an einer Bushaltestelle verurteilt wurde.

Anhand dieses Beispiels lässt sich der Zustand der Berliner NPD sowie der lokalen Neonaziszene insgesamt aufzeigen. Dass Oliver Werner, der in den letzten Jahren die Öffentlichkeit scheute, nun wieder offen in Erscheinung tritt, zeigt exemplarisch: Die Berliner Szene steht unter Druck. Verantwortlich für solche Personalentscheidungen ist die Isolation und die daraus resultierende personelle Schwäche der Berliner Neonaziszene. Der NPD-Verband ist seit Jahren mit einem Mangel an vorzeigbarem Personal konfrontiert. Ihr Landesvorsitzender Uwe Meenen musste nach innerparteilichen Querelen aus Franken importiert werden. Der Rückgriff auch auf einschlägig vorbestrafte und äußerst gewaltbereite Neonazis und die gesteigerte Militanz und Gewaltbereitschaft der jungen »Kameraden« ist zudem Ausdruck davon, dass sich die Szene von Zivilgesellschaft, Antifa und staatlicher Repression in die Enge gedrängt fühlt. Tatsächlich wurde ihr Handlungsspielraum in den letzten Jahren zunehmend eingeschränkt.

Die NPD im Wahlk(r)ampf

Am 18. September 2011 wurden in Berlin das Abgeordnetenhaus und die Bezirksparlamente (BVV) gewählt. Diesen Wahlkampf zu stemmen, stellte für die Berliner NPD einen Kraftakt dar, hatte sie doch einiges zu verlieren: Seit 2006 saß sie in vier Bezirksparlamenten mit insgesamt elf Verordneten. Auch wenn am Ende der Legislaturperiode wegen interner Konflikte von ursprünglich drei Fraktionen nur noch eine übrig geblieben war – Sitze in Rathäusern bedeuten Aufmerksamkeit und strukturelle sowie finanzielle Privilegien.

Die Konkurrenz durch neue, rechtspopulistische Parteien wie Pro Deutschland und Die Freiheit machte ihr ebenfalls zu schaffen; drohten sie doch, einen Teil des gemäßigteren, nicht NS-affinen, aber rassistischen und autoritären Klientels abzuwerben. Die NPD reagierte defensiv: um wenigstens ihre StammwählerInnenschaft zu halten, führte sie einen plump-rassistischen und antisemitischen Wahlkampf mit Kreuzworträtseln (Lösungswort: »Adolf«) und eindeutig zweideutigen Wahlplakaten (»Gas geben«).

Um in ihrer desolaten Situation überhaupt KandidatInnen aufstellen zu können, wurde von der NPD querfeldein alles genommen, was zu kriegen war: So zum Beispiel Hans-Ulrich Pieper, bekannt von den extrem rechten Dienstagsgesprächen (vgl. AIB Nr. 86), Jan Sturm, der seine kommunalpolitische Inkompetenz fünf Jahre lang in der BVV-Neukölln bewies und Enrico Domroese, der aus dem Umfeld der Hammerskins stammt. Aber auch alte Funktionäre der mittlerweile in der Bedeutungslosigkeit versunkenen Republikaner wie Axel Günther und Tibor Haraszti sowie der ehemalige Vorsitzende der im Januar mit der NPD verschmolzenen DVU, Matthias Faust, standen auf den Wahlzetteln. Darüber hinaus setzte die NPD auf eine Anzahl junger, wenig erfahrener Neonazis aus dem gewaltbereiten Kameradschaftsmilieu um die Internet-Seite »NW-Berlin « (Nationaler Widerstand Berlin). Deren Kopf Sebastian Schmidtke ist mittlerweile zum Vize-Vorsitzenden des Berliner Parteiverbands avanciert.

Um den Wahlkampf zu meistern wurden alte Gräben zugeschüttet; es wurde gebündelt, was vorhanden ist: So dankte Udo Voigt selbst »Uwe und seinen Männern« für ihren Einsatz beim Plakate aufhängen. Mit Uwe war Uwe Dreisch, ehemaliger Anführer der verbotenen Kameradschaft »Frontbann 24« (vgl. AIB Nr. 86) gemeint. Die Gruppe von erklärten SA-Fans war vor allem Resultat parteiinterner Querelen um den damaligen Landesvorsitzenden Jörg Hähnel und dessen Kontrahenten Hans-Joachim Henry sowie Gesine Hennrich. Dreischs Clique hatte sich später von der Berliner NPD gelöst, da sie dort NSDAP-Nostalgie und Uniformfetisch nicht richtig ausleben konnten.

Am Ende brachte der ganze Wahlkampf der NPD mit mehreren Kundgebungen, einer relativ hohen Anzahl an Wahlständen und -plakaten in einigen Regionen und inszenierten Skandalen jedoch tatsächlich nicht mehr als die anvisierte Mobilisierung ihrer StammwählerInnenschaft. Sie verlor Stimmen und zog lediglich mit je zwei Einzelverordneten in die Bezirksparlamente von Treptow-Köpenick, Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf ein. In Neukölln scheiterte sie knapp – es fehlten nur 44 Stimmen. Die Konkurrenz von Pro Deutschland und Die Freiheit verblieb sogar lediglich bei 1,2 bzw. 0,9%.

Strategien gesucht

Die Berliner Szene sucht nach Wegen, sich im Gespräch zu halten. Langfristig durchdachte Strategien, mit der misslichen Situation umzugehen, gibt es offensichtlich nicht. Stattdessen wird zunehmend konspirativer, aktionistischer und militanter agiert. Aus Angst vor Gegenaktivitäten wird aufgerüstet und für Aktionen und Demonstrationen Unterstützung aus anderen Bundesländern und dem Ausland geholt.

Aktionistisch wird in die Offensive gegangen und sich das Ziel gesetzt, in links-alternative und migrantisch geprägte Kieze vorzudringen. Sei es durch eine rassistische »Ausländer-Raus-Kampagne«, nächtliche Sprühereien, Sachbeschädigungen oder auch Brandstiftungen an Wohnhäusern. So kommt es seit 2009 immer wieder zu kleineren und größeren Attacken, auch und gerade in den alternativen Stadtteilen Kreuzberg, Friedrichshain, Neukölln und Wedding. Ziele sind vor allem linke Einrichtungen wie Hausprojekte, Läden, Projekträume, Jugendclubs, Kneipen, aber auch Parteibüros der Linken 2  und der Grünen. Orientiert wird sich für die Auswahl der Ziele an der Webseite des »NWBerlin«, die u.a. Sebastian Schmidtke zugerechnet wird und detaillierte »Anti-Antifa«-Listen über politische Gegner_innen und linke bzw. zivilgesellschaftliche Projekte enthält.

Höhepunkt der Anschlagswellen waren fünf in der Nacht vom 26. zum 27. Juni 2011 verübte Brandanschläge auf linke Einrichtungen in Kreuzberg, Prenzlauer Berg und Neukölln, bei denen der Jugendclub »Anton-Schmaus-Haus« zerstört wurde und nur durch Glück bei den anderen Projekten, die sich in Wohnhäusern befinden, kein größerer Schaden entstand. Dieses Beispiel zeigt deutlich die Verbindung zwischen den Anschlägen und dem engen Personenkreis um »NW-Berlin«: Nur einen Tag zuvor, nachdem die NPD-Kandidaten Uwe Meenen und Sebastian Thom von Unbekannten angegriffen worden waren, wurde über den Verteiler des »NW-Berlin« folgende Aufforderung verschickt: »Brecht den Terror der Roten! Linke Lokalitäten sind auf der Berliner Widerstandsseite zu finden«.

Auch um auf der Straße Präsenz zeigen zu können, muss die Szene zunehmend verdeckt agieren. Selten wird bei neonazistischen Veranstaltungen überhaupt noch frühzeitig ein Versammlungsort bekannt gegeben. So sollen antifaschistische Proteste erschwert werden. Unterstützung finden die neonazistischen Organisatoren hier bei der Berliner Polizei, die sich aus dem selben Grund rigoros weigert, die Veranstaltungsorte von Neonazidemonstrationen an Journalist_ innen und Abgeordnete mitzuteilen. Aufgrund dieser Praxis gelang es im Mai 2011 rund 140 Neonazis aus mehreren Bundesländern, sich am U-Bahnhof Mehringdamm im links-alternativen Kreuzberg zu versammeln und dort Migrant_innen und Gegendemonstrant_ innen anzugreifen. Gegenproteste wurden erschwert und die Polizei war überfordert. 3 . Nach scharfer Kritik aus der Landespolitik wurde schließlich versprochen, zukünftig spätestens einen Tag zuvor den Ort von Neonazidemonstrationen bekannt zu geben. Im Berliner Wahlkampf wurde selbst dieser faule Kompromiss von der Polizei nicht eingehalten.

Andere Konzepte der Berliner Szene sehen entweder unangemeldete Kleinstversammlungen mit selten mehr als 40 Personen oder mehrere Sammeltreffpunkte am Stadtrand vor, von denen dann, im Falle einer erfolgreichen Blockade des ursprünglichen Versammlungsortes eigenständige angebliche »Spontan«-Demonstrationen durchgeführt werden. Dieser sogenannte »Plan B« scheiterte jedoch am 1. Mai 2010, weil der Großteil der DemoteilnehmerInnen nach einem kurzen Sprint auf dem Kurfürstendamm in der City West im Gewahrsam landete. 4

Kontinuitäten und Umorientierung

Nach einer Aufschwungsphase Mitte der 2000er Jahre wurde die Berliner Neonaziszene durch Verbote, Haftstrafen und politische Gegenwehr gebremst. Die damals zentralen Kameradschaften »Tor« und »BASO« wurden verboten, nicht wenige Aktive juristisch belangt und einige sogar mit mehrjährigen Haftstrafen belegt. 5  Dies sorgte zwar bei den wenigsten für eine endgültige Einschränkung ihrer Aktivitäten, jedoch für eine gewisse Neuorientierung und Umgruppierung. Die beiden wegen Mordversuchs bzw. gefährlicher Körperverletzung zwischenzeitlich mehrjährig inhaftierten Neonazis Oliver Oeltze und Sebastian Dahl sind mittlerweile der neonazistischen Pseudo- Rockergruppierung »Vandalen – Ariogermanische Kampfgemeinschaft« zuzuordnen. Diese ist zwar politisch bedeutungslos, hat aber aufgrund ihrer jahrzehntelangen Existenz, Gewaltaffinität und ihrer Mitglieder aus der Berliner RechtsRock-Band »Landser« einen gewissen Statuswert innerhalb der Szene. Weitere Neonazis fanden sich – wie erwähnt – auf den Kandidat- Innenenlisten der NPD wieder. Die meisten aus jenen Zusammenhängen organisieren sich heute in der Struktur um den »NW-Berlin«. Zudem sind einige parallel in der NPD-Jugendorganisation, Junge Nationaldemokraten (JN) organisiert, so zum Beispiel Björn W., ehemaliger Führungskader der »Kameradschaft Tor« 6  und weiterhin führender Kopf der Berliner »Autonome Nationalisten«- Szene um »NW-Berlin«.

Kontinuitäten bestehen jedoch nicht nur personell, sondern auch im Bestreben extrem rechte Infrastruktur auszubauen. Bereits 2003 führten Berliner Neonazis der »BASO« und »KS Tor« erstmalig eine Demonstration für ein »Nationales Jugendzentrum« durch. Diese Forderung wurde über mehrere Jahre immer wieder im Dezember aufgestellt und zum Teil mit Kampagnen begleitet. Nach Jahren der erfolglosen Appelle kam jedoch die Einsicht, dass von staatlicher Seite den Neonazis niemals ein Zentrum überlassen werden würde, weswegen begonnen wurde, sich selbst um ein Objekt zu bemühen.

Konkret wurden diese Bestrebungen jedoch erst 2010. Im Bezirk Pankow war ein angemietetes Ladengeschäft für einen kurzen Zeitraum Treffpunkt der Berliner Neonazi- Szene. Zwar als »JUZ« bzw. »Nationales Jugendzentrum« bezeichnet, wurde es nie Außenstehenden zugänglich gemacht. Eine integrative Wirkung, um Jugendliche an die Szene zu binden, konnte es so nie entfalten. Das Objekt wurde nach wenigen Wochen wieder verlassen und ein neues gesucht. Eine Gruppe bekannter Neonazis aus dem »NW-Berlin«-Umfeld gründete hierfür den Tarnverein »Sozial engagiert in Berlin e.V.«, dessen Vorsitz Sebastian Thom innehat.7 Das von diesem Verein in der Lichtenberger Lückstraße angemietete Ladengeschäft wurde, ähnlich dem Pankower »JUZ«, geheim gehalten und dient als Treffpunkt, Materiallager und Veranstaltungsraum. Nachdem der Neonazitreff durch Antifaschist_innen aufgedeckt wurde, kündigte der Vermieter umgehend. Es ist ein Rechtsstreit zu erwarten.

Parallel etablierte sich 2009 in der Brückenstraße in Schöneweide die rechte Szenekneipe »Zum Henker« und seit Sommer diesen Jahres auch ein »Security- und Outdoorgeschäft« namens »Hexogen«, welches von Sebastian Schmidtke selbst betrieben wird. Beide Orte dienen seitdem der Szene als Anlaufpunkte, regelmäßig kommt es in der Umgebung zu Sachbeschädigungen, Übergriffen und rechten Schmierereien. Es besteht also neben den Versuchen, in andere Bezirke vorzudringen, nach wie vor das Prinzip der Nachbarschaftsdominanz: Jahrelange Schwerpunktgebiete wie Schöneweide, Süd-Neukölln, Pankow und Lichtenberg sollen durch die Ansiedlung von eigener Infrastrukur verfestigt werden.

Großer Aufwand, kleine Wirkung

Höchstens eine von der »NW-Berlin«- Struktur getragene, zusammenhängend inszenierte »Ausländer-Raus-Kampagne « ließ mit einem medial vorhandenen Auslöser sowie einem definierten Anfang und Ende wirklichen Kampagnen- Charakter und damit den Ansatz einer Strategie erkennen. Bei allen weiteren Aktivitäten drängt sich folgender Eindruck auf: Eine strategische Überlegung wird eher durch die antifaschistische Öffentlichkeit hineininterpretiert und erst dann von den Neonazis rückwirkend realisiert bzw. dazu gedichtet. Zufrieden können die Berliner Neonazis damit nicht sein.

Zwar gelingt es ihnen durch klandestine Organisierung ihre Aktivitäten meist unbehelligt oder weitestgehend abgeschirmt durchzuführen. Jenseits vom engeren Sympathisant_innenkreis können aber so keine weiteren Personen partizipieren, der Teilnehmer_ innenkreis bleibt überschaubar. Außerdem ist eine Taktik, die von Geheimhaltung lebt, sehr störanfällig und Antifaschist_innen ist es zunehmend möglich, sich darauf einzustellen – wie die Demonstration am Mehringdamm, aber auch andere Wahlkampfaktivitäten gezeigt haben.

So war für die Nacht vom 6. auf den 7. August 2011 ein geheim vorbereiteter, imposanter Auftritt geplant. Pünktlich um 22 Uhr sollten sich zahlreiche Neonazis mit »schlagkräftiger Unterstützung aus Tschechien« an der NPD-Bundesparteizentrale in Köpenick einfinden. Als ein beeindruckendes Zeichen der Stärke sollten von hier aus in einer Nacht bis zu 40.000 NPD-Wahlplakate flächendeckend in Berlin aufgehängt werden. Wenn man schon mal mit so vielen Kameraden zusammen war, sollte auch gleich noch ein Film eines nächtlichen Fackelmarschs aufgenommen werden. Stattgefunden hat diese Aktion in diesem Umfang nicht. Antifaschist_innen und Journalist_innen machten die Planungen im Vorfeld publik, woraufhin die Aktion vorgezogen werden musste und nur in Berlins Randgebieten mit bedeutend weniger Plakaten und ohne pathetisches Gruppenerlebnis umgesetzt werden konnte. Ohnehin war den Organisatoren offenbar ein fataler Fehler im Datum unterlaufen. Der ganze Aufwand zu dieser Uhrzeit hätte nur wirklich Sinn gemacht, wenn die NPD als erste Partei flächendeckend die Laternenmasten mit ihren Plakaten belegt hätte. Laut Berliner Straßengesetz dürfen Wahlplakate genau sieben Wochen vor einer Wahl an den öffentlichen Straßen und Plätzen auftauchen. Diese Frist hatte aber pünktlich eine Woche vorher, um 0.00 Uhr am 31. Juli begonnen, so dass am 6./7. August 2011 die besten Plätze an Berlins Laternenmasten schon von anderen Parteien übernommen waren.

Deutlich wird: Die Berliner Neonaziszene sieht sich in die Ecke gedrängt, ist organisatorisch und personell schwach und wird deshalb aggressiver. Die hohe Anzahl von knapp 100 kleineren und größeren Sachbeschädigungen in den letzten knapp zwei Jahren verdeutlicht dies und der nun vorerst verlorene »parlamentarische Weg« könnte diesen Trend fortsetzen. Eine langfristig aussichtsreiche Strategie Stärke zu erlangen stellt dies nicht dar.