Kronauer Stiftung - Die Förderung rechts-konservativer Historiker
Die »Erich und Erna Kronauer-Stiftung« ist im Dezember 1999 gegründet worden. Sie verleiht einen Historiker-Preis, in der Regel alle zwei Jahre und mit 10.000 Euro dotiert. Zudem vergibt sie Förderstipendien und Fördermittel für wissenschaftliche Arbeiten von Studierenden. Damit will sie »Arbeiten auf dem Gebiet der Neueren Geschichte unterstützen«, die »nicht nur dem häufig bequemeren Mainstream oder der Political Correctness folgen«.
»Und deshalb gilt Ihnen, lieber Herr Kronauer, mein ganz besonderer Dank«. Ernst Nolte kommt zum Ende seiner Rede, wendet sich an den Gründer der »Erich und Erna Kronauer-Stiftung«, deren diesjährigen Historiker-Preis er soeben entgegengenommen hat. Stiftung und Stifter hätten sich der »Macht der ›politischen Korrektheit‹ nicht unterworfen und einem Autor Ihren Preis zuerkannt«, der »heute in der Bundesrepublik Deutschland so isoliert ist wie kaum ein anderer Historiker«, fährt er fort. Man dürfe, schließt Nolte, »in diesem unserem kleinen Kreise das Bewußtsein haben, daß sich entweder ein dogmatischer ›Absolutismus‹ des Geschichtsverständnisses in Deutschland und möglicherweise sogar in Europa durchsetzen wird oder ein freies Denken«. Letzteres beansprucht der bekannte Rechtsaußen selbstverständlich für sich. Das Publikum im Historischen Rathaus der Stadt Schweinfurt ist zufrieden, die Junge Freiheit berichtet über Preisverleihung und Rede, die Zeitschrift Sezession druckt die Rede sogar in voller Länge ab. Die Kronauer-Stiftung, die die Preisverleihung am 16. Juni organisiert hat, beginnt sich in der deutschen Rechten langsam aber sicher einen Namen zu machen.
Dem Stiftungskuratorium gehören, außer Nolte, vor allem lokale Honoratioren an: der Schweinfurter Oberstudiendirektor im Ruhestand Wilhelm Böhm, der Notar Wolfgang Schineis, der sich im Vorstand des Schweinfurter Museums Otto Schäfer engagiert, der Steuerberater Klaus Stapf vom Förderverein des örtlichen Leopoldina-Krankenhauses sowie Hans-Jürgen Ditges, einst Vorstandskollege von Stapf im Krankenhaus-Förderverein, heute Vorstandskollege von Schineis im Museum. Überregional tätig gewesen ist Kuratoriumsmitglied Alfred Bayer: Er amtierte einst als Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium; von 1994 bis 2004 wirkte er als Vorsitzender der Hanns-Seidel-Stiftung (CSU).
Stifter Erich Kronauer darf zweifellos auch zu den örtlichen Honoratioren gezählt werden. 1930 geboren, konnte er – so formulierte es einmal sein Freund Ernst Nolte – »auf eine betontermaßen nationale Erziehung zurückblicken«. Kronauer arbeitete bald beim Schweinfurter Unternehmen Fichtel & Sachs, das im Zweiten Weltkrieg zahllose ZwangsarbeiterInnen beschäftigt und unter Ausbeutung ihrer Arbeitskraft Kupplungen für Wehrmachtspanzer produziert hatte. Rasch stieg er in der Firma – eine der größten in Schweinfurt und auf den Weltmärkten präsent – auf, wurde mit 37 Jahren Vorstandsmitglied und verdiente damit eine Menge Geld. Nach seiner Pensionierung machte er sich dann Gedanken, wie sein gut gefülltes Sparkonto politisch nutzbar zu machen sei. »Seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit dem Gedanken, eventuell eine Stiftung für angehende Historiker zu machen«, schrieb er am 21. Juli 1999 an Ernst Nolte, den er seit mehreren Jahren kannte. Ziel dieser soll es sein, »der Vernichtung des deutschen Geschichtsbewußtseins entgegenzuwirken«. Wenige Monate später war es dann soweit: Im Dezember 1999 nahm die Kronauer-Stiftung ihre Tätigkeit auf. Im Oktober 2000 verlieh sie ihren ersten Preis.
Träger des ersten Preises war Volker Kronenberg. Er erhielt die Auszeichnung für seine 1999 erschienene Dissertation »Ernst Nolte und das totalitäre Zeitalter«. Die Junge Freiheit lobte damals das Werk: Als »Relativierer des Nationalsozialismus« sei Nolte im »Historikerstreit« der 1980er Jahre von den »Schreibern der ›political correctness‹« beschimpft worden; Kronenberg dagegen würdige nun sein Gesamtwerk als »großartige Leistung eines Geschichtsdenkers von internationalem Format«. Kronenberg ist der Stiftung verbunden geblieben; im Jahr 2011 bedankte sich der Stifter ausdrücklich bei ihm für seine Mitarbeit im Stiftungskuratorium an der Seite Noltes und des mittlerweile verstorbenen Bonner Politik-Professors Manfred Funke. Kronenberg ist heute Akademischer Direktor am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn.
Die Kronauer-Stiftung hat ihren Preis auch weiterhin Historikern verliehen, die in der einen oder anderen Form einen Beitrag zum geschichtswissenschaftlichen Rollback geleistet haben. Im Jahr 2001 etwa wurde Bogdan Musial gewürdigt, der bekannt geworden war, weil er mit – weithin unzutreffender – Detailkritik an einigen Fotos den Gegnern der Ausstellung »Vernichtungskrieg. Die Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944« Munition geliefert hatte. 2010 erhielt Jörg Friedrich die Auszeichnung, der in seinem Werk über die alliierten Luftangriffe auf das NS-Reich deren sprachliche Parallelisierung mit der Shoah gefördert hatte. Hans-Christof Kraus, der Preisträger des Jahres 2006, ist als Konservatismus-Fachmann bekannt; zu seinen Schwerpunkten, erläuterte anlässlich der Preisverleihung die Junge Freiheit, zähle »der preußische Altkonservatismus zwischen 1830 und 1870«. In jüngster Zeit ist Kraus, Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Passau, für die Junge Freiheit und ihr Umfeld nicht nur als Autor tätig geworden – er war auch Festredner bei der Einweihung der Bibliothek des Konservatismus in der Berliner Fasanenstraße am 18. November 2011. Dabei ist es der Kronauer-Stiftung bislang gelungen, ihre Anbindung an etablierte Kreise in Wissenschaft und Publizistik zu halten. Bei der Preisverleihung 2006 hielt Horst Möller, Direktor des renommierten Instituts für Zeitgeschichte, die Laudatio, 2008 folgte der prominente konservative Publizist Arnulf Baring und 2010 der FAZ-Feuilleton-Redakteur Lorenz Jäger.
Bei alledem hat die Kronauer-Stiftung ihre Basis weiterhin im Schweinfurter Establishment. Bei der Preisverleihung an Nolte am 16. Juni 2012 konnte Kronauer nicht nur Oberbürgermeister Sebastian Remelé im Historischen Rathaus der Stadt begrüßen, sondern auch seine Amtsvorgängerin Gudrun Grieser. Die CSU-Politikerin, die von 1992 bis 2010 Oberbürgermeisterin war, hat die Stiftung von Anfang an unterstützt. »Bei uns in Deutschland«, sagte sie am 16. Juni in ihrer Tischrede, sei »die Decke sachlich führbarer Auseinandersetzungen im Bereich geschichtlicher wie politischer Themen dünn« – und »die Bereitschaft umso größer, jedem, der den eng und einseitig definierten Konsenskorridor der political correctness verlässt, nicht nur Irrtum zu unterstellen, sondern gleichzeitig inakzeptable, ja verwerfliche Motive«. »Nach über zwei Jahrzehnten im öffentlichen Leben« seien ihr »die Zwänge der political correctness« zur Genüge bekannt. Sie teile deshalb die negative Einschätzung eines Vorredners »über den Zustand der ›Freiheit‹ in unserem Land« und stimme ihm erleichtert zu: »Heute, während seiner Rede, habe ich mich seit langem wieder einmal ›frei‹ gefühlt.«